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Schampanninger

Titel: Schampanninger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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guckten mich mit großen Augen an und verschwanden wieder. Ihre Flüchtigkeit ist ein Segen. Gedanken, die dich unausgesetzt anstieren, meinen es nie gut mit dir. Sie wollen in den Clinch.
    In dieser aufgeräumten Stimmung griff ich zum Telefon und rief Emma an. Der Gedanke an sie hatte mir zugezwinkert. Aber sicher, daran gab es nichts zu deuteln, dieses Telefonat war überfällig, und vor Mitternacht gingen die da unten sowieso nicht ins Bett. Radebrechend sprach ich mit ihrer Mama. Schenkelhalsbruch. Che roba! , gefolgt von Ausrufen des Entsetzens und schließlich: Buon miglioramento! , was ich mit meinen Bieren nicht mehr astrein, sondern nur noch nuschelnd hinbrachte.
    Endlich war Emma am anderen Ende. Unsere Beziehung war erinnerungsmäßig wieder intakt. Dass ich sie in meinem lädierten Zustand vergessen hatte, verschwieg ich ihr wohlweislich, auch wenn mir jeder Arzt ein entlastendes Attestausgestellt hätte. Emma war für eine Zeitarbeitsfirma tätig, über die sie unter dem hochtrabenden Titel Officemanagerin angeboten wurde. Sie bewohnte ein kleines Häuschen in Trudering, das sie von ihrem deutschen Vater geerbt hatte. Eine Wohltat, ihre Stimme zu hören! Ehrlich gesagt, war es mir ziemlich wurscht, dass es in Messina tagsüber achtzehn gradi hatte, Hauptsache, sie war da und mir gut. Frauen, die etwas zu sagen haben, sollte man ohnehin nicht mutwillig unterbrechen. Für einen maulfaulen Menschen wie mich ist das wie am Kaminfeuer sitzen, Hauptsache, es brennt. Ich bin mehr auf das Manuelle hin orientiert, und im einhändigen Kronkorkenöffnen bin ich groß. Diesmal hatte ich das Motiv Herbergssuche im Bayerischen Wald erwischt und entdeckte endlich, dass auch die Rückseite des feuchten Etiketts bedruckt war, dort präsentierten sie Weihnachtslieder und in diesem Fall Wer klopfet an?.
    Ich bin gewiss keiner von denen, die mit ein paar Bier im Leib den Moralischen kriegen und ihrer Freundin versichern, dass sie so einen Lump nicht verdient habe. Aber mir ist heute noch nicht klar, wie ich an eine so attraktive und freundliche Person kommen konnte.
    Irgendwann war ich dann doch an der Reihe und versuchte, ihr diese ganze für mich so zusammenhanglose Geschichte zu erzählen. Für sie war die Sache klar.
    – Du hast etwas, was ihnen gefährlich werden könnte.
    – Was sollte das sein? Außer meinen Nikolausklamotten und persönlichen Habseligkeiten hatte ich doch nichts.
    – Dann glauben sie eben, dass du etwas hast oder weißt.
    – Das nützt mir nichts, wenn ich darüber nicht verfügen kann!
    Die Sache war doch etwas komplizierter und ließ sichnicht so einfach klären. Schließlich steuerte sie auf die Weihnachtsfrage zu.
    – Kommst du über die Feiertage nach Messina?
    Bisher hatte ich mich vor einer klaren Aussage gedrückt, doch jetzt, wo das Datum immer näher rückte, musste ich ihr klarmachen, dass ich das nicht drauf hatte. Außerhalb Münchens würde Heiligabend immer wie Weihnachten im Wilden Westen sein. Dass für den Italiener Heiligabend ein normaler Arbeitstag ist und Bescherung erst zu Dreikönig – geschenkt! Damit wollte ich Emma erst gar nicht kommen, transkulturell stehe ich wie eine Eins, nur nicht an Heiligabend. Dafür gibt es keine Argumente. In diesen Tagen habe ich gefühlsmäßig Schlagseite, und wenn man seine Weihnachtsweißwürste mit Brezen und Bier braucht, irrt man nicht an der Meerenge von Messina auf der Suche nach einem Fischlokal herum. Für solche Frivolitäten war mein Gemüt einfach nicht ausgelegt.
    Einmal hatte ich mich mit ein paar rauen Gesellen dazu entschlossen, die Tage dreisternemäßig auf Mallorca durchrauschen zu lassen. Ich war schon mittags heillos betrunken und den ersten klaren Gedanken konnte ich erst Tage später wieder fassen. Wer also hatte da etwas davon? Am besten war ich immer noch zu Hause aufgehoben, wo ich am Spätnachmittag meine Plastiktanne mit einem Dampfstrahler entstauben, ihr die Lichter anzwicken und sie in alle Ehren einsetzen würde, die dem Teil an Heiligabend zukamen.
    Das Schöne am italienischen Menschen ist, dass er dem romantischen Bayer nichts krummnimmt, schon weil er Weihnachten in diesem Sinne gar nicht kennt.
    – Dann kommst du eben später, sagte Emma.
    Ein guter Vorschlag. Allerdings fand sie mich mit der Zeit etwas seltsam. So viel sentimentales Schwadronieren überWeißwürste, Fischlokale und Plastiktannen kannte sie bei mir gar nicht.
    – Hast du was getrunken?
    – Weißbier, sagte ich, ohne von meiner

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