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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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entschuldigte sich und sagte, er stehe in einem Stau, dessen Ursache und Länge er nicht erkennen könne.
    Um zwanzig nach vier traf Falcking im Restaurant ein. Er hatte einen dunklen Anzug an, trug Krawatte und einen kleinen Aktenkoffer in der Hand. Keinen klobigen Anwaltskoffer, in dem der Jurist Robe und Gesetzbücher verstaute. Nein, ein Attachéköfferchen. So etwas hatten nur Anwälte, die nicht zu Gericht mussten und allenfalls Vertragsentwürfe mit sich führten. Man hätte Falcking für einen Wallstreet-Banker halten können. Offenbar gefiel ihm dieses Image. Etliche Falten und Flecken verrieten allerdings, dass der Wallstreet-Anzug seit längerem nicht mehr zur Reinigung gebracht worden war. Falcking schien irritiert, als er an den Tisch trat. »Ich hatte eigentlich gedacht, wir reden unter vier Augen«, sagte er, nachdem er sich vorgestellt hatte.
    »Mein Kollege wird unser Gespräch genauso vertraulich behandeln wie ich«, versicherte Wallner.
    »Ich bin mir nicht im Klaren, inwieweit Sie bestimmte Dinge überhaupt vertraulich behandeln dürfen. Oder anders gesagt, wenn wir zu zweit sind, ist meine Beweislage günstiger.«
    »Sie meinen, dann steht Aussage gegen Aussage.«
    Falcking sagte nichts dazu.
    »Mike – macht’s dir was aus, die Dame hinter dem Tresen aufzuheitern?«
    Mike stand auf und legte Falcking eine Hand auf die Schulter. »Dieses Misstrauen hab ich nicht verdient.«
    Falcking machte eine Geste des Bedauerns.
    »Und ich vergess so was nicht«, schickte Mike finster nach, bevor er seinem Gesicht wieder ein Lächeln überstülpte und sich zum Tresen begab, wo ihn die junge Frau mit einem fragenden, aber erwartungsvollen Blick empfing.
    Bis Falcking seinen Kaffee hatte, redeten sie über die Kriminalität und das Gerichtswesen im Landkreis, über Falckings Tätigkeitsschwerpunkt, den er mit »Vertrags- und allgemeines Schadensrecht« beschrieb, und andere Belanglosigkeiten. Wallner versicherte sich sodann durch einen Blick zum Tresen, dass die Bedienung von Mike gut unterhalten wurde.
    »Gut. Fangen wir an. Punkt eins: Was soll die Geheimniskrämerei? Warum können Sie mir nicht einfach sagen, was Sie gesehen haben?«
    »Weil da eine Menge dranhängt. Es ist ein – wie soll ich sagen – sehr komplexes Gebilde von Rechtsfragen, die zunächst beantwortet werden müssten, bevor ich Ihnen helfen kann.«
    »Was wollen Sie? Einen Deal?«
    »So was in der Art.«
    »Da sind Sie bei mir an der falschen Adresse. Das müssen Sie mit der Staatsanwaltschaft verhandeln.«
    »Ja, ja. Ich weiß. Die sind an sich zuständig.« Er sah sich mit ruckartigen Bewegungen um, nickte heftig – warum auch immer – und nahm einen schnellen Schluck von seinem Cappuccino, um ihn anschließend mit dem Löffel gehörig durcheinanderzurühren. »Aber kennen die sich auch aus? Ich meine, da kommt so eine achtundzwanzigjährige Büromaus aus München, die gerade mal ihr zweites Staatsexamen hat und nur deshalb Staatsanwältin ist, weil sie eigentlich Familienrichterin und dann schwanger werden will. Sie wissen, was ich meine.«
    Wallner wusste, was Falcking meinte. In Bayern musste jeder, der eine Stelle als Richter haben wollte, erst ein paar Jahre bei der Staatsanwaltschaft schuften. »In unserem Fall ist Frau Kesselbach zuständig. Ich weiß nicht, ob Sie sie kennen. Die Frau hat Erfahrung und weiß, wovon sie redet.«
    »Wirklich? Gut, freut mich. Trotzdem …« Falcking leckte seinen Löffel ab, steckte ihn in die Zuckerdose, gab einen Löffel Zucker in seinen halb ausgetrunkenen Cappuccino und rührte in der Tasse herum. »Schauen Sie, es geht mir um Folgendes: Diese Leute kommen aus München, ja? Die kennen die Verhältnisse hier nicht. Um mein Anliegen beurteilen zu können, muss man aber mit den Verhältnissen hier vertraut sein. Das kann man nicht nur juristisch sehen, oder besser gesagt, das Juristische muss im Lichte des Lokalkolorits ausgelegt werden. Ich hoffe, ich verwirre Sie nicht zu sehr.«
    »Sie verwirren mich außerordentlich.«
    »Was ich von Ihnen will: Ich will Ihnen mein Anliegen erklären, und Sie sollen sich bei Frau Kesselbach oder wem immer für mich einsetzen. Dann bekommen Sie meine Aussage. Eine Aussage, die Ihnen das Leben – das verspreche ich – sehr erleichtern wird.«
    »Können Sie mir den Täter nennen?«
    »Wahrscheinlich. Das heißt: Es ist sehr wahrscheinlich, dass Sie den Täter mit meiner Aussage überführen können.«
    »Schön. Was wollen Sie dafür?«
    »Ja –

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