Schakale Gottes
Polen, das nun die Bezeichnung ›Weichselland‹ erhielt, in zehn Gubernien eingeteilt. Die Amtssprache wurde russisch, die Universität in Warschau russifiziert, das russische Zivil- und Strafrecht eingeführt. Nur in Galizien, das unter österreichischer Verwaltung stand, konnte sich das Polentum behaupten. Hier wurde die polnische Sprache sogar zur Amtssprache erhoben und ein nationaler Landtag sowie eine nationale Verwaltung eingeführt. Außerdem wurden zwei polnische Universitäten, eine Akademie und viele Mittel- und Volksschulen errichtet. Sogar im Reichsrat erhielten die Polen Einfluß; es zeichnete sich ein Bündnis der galizischen Aristokratie mit dem österreichischen Kaiserhaus ab, das ein starkes Beamtentum entstehen ließ.
Anders lagen die Dinge in dem von Preußen verwalteten Gebiet. Hier wurde die Polenpolitik durch Bismarck belastet, der repressive Maßnahmen gegenüber der polnischen Schule und Sprache durchzusetzen vermochte. Ihm ging es um eine Einschränkung des polnischen Volkstums. Deutsch wurde die Unterrichts- und Amtssprache. Der katholischen Kirche wurde die Schulaufsicht entzogen. Erzbischofs Ledóchowski und weitere fast hundert Geistliche einschließlich des Bischofs von Kuln wurden verhaftet, so daß zahlreiche Pfarreien verwaist waren. Aber obgleich sich die Maßnahmen als verfehlt erwiesen, schreckte man nicht davor zurück, 26.000 ›fremde‹ Staatsangehörige (darunter ein Drittel Juden) aus den preußischen Ostprovinzen auszuweisen.
Angesichts dieser Lage, die in gewisser Hinsicht mit der Unterdrückung im russischen Verwaltungsgebiet vergleichbar war, blieb den nationalen polnischen Kräften nichts anderes übrig, als auf einen alles verändernden großen Weltkrieg zu hoffen und bis dahin soviel Männer wie möglich militärisch auszubilden. In Galizien, dem von Österreich tolerant verwalteten Territorium, ließ sich dies unschwer bewerkstelligen. Man entwickelte eine Untergrundtätigkeit, in welcher der junge Jósef Pilsudski, der von den Russen fünf Jahre nach Sibirien verbannt worden war, bald eine führende Rolle spielte.
In dieser Zeit nun nimmt der vorliegende Roman seinen Anfang.
* Tatsächlich blieb das Kloster auch in den beiden Weltkriegen verschont. Kaiser Wilhelm II. besuchte Jasna Góra und stiftete 10.000 Mark. Im Zweiten Weltkrieg hielt sich sogar die SS weitge hend zurück.
* In jener Zeit war die Auswanderungswelle so groß, daß heute allein in Amerika 10 Millionen Polen leben. In Chicago wohnen mehr Polen als in Warschau.
* Tatsächlich hat Bismarck dies seiner Schwester geschrieben.
* Die Polska Parlia Socjalistyczna – PPS (Polnische Sozialistische Partei) wurde 1892 in Paris gegründet. Ihre Mitglieder entwickel ten eine rege Untergrundtätigkeit.
* Es sei daraufhingewiesen, daß alle in diesem Zusammenhang gemachten Angaben, die erstaunliche Parallelen zu Geschehnissen in unseren Tagen aufweisen, ebenfalls den Tatsachen entsprechen.
* Hier ist die Phantasie des Schriftstellers nicht durchgegangen, Gemäß Protokoll des Oberlandesgerichts Petrikau wurde Szymanski befragt, weshalb er den in Wirklichkeit nie geliehenen Betrag zur Verfügung gestellt habe. Er sagte aus, er habe die Möglichkeit, 20.000 Rubel zu erben, nicht durch einen Streit um 5.000 Rubel gefährden wollen. Dem steht gegen über, daß Prior Rejman aussagte, er habe das Fehlen eines Testaments betont.
* Protokollarisch erfaßte Aussage!
* Im Ersten Weltkrieg fand 1914 in der Nähe von Tannenberg eine zweite große Schlacht statt in der die russische Narew-Armee (unter Samsonow) von der deutschen 8. Armee (unter Hindenburg und Ludendorff) geschlagen wurde.
* Hierdurch wurde aus dem kirchlichen Ordensstaat ein weltliches Fürstentum. Für das Haus Brandenburg sollte dies noch sehr bedeutungsvoll werden. Denn um seinen Rang zu erhöhen, stellte Generationen später der eitle und zu Pracht neigende brandenburgische Kurfürst Friedrich III. dem österreichischen Herrscherhaus ein teures Hilfskorps zur Verfügung und ließ sich dafür das Recht einräumen, das Herzogtum Preußen (Ostpreußen) in ein Königreich umzuwandeln. Am 18. Januar 1701 fand in Königsberg die Krönung statt, und der Kurfürst nannte sich fortan Kö nig Friedrich I. Damit ging der Name ›Preußen‹ auf den gesamten Staat des bisherigen Kurfürstentums Brandenburg über.
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