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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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einen Schafskopf genannt. Weiß nicht mehr, wer das war. Einer von den vieren, ich glaub, der Hölzer. Das hat's vorher nie gegeben. Und wie der Schorla am Freitag drauf zur Tür nei is, da ham sie ‘blökt. Das ham's nur einmal g'macht. Und dann, a paar Tag später, hatte ihm jemand ‘n Schafskopf über die Tür g'nagelt g'habt. Über Nacht. Einen schönen, frischen blutigen, abg'schnitt'nen Schafskopf.
    Des war a Gelächter im Dorf, kann ich Ihnen sagen. Alle ham's mitg'lacht. Aber es war auch gemein.«
    Sie fing wieder eine ihrer Fliegen und zerrieb sie am Unterarm. Warf sie auf den Boden, trat darauf.
    »Er hat nie raus'kriegt, wer des war. Und ich auch net. Überhaupt niemand eigentlich. Aber den Schorla hat das sehr gequält. Der hat das auf die vier g'schoben, wegen dem Blöken, das hat er auch g'sagt. Und ist dann auch riet mehr ‘kommen.«
    Die Alte dachte nach. Sie ist noch nicht fertig, spürte Behütuns. Da kommt noch etwas nach. Und dann erzählte sie weiter.
    »Und dann irgendwann … einen oder zwei Monate später, da hat er sich aufg'hängt g'habt.«
    Die alte Wirtin seufzte.
    »Ja, das war schlimm. Niemand im Dorf hat das g'wollt. Aber alle ham irgendwie g'wusst, was da g'wesn war. Aber niemand wollte ja dem Schorla sei Freund sein. Deswegn war der auch so, und deswegen ist der auch so g'worn.«
    Wieder machte die Wirtin eine Pause.
    Dachte nach.
    »Das ist schon komisch im Leben. Irgendwie kommst du da riet raus. Du bist so, wie du bist, und du bist so, weil die andern so sind. Da kannst du nichts dran ändern.«
    Sie nahm ihre Hände vom Tisch und legte sie in den Schoß.
    »Ganz schlimm aber war's fürs Hanseria, dem Schorla sein Bu. Der war damals fünf oder sechs. Die Mutter war ja scho tot, ‘n Autounfall, hier drunten auf der B 4.«
    Mit dem Kopf deutete sie Richtung Erlangen.
    »‘s Hanseria kam dann fort. In ein Heim. Ich weiß net, was aus dem g'worn is. Ich hab nie wieder was von ihm g'hört.«
    Jetzt war Behütuns elektrisiert. War das das, was er suchte? Der Ansatz für eine Spur?
    »Danke!«, sagte er. Hans Natzel! Den musste er suchen!
    »Und in welches Heim ist er gekommen? Wissen Sie das?«
    »Neuendettelsau, das ham sie damals gesagt. Da kamen solche doch hin, die kein' Vater und keine Mutter mehr hattn. Da wurde für die g'sorgt.«
    »Danke, das war sehr wichtig für mich!«
    Behütuns drängte es hinaus! Jetzt hatte er eine Spur. Noch passte zwar nichts richtig zusammen, das spürte er körperlich, aber etwas schien endlich erkennbar. Überhaupt irgendetwas. Da musste er hinterher.
    Diesmal bestand er aufs Zahlen. Dann ging er hinaus.
    Eineinhalb Stunden später war er in Neuendettelsau. Obwohl er außer Dienst war, trat er als Polizist auf.
    Kriminalkommissar Friedo Behütuns aus Nürnberg. Zeigte seinen Ausweis und erbat Einblick in die Akten. Wenn möglich, gleich. Schließlich ging es um Mord.
    Man machte ihm keine Schwierigkeiten, im Gegenteil. Man unterstützte ihn, so gut man konnte. Und man konnte das gut! Hans Natzel hatte 13 Jahre hier verbracht. Keiner kannte ihn mehr, das lag schon zu lange zurück. Aber er war ein sehr guter Schüler gewesen, das zeigte die Aktenlage. Hatte ein Einser-Abitur gemacht und dann Medizin studiert. Mit einem Stipendium von der Kirche – per Telefon war man schon in den Akten von München. Dann ging Hans Natzel nach Amerika, eine Stelle in Massachusetts. Cambridge Hospital. Der Mann machte wohl Karriere. Damit verlor sich seine Spur.
    Aus, Ende, Sackkasse! Jetzt hatte er keine Handhabe mehr. Um hier nachzuforschen, brauchte er den ganz offiziellen Dienstweg. Das ging nicht so burschikos, wie er hier aufgetreten war – das ging gar nicht. Denn der Fall war nicht mehr seiner. »Kommissar« Behütuns bedankte sich für die außerordentlich große – und das meinte er auch so – Hilfsbereitschaft und fuhr wieder auf die Autobahn. Diese, in Nürnberg nannte man sie bloß die »Heilbronner Autobahn«, war eine der übelsten, die er kannte. LKW an LKW verstopfte hier die rechte Spur. Einen Moment lang war er versucht, sich sein Dienstblaulicht aufs Dach zu heften, um sich die Spur freizublasen. So weit aber wollte Behütuns doch nicht gehen. Bei allem Jagdtrieb: Er durfte nicht vergessen, dass er hier privat unterwegs war. Schon der Auftritt in Neuendettelsau könnte ihm eine Dienstaufsichtsbeschwerde einbringen, hängte sich da jemand hin. Also reihte er sich ein in die Schlange auf der linken Spur in Richtung Nürnberg.
    »Behütuns

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