Schafkopf
an.«
»Nein. Tut’s nicht. Ich muss …«, sie schniefte und zog den Rotz hoch. Lutz gab ihr ein Papiertaschentuch. »Ich muss ins Gefängnis.«
Lutz stand der Mund offen. Mehrere Sekunden vergingen, bis er die Sprache wiedergefunden hatte. »Wieso du denn?«
»Weil … ich hab den Kummeder aufm Gewissen.«
Lutz war jetzt vollends sprachlos. Er bewegte die Hände vor seinem Körper, Gesten, die Fragen hätten begleiten sollen. Aber die Fragen wollten nicht heraus.
»Ich hab einen Killer bezahlt.« Susi wollte ihr verheultes Gesicht in den Händen vergraben. Aber das ging nicht recht, weil der Gips sie dabei behinderte.
»Du hast einen Killer angeheuert, damit er den Kummeder erschießt?«
Susi schwieg.
»Aber wieso den Kummeder?«
»Der hätt doch den Peter …«, sie stockte. »Aber er hat ’n verwechselt. Weil die haben das Gleiche angehabt, verstehst? Das hab ich net g’wusst. Die haben sich T-Shirts und Kappen machen lassen. Der Peter und der Stani.«
»Wer weiß noch davon?«
»Mein Vater und mein Bruder.«
»Dann wird’s auch keiner erfahren. Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass du damit zu tun hast.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich muss zur Polizei. Ich kann so net weiterleben.«
»Du wirst nicht zur Polizei gehen, hörst du? Das macht den Kummeder auch nimmer lebendig. Abgesehen davon: Der Kerl hat deine beste Freundin in den Tod getrieben. Da würd ich mir net eine Sekunde an Kopf machen. Das lass ich net zu, dass du wegen dem ins Gefängnis gehst.«
Susi verzog das Gesicht, ihre Augen verengten sich und drückten weitere Tränen hervor. Kinn und Unterlippe zuckten. Sie sah verzweifelt aus dem Fenster, doch auch von dort kam keine Lösung. Da draußen war alles grau.
»Wen hast du als … ich mein, wer hat geschossen?«
Susi schluckte, zögerte und schniefte. In diesem Augenblick hörte man das Geräusch eines Wagens von draußen. Lutz stand auf. »Das ist wahrscheinlich der Kreuthner. Der hat vielleicht lang gebraucht.«
»Oder es ist der Peter«, hauchte Susi, und ihre Augen weiteten sich vor Furcht.
Lutz ging ans Fenster und sah in den Nebel hinaus. Dort stand weiß umwabert ein Wagen in der Einfahrt. Er war silbern und grün mit Polizeilogo. »Ist der Kreuthner«, sagte Lutz.
»Und kommt er zum Haus, oder was macht er?«
»Keine Ahnung. Niemand zu sehen. Ich schau mal raus. Wahrscheinlich macht er wieder irgendeinen Schmarrn.«
Als Lutz die Haustür öffnete, wehte ein feuchtkalter Hauch um seine Beine. Es war unangenehm da draußen. Es war immer noch niemand zu entdecken. Lutz blickte zur Seite. Man konnte bis zur Hausecke sehen, den dahinterliegenden Teil des Gartens nur noch erahnen. Nichts rührte sich. Es war so still, dass Lutz das Blut in seinen Ohren hörte. Er trat nach draußen. »He, Kreuthner? Wo steckst denn?!«, rief er in den Nebel hinein.
[home]
63 . Kapitel
L utz lauschte in die Stille. Kreuthner antwortete nicht.
»He, Kreuthner! Was soll der Schmarrn?« Auch diesmal verhallte der Ruf im Nichts. Von irgendwo hinter der Hausecke hörte Lutz ein Geräusch. Es klang, als wäre jemand auf die Kieselsteine getreten, die unter der Regenrinne auf dem Boden ausgebracht waren. Lutz sah sich um, konnte aber nichts sehen und ging zum Streifenwagen. Er wusste, welchen Wagen Kreuthner fuhr. Es war genau der, der vor ihm stand. Nur von Kreuthner war nichts zu sehen. Lutz ahnte, dass hier etwas nicht stimmte.
Etwas bewegte sich am Haus. Lutz sah es nur im Augenwinkel. Als er sich umgedreht hatte, war alles wie vorher. Nur die Tür stand offen. Hatte er sie offen gelassen? Lutz konnte sich nicht erinnern. Ihm fiel seine Dienstwaffe ein, die er zur Sicherheit nach Hause mitgenommen hatte und die auf dem Wohnzimmertisch lag. Der Gedanke, dass sie dort unbewacht lag, machte ihm mit einem Mal Angst. Im Haus klingelte das Telefon.
Susi sah zu dem klingelnden Telefon. Sie war unschlüssig, ob sie drangehen sollte. Es war nicht ihr Haus. Von draußen hörte sie die Stimme von Lutz, der Susi bat, den Anruf entgegenzunehmen. Es könnten die Polizeikollegen sein. Susi stellte den Tee zur Seite, schälte sich aus der Decke und ging zu dem Tischchen, auf dem das Telefon stand. Als sie nach dem Hörer griff, legte sich eine Hand um ihren Unterarm. Susi erstarrte und wagte nicht, sich umzudrehen.
»Lass es klingeln«, sagte Zimbeck und drehte Susi zu sich, damit er ihr ins Gesicht sehen konnte. Von draußen rief Lutz, Susi solle doch bitte abheben, bevor sich die Box
Weitere Kostenlose Bücher