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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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nicht reichen würde. Plastik und Glas splitterten, als Lutz auf den Wagen auffuhr, der vor ihm auf der Straße stand und darauf wartete, dass eine Kuh, die einen Weg aus ihrem Weidegefängnis gefunden hatte, die Straße freigab. Der Fahrer des silbernen Porsche schoss aus seinem Wagen und sah Lutz hasserfüllt an. Lutz ließ die Scheibe herunter und entschuldigte sich halbherzig. Der Mann fluchte und wollte die Polizei anrufen. Lutz gab dem Mann zu verstehen, dass die Polizei gerade Wichtigeres zu tun hatte, als sich um seinen silbernen Porsche zu kümmern. Er solle Fotos machen und dann nach Hause fahren. Der Mann lachte schrill auf, verlieh seiner Fassungslosigkeit auch verbal Ausdruck und wählte die Eins Eins Null auf seinem Handy. Lutz sagte, er sei selbst von der Polizei, überreichte dem Mann seine Polizeivisitenkarte und erklärte, er müsse jetzt dringend weiter. Der Porschebesitzer lachte noch schriller auf. Als er sah, dass Lutz seinen Wagen zurücksetzte, um an ihm vorbeizufahren, stellte er sich mit ausgebreiteten Armen mitten auf die Straße und schrie hysterisch auf Lutz ein, dass der nur über seine, des Porschefahrers, Leiche hier wegfahren werde. Lutz schrie »in Ordnung« aus dem heruntergelassenen Seitenfenster und gab Gas. Der Porschefahrer änderte seine Meinung und sprang zur Seite. Lutz streifte mit der Stoßstange noch die Wade des springenden Porschefahrers, der hinter seinem beschädigten Fahrzeug auf der Straße zu liegen kam. Nur mit Mühe konnte er aus dem Weg robben, als ein BMW aus dem Nebel auftauchte und das Porscheheck ein zweites Mal zerknautschte.
     
    Susi schoss aus den Tiefen der Wanne empor. Wasser ergoss sich auf den Badezimmerboden. Sie blickte sich um. Die Tür war zu. Niemand war zu sehen. Aber es war dunkler im Badezimmer als vorher. Susi konnte sich das nicht erklären. Mit einem Mal wurde es wieder heller. Susi sah zur Deckenlampe. Hinter dem Milchglasschirm brannten zwei Glühbirnen. Eine davon war am Ende ihrer Zeit und flackerte, ging jetzt wieder aus, um eine Sekunde später erneut zu leuchten. Susi atmete durch und lauschte in die Stille. Nichts. Nicht einmal das Rauschen der Mangfall war zu hören.
    Jetzt hörte sie doch etwas. Ganz leise. Es klang wie Musik. Musik, die von weit her kam. Susi hielt den Atem an. Jetzt hörte sie es ganz deutlich: Es war der Türkische Marsch von Mozart, der in einem aberwitzigen Tempo immer und immer wieder gespielt wurde. Susi wusste nicht, dass der Klingelton von Mozart war. Aber sie hatte die Melodie immer gemocht. Sie kam von unten aus der Garderobe der Wirtsstube. Dort hing Susis Jacke mit dem Handy drin. Der Anrufer war womöglich Lutz. Er machte sich bestimmt Sorgen, wenn sie nicht dranging. Susi stieg aus der Wanne und begann, sich abzutrocknen. Der Klingelton verstummte.
     
    Zimbeck hatte die kleine Straße über Ratzenlehen und Oberhöger genommen. Die Zaunpfähle am Wegesrand rauschten vorbei, viel zu schnell. Man konnte kaum drei Pfähle weit sehen. Zimbeck war’s egal. Wer immer seiner Kühlerhaube zu nahe kam, hatte eben Pech. Dumm wäre allenfalls ein Traktor.
    Es war anstrengend, im Nebel zu fahren. Auch wenn’s einem egal war. Plötzlich rechts am Straßenrand zwei Radfahrer. Ein alter Mann und eine junge Frau. Sind auf einmal da, starren Zimbeck mit Panik und Empörung an, der Alte kippt in seinem Schreck um und fällt die steile Wiese hinunter. Mitsamt dem Rad. Nur noch das Mädchen da. Dann ist auch sie weg. Verschwunden. Nicht mal mehr im Rückspiegel zu sehen. Zimbeck hatte das Steuer ein wenig zur Seite gerissen, nicht viel. Gerade so viel, wie in der kurzen Zeit möglich war. Er hielt an und drehte das Fenster nach unten. Die feuchtkalte Luft füllte das Wageninnere, benetzte Zimbeck das Gesicht. Die Fahrt strengte ihn an. Kurze Pause, dann weiter. Es wurde gefährlicher, je näher er dem Wirtshaus kam. War die Polizei noch da? Oder schon wieder? Sie konnten sich denken, dass er hinfuhr, um Susi zu holen oder sich an ihr zu rächen. Selbst wenn sie vermuteten, dass er nicht so unklug wäre, das zu tun, würden sie zur Sicherheit jemanden hinschicken. Zimbeck ließ das Fenster offen. Die frische Luft gab ihm Kraft. Jetzt musste er sich konzentrieren.
    Fünfhundert Meter Luftlinie vom Wirtshaus entfernt stellte er den Wagen in einen Feldweg. Es gab keine direkte Straßenverbindung von hier zum Wirtshaus. Den Rest des Weges musste er zu Fuß über die Wiesen gehen. Er kannte hier jeden Stein und jeden

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