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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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warm, föhnig. Nur ab und zu kam ein eisig feuchter Hauch aus dem nahe gelegenen Mangfalltal heraufgeweht.
     
    Die Begegnung mit dem Freund des Mädchens lag fünf Minuten zurück. Die Erinnerung daran ließ Falckings Hände feucht werden. Sie hatten sich gegenübergesessen in ihren Autos. Der andere in seinem Saab, der Arm mit dem Batman-Tattoo und der Zigarette in der Hand hing aus dem Fenster, nicht lässig, sondern nervös. Er hatte dunkle Ringe um die Augen. Die Augen sahen Falcking an, prüften jedes seiner Worte, wanderten an ihm vorbei ins Innere des Porsche. Was sie dort sahen, wusste Falcking nicht. Er hatte nicht den Mut, sich zur Seite zu drehen und selbst nachzusehen. Wenn der andere etwas entdeckte, würde er Gewalt anwenden. Falcking hätte dem nichts entgegenzusetzen. Er war nicht der Typ, der prügelte. Der andere schon.
    »Da oben«, Falcking wies in die Richtung, aus der er gekommen war, »wenn Sie aus dem Mangfalltal hinausfahren, da hab ich eine Frau gesehen. Sie hat irgendwas Weißes im Gesicht gehabt. Kann ein Verband gewesen sein.« Falckings Stimme war fest. Lügen konnte er. Das war er gewohnt wie der andere das Prügeln. Der andere nickte langsam, seine Augen sahen durch Falcking hindurch. Das Weiße um die Iris war blutunterlaufen, wie man jetzt erkennen konnte, da sich ein anderer Wagen näherte und sein Fernlicht auf den Saab warf. O Gott, der hat auch noch Drogen genommen, dachte Falcking. Ein paar Sekunden später war der dritte Wagen abgebogen und hatte sein Licht mitgenommen.
    »Wo ist sie hingelaufen?«, wollte er wissen.
    »Keine Ahnung. In Richtung von einem der Bauernhöfe. Ich kenn mich da oben nicht aus.« Der andere hatte noch einmal herübergestarrt, dass Falcking die Gedärme zu Eis wurden. Dann hatte er Gas gegeben und war weitergefahren. Falcking traute sich immer noch nicht, den Blick nach rechts zu wenden. Er merkte, dass seine Hände zitterten.
    »Ist er weg?«, sagte eine gedämpfte Stimme. Im Fußraum der Beifahrerseite glänzte die Lederjacke der jungen Frau. Sie hatte sich dort zusammengekauert.
    »Ja. Sie können wieder raufkommen.« Die junge Frau entstieg mit Mühe ihrem Versteck. Blut rann ihr aus der Nase über die Lederjacke auf die Jeans. Falcking reichte ihr das weiße Baumwolltaschentuch mit den Initialen »J. F.«, das ihm seine Großmutter zur Hochzeit geschenkt hatte. Innerhalb von Sekunden war es tiefrot gefärbt. Falcking sah das Mädchen regungslos an.
    »Fahren Sie einfach weiter«, sagte sie. Er nickte, atmete tief in den Bauch und legte seine zitternden Hände aufs Lenkrad.
     
    Das Licht hinter der Butzenscheibe veränderte sich. Eine Tür im Inneren des Hauses wurde geöffnet, im Flur ging Licht an, jemand näherte sich der Butzenscheibe und machte schließlich die Eingangstür auf. Es war ein Mann in Falckings Alter, blond, Brille, leicht schütteres Haar. Er trug ein T-Shirt mit Aufdruck von Abercrombie & Fitch, Jeans und Chirurgenhandschuhe.
    »Hallo, kommen Sie rein«, sagte Dr.Junkinger, als sei er in Eile. Falckings Anblick irritierte Junkinger.
    »Er hat mich hergefahren«, erklärte die junge Frau.
    Junkinger führte die beiden durch den Flur in ein nüchtern eingerichtetes Behandlungszimmer. Als sie das Zimmer betraten, hörte man, wie draußen ein Wagen gestartet wurde. Offenbar hatte Junkinger den Tölzer Besuch zu einer anderen Tür hinausgelassen, bevor er Falcking und dem Mädchen die Vordertür öffnete.
    »Wollen Sie sich das unbedingt ansehen?« Junkinger war bereits dabei, den Nasenverband zu lösen.
    »Nein, nein. Ich warte draußen«, sagte Falcking und verließ das Behandlungszimmer. Nach fünfzehn Minuten kam das Mädchen mit einem frischen Nasenverband zurück und verabschiedete sich bei Dr.Junkinger.
     
    »Wo soll ich Sie hinfahren?« Falcking öffnete mit der Fernbedienung den Wagen und hielt der jungen Frau die Tür auf.
    Sie klopfte die Taschen ihrer Lederjacke ab. Ein Motorradschlüssel kam zum Vorschein. »Fahren Sie mich zu meinem Motorrad. Sind nur fünf Minuten.«
    »Ist das im Mangfalltal unten?«
    Das Mädchen nickte. Falcking blickte zum Haus des Arztes zurück. In einem der Zimmer brannte immer noch Licht. »Ist das eine gute Idee? Ich meine, Ihr Freund fährt da durch die Gegend.«
    »Der sucht nicht mehr im Tal. Der sucht oben bei den Bauernhöfen. Wir schauen einfach an der Stelle vorbei. Wenn er sich da rumtreibt, fahren wir weiter.«
    Falcking stieg in den Wagen. Sein Gefühl sagte ihm, dass er nicht

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