Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska
Trottel haben oft die dicksten Schwänze, Alterchen. Darauf stehen die Frauen, oder denkst du vielleicht, ein bisschen Grips in der Birne würde ausreichen, um den Weibern einen passablen Orgasmus zu bescheren?«
Olguths anklagender Blick wanderte zu Lebenov. »Was sind das nur für Leute, die für Sie arbeiten?« Dann wandte er sich ab, um hinauszugehen. »Wir sollten die Eltern des Mädchens anrufen.«
»Das hat noch Zeit, Professor«, stellte Lebenov nüchtern fest. »Und die Öffentlichkeit wird erst informiert, wenn Ihre Studentin eine Aussage zum Hergang des Abends gemacht hat.«
»Sie haben keinerlei polizeiliche Rechte«, erklärte Olguth. Er war am Ausgang der Baracke stehen geblieben. »Das Mädchen hat Anspruch auf einen Anwalt, und zwar bevor sie von Ihnen befragt wird.«
»Wir befinden uns auf GazCom-Land «, erklärte Bashtiri aus dem Hintergrund. »Schon vergessen? Das GazCom-Konsortium hat eigene Rechte, verliehen durch den Präsidenten der Russischen Föderation. Unabhängig von Polizei und Justiz ist das Unternehmen befähigt, Ermittlungen anzustellen, solange es um die Sicherheitsbelange des Konzerns geht.«
Es dauerte eine Weile, bis Leonid begriff, dass er in dem merkwürdigen Bunker in der Falle saß. Wütend setzte er sich im Schneidersitz auf den gefrorenen Boden. Er machte sich Sorgen – nicht um sich selbst, sondern um Viktoria. Er fürchtete, dass sie da in etwas hineingeriet, dass sie nicht einschätzen und dem sie erst recht nicht Herr werden konnte. |264| Um zu erkennen, dass hier unten etwas verborgen lag, das nicht nur Geophysiker interessieren würde, bedurfte es keinerlei schamanischer Fähigkeiten. Er war neugierig, ob Taichin und seine Großeltern von diesem Bunker gewusst hatten. Bisher jedenfalls hatten sie kein Sterbenswörtchen davon erwähnt.
Mit geschlossenen Augen versuchte Leonid, telepathischen Kontakt zu seinem Onkel aufzunehmen. Im Nachhinein musste er dem alternden Taichin dankbar sein, dass er ihm als erste Lektion seiner Schamanenschule die Anwendung telepathischer Fähigkeiten beigebracht hatte. Nur ob es ihm über diese Distanz und aus einem mehr als zehn Meter tiefen Erdloch gelingen würde, auf sich aufmerksam zu machen, blieb fraglich.
Kolja machte es sich zunutze, dass es im Lager erneut einen Tumult gegeben hatte. Zusammen mit Viktoria schlich er an zwei Wachhabenden vorbei, die sich ein heftiges Wortgefecht lieferten. Es ging darum, wer am vergangenen Abend wie viel getrunken hatte und ob es jemanden in der Truppe gab, der für kleines Geld sogenannte Nachbrenner verteilte. Kolja wusste, dass damit Designerdrogen gemeint waren, die selbst in Kreisen der Sicherheitsbranche immer beliebter wurden.
»Was ist denn hier los?« Von ferne konnte Viktoria sehen, dass Sven Theisen in T-Shirt und Jogginghose am Einkaufsladen des Kasachen lehnte und sich mit Rodius aufgeregt unterhielt.
Zusammen mit Kolja gesellte sie sich zu den deutschen Kollegen, um herauszufinden, warum Bashtiris Leute und Lebenovs Soldaten in hektischer Betriebsamkeit zwischen den Baracken hin und her liefen.
»Es hat einen weiteren Toten geben.« Rodius klang merkwürdig ruhig, und Viktoria dachte für einen Moment, er mache einen Scherz.
Theisen sorgte für Aufklärung. »Eine von Olguths Studentinnen hat einen von Lebenovs Söldnern erschossen.«
»Weiß man warum?« Kolja runzelte die Stirn.
Unwillkürlich musste Viktoria daran denken, dass auch er eine Pistole besaß. Offenbar waren hier alle im Begriff, verrückt zu werden.
»Nein«, antwortete Theisen. »Man verhört sie noch. Sie haben sie in die Lazarettbaracke gebracht. Man wartet auf Doktor Parlowa.« Er schaute demonstrativ auf seine Taucheruhr. »Kann nicht mehr lange |265| dauern, bis sie aus Krasnojarsk zurück ist.« Viktoria spürte, wie er sie beiläufig musterte. »Wo warst du? Ich habe vorhin an deine Tür geklopft. Es hat niemand geantwortet.«
»Sie hat mit mir einen Morgenspaziergang am See unternommen.« Kolja sprang ihr bei, bevor Viktoria sich eine Antwort ausdenken konnte.
Theisen war anzusehen, dass er dieses Vorgehen missbilligte. Viktoria bemerkte eine lächerliche Eifersucht in seiner Miene, als er Kolja regelrecht mit seinen Blicken durchbohrte.
»Aha«, sagte der Deutsche nur. »Dann hättet ihr die Schüsse eigentlich hören müssen.« Er hob eine Braue und wandte sich erneut Professor Rodius zu. »Und wie bewertest du nun die Lage? Ich denke, wir sollten Kontakt zur deutschen Botschaft in
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