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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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Da fällt ein Schuss gar nicht auf.«
    »Ich hab in meinem Leben noch nie mit einem Gewehr geschossen. Das ist absurd.«
    »Jetzt machst an Spaß, oder? Waren mir zweitausendeins net Schützenkönig in Wasserburg?« Der andere glitt mehr und mehr ins Bayerische ab. Falcking schwieg. Er war ein guter Schütze auf dreihundert Meter. Sie wussten wirklich alles über ihn.
    »Es ist uns wurscht, wer’s macht. Aber nächsten Sonntag ist der Zimbeck tot. Sonst stirbt jemand anderer.«
    Falcking dachte fieberhaft nach. Warum wollte jemand Zimbeck aus dem Weg räumen? Es ging mit Sicherheit nicht darum, dass der seine Freundin verprügelte. Deswegen machte niemand anderer so einen Aufstand. Es ging vermutlich um Geld. Und nachdem jemand sterben sollte, wahrscheinlich um viel Geld. Seine Zweihunderttausend! Jemand wusste, wo Zimbeck die aufbewahrte – oder was davon übrig war. Und er wollte sie sich unter den Nagel reißen.
    »Ich soll Ihnen also helfen, an Zimbecks Geld zu kommen«, sagte Falcking. Einen Versuch war es wert. Tatsächlich blieb es für ein paar Sekunden am anderen Ende der Leitung still.
    »Von was für Geld reden Sie«, sagte der andere schließlich.
    »Das ist jetzt jämmerlich. Haben Sie sich das auch notiert an dieser Stelle? ›Ich weiß gar nicht, von was für Geld Sie reden?‹ Ich rede von fast zweihunderttausend Euro, die Zimbeck irgendwo versteckt hat.« Er sah kurz um die Hausecke, um sich zu vergewissern, dass sein Schwiegervater noch am Tisch saß. Er saß noch. Aus dem Haus hörte man eine Dusche. Auch Anette konnte ihn nicht hören.
    »Geht Sie das Geld was an?«, fragte der andere.
    »Ja. Es ist mein Geld.« In Falckings Kopf formte sich der Gedanke, dass er dumm wäre, würde er Zimbeck, einen skrupellosen und brutalen Verbrecher, ungeschoren mit dem Geld davonkommen lassen. Zimbeck hatte ihn ruiniert und sein Leben zerstört. Dafür sollte er bezahlen. Vor allem, wenn dadurch ein Teil des Geldes wieder zurückkam.
    »Sie wollen Zimbeck loswerden? Gut. Sollen Sie haben. Ich bekomme dafür mein Geld zurück – abzüglich der bereits bezahlten zehntausend.«
    »Da ist fast nix mehr da von dem Geld. Was glauben Sie denn?« Der andere war jetzt in der Defensive.
    »Da ist noch genug da. Zimbeck hat das ja gar nicht ausgeben können. Der war im Knast.«
    »Zwanzigtausend sind noch da.«
    »Hundertfünfzig will ich haben. Da haben Sie sechsundvierzigtausend verdient.«
    »Hundertfünfzig!« Der andere lachte hysterisch. Nach einigem Feilschen einigte man sich auf sechzigtausend, und Falcking dürfte die Anzahlung behalten.

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62 . Kapitel
    S ie lag auf dem Sofa, eingehüllt in eine Decke, und trank Tee. Lutz betrachtete die junge Frau mit dem eingegipsten Arm. Sie hatte ihre blonden Haare zusammengebunden. Eine Strähne hing ihr ins Gesicht, mitten hinein in den Haufen Sommersprossen, der sich ungeordnet unter den Augen und auf der Nase verteilte. Lutz sah, wie Susis Nasenflügel unter den Sommersprossen arbeiteten. In seinem Blick lag Liebe und Sorge und Angst.
    Das Zimmer war mit Landhausmöbeln aus dem Möbelhaus eingerichtet. Die Fußbodenheizung, die Lutz zusammen mit einem Fachmann eigenhändig eingebaut hatte, verbreitete eine wohlige Wärme im Raum. Susi Lintinger nahm einen Schluck aus der großen Tasse, die sie mit beiden Händen umfasste. Ihre Augen blickten über den Tassenrand hinweg ins Nichts. Sie hatten nicht mehr die kindliche Ausgelassenheit, die Lutz so an ihnen mochte. Seit Zimbeck wieder da war, hatte es keinen glücklichen Moment in Susis Leben gegeben.
    »Sie werden ihn kriegen. Er hat keine Chance. Und dann verschwindet er für mindestens zwanzig Jahre.« Lutz setzte sich neben Susi auf die Couch und nahm ihre Hand. Er drückte die Handfläche gegen seine Wange. Die Hand, die eben noch die Teetasse umklammert hatte, war heiß. Susi strich ihm übers Haar und versuchte zu lächeln. Es war deutlich, dass sie nur lächelte, um Lutz ein bisschen glücklich zu machen. Ihr Lächeln war ein Geschenk. Es kam von Herzen, aber es kostete Kraft.
    »Es ist vorbei. Wir werden zusammen sein«, flüsterte Lutz.
    Susis Lächeln verging, und der Schmerz legte sich über ihr Gesicht. Tränen rannen an Nasenflügeln und Mundwinkeln herab zum Kinn, verharrten dort einen Moment, bis sie auf die Decke tropften. Susi schüttelte langsam den Kopf. »Es is net vorbei. Es fängt erst an.« Sie sah Lutz aus verheulten Augen an.
    »Geh, Spatz – das mit uns beiden, das fängt jetzt

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