Schafkopf
Küchenstuhl. Eine müde Traurigkeit überkam ihn. »Es tut mir unendlich leid. Aber ich werde auch nicht auf dich warten. Das würde mir irgendwie geschmacklos vorkommen.«
»Natürlich. Das verstehe ich.« Sie schluckte hörbar am anderen Ende der Leitung. Ihre Stimme klang belegt. Wallner hatte den Eindruck, dass sie weinte. »Es tut mir auch leid. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr. Mach’s gut, Clemens.«
Wallner wünschte auch ihr alles Gute und legte auf. Er saß lange am Küchentisch, bewegte sich nicht, starrte die Wand an und spürte die Tischplatte unter seiner Hand. Er fühlte sich einsam und schwermütig.
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50 . Kapitel
D ie SoKo-Besprechung war an diesem Morgen in aufgekratzter Atmosphäre verlaufen. Nicht wenige waren der Ansicht, der Fall sei gelöst. Mikes Theorie, dass Peter Zimbeck alle drei Morde begangen hatte, war eingängig. Aber noch hatte Zimbeck nichts zugegeben. Stattdessen gab es eine Fülle neuer Erkenntnisse, die allerdings eher irritierten, als dass sie irgendeine These untermauerten.
Im Keller der Gastwirtschaft waren über einhundertsiebzigtausend Euro in bar gefunden worden. Nach Angaben von Susi Lintinger hatte Zimbeck das Geld vor zwei Jahren auf dem Schrottplatz ihres Vaters versteckt. In ebenjenem Gully, in dem man auch die Pistole gefunden hatte. Sie habe aber erst vor kurzem von der Existenz des Geldes erfahren. Weder Zimbeck noch ihr Vater noch ihr Bruder hatten ihr jemals etwas darüber erzählt. Als sie jetzt nachfragte, hatte man ihr von allen Seiten versichert, es sei besser, wenn sie möglichst wenig darüber wüsste. Zimbeck verweigerte jede Aussage über das Geld. Die Lintingers wiederum gaben zu Protokoll, Zimbeck habe das Geld vor seinem Haftantritt zu ihnen gebracht und sie gezwungen, es zu verstecken. Wo er es herhatte, habe er nicht gesagt. Sie, die Lintingers, hätten das Geld für Zimbeck getreulich aufbewahrt und nichts davon genommen. Zum einen, weil sie ahnten, dass es schmutziges Geld war, zum anderen, weil sie Zimbecks Zorn fürchteten.
Die Sache warf Fragen auf. In jener Nacht vom 15 . Juni 2007 hatten sich in Bayern keine Straftaten ereignet, bei denen Geld in dieser Größenordnung erbeutet worden war. Dass Zimbeck das Geld Falcking geraubt hatte, war so gut wie ausgeschlossen. Woher hätte der Anwalt das Geld haben sollen? Und warum hätte Falcking den Raub der Polizei verschweigen sollen? So groß konnte die Angst vor Zimbeck nicht gewesen sein, dass sich der Anwalt deswegen ruiniert hätte.
Das Öl, das man in dem Rucksack in Falckings Apartment gefunden hatte, war osteuropäischer Herkunft, vermutlich von einem Gewehr. Denn die Kollegen in München hatten inzwischen einen verdächtigen Waffenschieber aufgetrieben und entsprechend unter Druck gesetzt, so dass er schließlich den Verkauf eines illegalen Präzisionsgewehrs der Marke Dragunow bestätigte. Man hatte dem Mann mehrere Fotos potenzieller Käufer vorgelegt. Zu aller Erstaunen hatte der Händler Jonas Falcking als Käufer identifiziert.
Um die Verwirrung komplett zu machen, hatte man bei der KTU herausgefunden, dass die Gewehrkugel, die Wallner am Riederstein gefunden hatte, tätsächlich Spuren von menschlichem Blut und Gewebe aufwies, die wiederum Stanislaus Kummeder zugeordnet werden konnten. Mit anderen Worten, diese Kugel musste Kummeder auf dem Riederstein getroffen, wenn nicht getötet haben. Die ballistische Untersuchung hatte andererseits ergeben, dass die Kugel nicht aus der Waffe abgefeuert worden war, mit der man Falcking erschossen hatte. Das sprach dagegen, dass Zimbeck alle drei Morde begangen hatte. Außerdem blieb die Frage, wer die Kugel in die Rückwand des Kirchleins geschossen hatte. Die Kugel war definitiv aus einer anderen Waffe abgefeuert worden. Hatte es zwei Schützen gegeben, die es auf Kummeder abgesehen hatten? Das war derart unwahrscheinlich, dass niemand so recht daran glauben mochte.
Wallner hatte dieses Mal nur Lutz zu sich ins Büro gebeten. Zum einen wollte er seine Meinung als Spurensicherer hören, zum anderen hatte er Fragen zu Susi Lintinger.
»Die Schützen hätten beide gleichzeitig den Kopf treffen müssen. Weil woanders am Körper gab’s keine Schusswunden. Es könnt höchstens sein, dass der Kummeder vom ersten Schuss nur leicht am Kopf getroffen worden ist, und dann hat der zweite Schütze den tödlichen Schuss abgegeben.«
»Zuckt man bei einem Streifschuss nicht normalerweise weg?«
»Ich denk schon. Es kann
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