Schafkopf
verurteilt worden.«
»Interessante Frage, ob das die gleiche Tat im strafrechtlichen Sinn war. Eigentlich ist er nur wegen unbefugten Gebrauchs der Karte verurteilt worden, nicht wegen dem Raub. Aber das sollen die Juristen entscheiden.«
»Nehmen wir mal an«, sagte Mike, »der Kummeder hat vor seinem Tod tatsächlich rausgekriegt, wer die Hoogmüllerin auf dem Gewissen hat, nämlich Falcking. Dann hat Falcking ein Motiv, den Kummeder zu erschießen. Entweder, um einen Zeugen aus dem Weg zu räumen oder um Kummeders Rache zu entgehen.«
»Würde auch dazu passen, dass Falcking ein Gewehr gekauft hat. Aber der Kummeder hatte nicht rausbekommen, dass es Falcking war. Der hat zum Kreuthner lediglich gesagt, der Falcking
weiß
was. Und Harry Lintinger hat dem Kummeder auch nicht gesagt, dass es Falcking war. Das hätte uns Zimbeck erzählt.«
Mike musste Wallner recht geben. Das passte nicht zusammen. »Was ist mit diesen Frauen, die Falcking angeblich kostenlos beraten hat? Du sagst doch, da war irgendwas illegal.«
»Und?«
»Vielleicht bringt uns das irgendwie weiter.« Mike dachte kurz nach. »Gut, die Frauen wollen nicht drüber reden. Andere Möglichkeiten, hinter das Geheimnis zu kommen, gibt’s wohl nicht.«
Wallner kam eine Idee. »Jetzt, wo du’s sagst. Vielleicht gibt’s doch eine Möglichkeit: Anwälte machen sich doch für gewöhnlich über alles Aufzeichnungen.«
»Nicht wenn’s was Verbotenes ist.«
»Manchmal gerade dann. Wenn’s nämlich auffliegt, bist du immer besser dran, wenn du ein Protokoll gemacht hast. Mit Datum und Uhrzeit. Und was geredet wurde, das ist ja dann deine Version. Und du kannst hinterher immer noch entscheiden, ob und was du aus deinen Aufzeichnungen verwendest.«
»Aber es gibt keine Aufzeichnungen«, sagte Mike. »Wir haben bei Falcking jedes Blatt Papier umgedreht.«
»Solche Sachen bewahrst du nicht in deinem Büro auf, sondern da, wo die Polizei keinen Durchsuchungsbeschluss bekommt.«
»Bei seiner Frau?«
»Schätze schon. Die wohnt bei ihren Eltern. Das wird nicht so einfach mit einem Beschluss.«
»Die hat uns aber schon die Unterlagen übergeben, die ihr Mann bei ihr liegen hatte.«
»Ja. Alles, wo Falcking draufstand. Aber wenn ich was verstecken will, schreib ich wahrscheinlich nicht meinen Namen drauf.«
Mike dachte über die Logik dieser Worte nach, während Wallner zum Telefonhörer griff. Gerade als Wallner wählen wollte, kam ein anderes Gespräch herein. Wallner nahm es an.
»Ja?« Wallner fiel das Gesicht zusammen. »Das glaub ich jetzt nicht … Fahndung ist draußen? … Okay, ihr haltet mich auf dem Laufenden.« Er legte auf und starrte Mike an.
»Was schaust denn so?«, fragte Mike.
Wallner rang um Fassung. »Der Zimbeck ist geflohen.«
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54 . Kapitel
Z imbeck lief durch die engen Gassen der Miesbacher Innenstadt. Wo er hinwollte, wusste er nicht. Aber ins Gefängnis wollte er nicht, das wusste er. Er musste weg. Raus aus Bayern, aus Deutschland. Aber nicht alleine. Susi würde mit ihm gehen. Er würde ihr die Welt zeigen. Immer auf der Flucht. Egal. Er war es gewohnt zu kämpfen. Es würde schon gehen. Im Augenblick war allerdings die gesamte Polizei des Landkreises hinter ihm her. Und in der restlichen Republik wurde vermutlich auch schon nach ihm gefahndet. Doch seine Verfolger hatten schlechte Karten. Der Nebel machte ihn unsichtbar. Sie hatten keine Ahnung, wo er hingehen würde. Seine Schläfen pochten, als er sich außer Atem an eine Hausmauer lehnte. Er war schnell gerannt in den letzten Minuten.
Nachdem sie ihn zu den hundertsiebzigtausend Euro befragt hatten, die man im Keller seiner Gastwirtschaft gefunden hatte, war er in ein anderes Zimmer geführt worden. Dort hatte er warten müssen, bewacht von dem jungen Holl und einem weiteren Polizisten. Sie hatten Zimbeck die Hände mit Einmalhandschellen aus Kunststoff auf den Rücken gefesselt und ihn auf einen Stuhl gesetzt, der vor einem Heizkörper stand. Die äußere Rippe des Heizkörpers war an einer Stelle rostig und rauh. Kaum einer hätte damit das Plastikband der Handschelle durchtrennen können. Zimbeck schon. Drei Mal musste er an der rostigen Rippe rauf- und runterschaben, dann riss das Plastik unter der enormen Spannung, die Zimbecks Arme erzeugten. Holl und der andere Polizist waren herbeigeeilt, ahnten, was Zimbeck da machte. Zu spät freilich. Holl landete erneut im Schwitzkasten. Zimbeck ging besonnen vor. Der zweite Polizist musste zuerst seine eigene
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