Schampanninger
München sagt. Momentan verstand ich wieder nur Bahnhof.
Beim Bayerischen Hof fuhren wir in die Tiefgarage. Gretel rumpelte in ihrer Box herum. Jockel machte die Tür des Hängers auf und sprach begütigend auf sie ein. Gretel sah im wahrsten Sinne des Wortes scheiße aus. Jedenfalls hatte sie mit ihrer linken Seite einen Haufen platt gesessen.
– Jetzt müssen wir striegeln, sagte Jockel.
Er reichte mir eine Bürste, und wir begannen das Vieh zu putzen. Sogar den Fellpony drapierten wir neu über die Hörner. Zum Abschluss holte Jockel eine schwere Glocke an schwarzem, bortenverziertem Schmuckgurt hervor und band sie Gretel um. Sofort machte es Dingdong, und in die Tiefgarage kehrte Almabtriebs-Atmosphäre ein. Jockel packte Gretel am Gurt, und wir marschierten zum Haupteingang des Hotels. Sofort waren wir im Blickpunkt der weihnachtseinkaufenden Öffentlichkeit. Der Kollege ließ sich nicht lumpen und stieß den Jodelschrei aus, wie sich das für einheimische Barbaren gehört. Wenn man ihn einmal gehört hat, eigentlich ganz einfach: Man schreit Juchuhuhui . Dabei beginnt man im brünftigen Bass und lässt die Stimme dann in einen kreischenden Diskant umschnackeln. Die Gebrüder Gibb würden eine solche Gebrauchsanleitung spontan verstehen und umsetzen.
Der Hoteleingang war mit Tannenzweigen und Lichterketten geschmückt. Ein langer roter Teppich führte von der Straße ins Innere. Diesen Parcours hatte man durch eine Absperrung gesichert. München hilft , das Motto, war in goldenen Lettern auf das Tannengrün gepinnt. Wenn geholfen werden muss, lässt sich München nicht lumpen. Man hatte unseinen Platz auf der linken Seite des Eingangs bereitet, wo ein paar Strohballen, ein Dreschflegel und eine Sense zu einem bäuerlichen Stillleben drapiert waren. Am Boden lag Heu. Nun hatte sich alles geklärt: Jockel, Gretel und ich bildeten die rustikalen Schnörkel des Empfangsarrangements. Leger sozusagen. Wir drei vom Land hatten in der Stadt so dies und das zu erledigen, kamen dann zufällig an dieser karitativen Veranstaltung vorbei und dachten, dass sich die Ankömmlinge freuen würden, wenn sie von uns begrüßt würden. Eine wirklich schöne Idee aus dem Eventmarketing! Unter einer Markise war Bernis charmante Schampanninger-Bar aufgebaut, wo auch der Mann von der Straße mit einem Glas für zehn Euro helfen konnte.
Stattliche Limousinen fuhren vor. Klappe auf, und Münchens schönste Damen, begleitet von tadellos bekleideten Smokingherren, betraten den roten Teppich. Nur die Nonames verschwanden gleich im Hotel. Wer erkannt wurde, schüttelte Hände, gab Autogramme und Interviews. Meinen Fernseher hatte ich vor einiger Zeit minus gemacht, so war ich nicht recht im Bilde, wen man besonders gut kennen musste. Aber es schienen doch alle aus Bogenhausen, Grünwald und Herzogpark gekommen zu sein, die man gerufen hatte. Für die Herren war ein längerer Aufenthalt in der Kälte kein Problem. Sie trugen schließlich Hemd, Jackett, lange Hosen, darunter womöglich noch Angorawäsche. Das wäre doch niemandem aufgefallen! Einige auch schon älter und mit Bauch, wer, wenn nicht sie, könnte sich Münchens schönste Damen sonst leisten?
Bei den Frauen jedoch waren solche Tricks ausgeschlossen, sie waren echt leicht bekleidet, meist schulterfrei, dazu Mordsausschnitt, und wenn mal was rausguckte, sollte es jaauch Seide oder Spitze sein und nicht Omas Wollunterwäsche. Viele dieser Damen haben vielleicht keine abgeschlossene Schulbildung und auch sonst nicht viel gelernt außer schön sein und posen, aber das haben sie eins a drauf: Selbst bei zapfigen Minusgraden bleiben sie unverkrampft und charmant, als wäre es kuschelig warm. Sie sind inzwischen abgehärtet und so gut in Schuss, dass man sie bedenkenlos zum Eisschwimmen nach St. Petersburg schicken könnte, wo sie sicher auch eine gute Figur machen würden.
Sie stiegen aus, stöckelten los, parlierten und winkten zur zahlreich versammelten Lokalpresse hin. Irgendeine kam dann auf die Idee, Gretel auf ihren Pony zwischen die Hörner zu küssen, weil es so ein schönes Foto werden würde. Die Fotografen hatten schnell begriffen, dass diese reizende Geste der Knaller war, denn sie konnten voll in den Ausschnitt hineinblitzen. Damit wurde der Hörnerkuss obligatorisch, und wenn eine Dame vergessen hatte, bei ihrer letzten Bewerbung um eine Filmrolle die Körbchengröße anzugeben, so hatte sich dies nun auf augenfällige Weise erledigt.
Jockel und ich wurden in aller
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