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Schampanninger

Titel: Schampanninger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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Verwaltungskosten laufen. Das jedoch versteht der spendende Mensch nicht mehr. Er befindet sich in einer psychischen Ausnahmesituation, die ihm kurzzeitig den klaren Blick auf die Verhältnisse vernebelt und ihn glauben lässt, sein Akt setze die sich daran anschließende Kette von Leistung nur gegen Bares außer Kraft. Das Schönste am Spenden ist das Wohlgefühl, ein Schlaraffenland gestiftet zu haben, in dem es alles geschenkt gibt, wenn man nur das Maul aufreißt. Tatsächlich würde Bernis Verein am Ende einen Strich ziehen, um festzustellen, ob nach Abzug ihrer und aller sonstigen Aufwendungen noch etwas Trinkgeld übrig geblieben war, um ein paar bedürftigen Münchnern Hendl braten zu können. Wie schön!
    Viel Zeit, über all das nachzudenken, hatte ich nicht. Maillinger kam herein und verfärbte sich, als er meiner ansichtig wurde.
    – Er schon wieder, schrie Maillinger. Packt’s den Kerl! Der klaut wie ein Rabe.
    Unschlüssig starrten mich die Umstehenden an. Jetzt wurde es gefährlich, denn Maillinger hatte die Körpersprache eines Atompilzes. Ich hatte erst vor Kurzem eins auf die Rübe bekommen, daher verlor ich die Nerven und haute Maillinger prophylaktisch einen Schwinger in den Magen. Er stierte mich so hasserfüllt an, als er in die Knie ging, dass mir klar war, in ihm einen Feind fürs Leben gewonnen zu haben.
    Meine Aktion war sicher nicht im Sinne Buddhas, es ist allerdings auch nicht überliefert, dass man den heiligen Mann je mit einem Bierschlegel traktiert hätte. Uns Nachgeborenen bleibt eben nichts anderes übrig, als seine Lehre schöpferisch anzuwenden. Und in diesem Fall ging Sicherheit vor Seltenheit, wie es ein anderer Weiser formuliert hatte.
    Aus einem der Kübel schnappte ich mir die zwei Hunderter, die mir von Bossert zugesichert waren.
    – Empfang wird gerne quittiert, sagte ich in die Runde.
    Man hielt aber auf Distanz, und so ging ich. Ich stopfte das Geld in die Hosentasche und hatte die feste Absicht, bei nächstbester Gelegenheit mit mir namentlich bekannten bedürftigen Münchnern essen zu gehen. Der direkte Kontakt ist durch nichts zu ersetzen.

17
    Babsi war da gewesen. Offenbar mit ihrem Kind. Jedenfalls war an meine Ladentür eine gefaltete Kinderzeichnung geklebt. Eine Art kleiner Rauschgoldengel lag glücklich in einem Himmelbett. Ich war nicht sicher, ob ich die Richtung von Babsis Wohnung korrekt angepeilt hatte, aber der Stinkefinger galt ihr und ihrem Balg. Ich zerknüllte die Zeichnung und warf sie in den Rinnstein.
    Drinnen gönnte ich mir ein Weißbier aus der Weihnachtsedition einer hiesigen Brauerei. Die Flaschenetiketten waren mit verschiedenen alpenländischen Motiven ausgestattet, deren bunte, goldgeprägte Pracht im Stil alter Adventskalender fast vergessen machte, dass es sich hier um ein Kalt- und kein Glühgetränk handelte. Als Zugabe drehte ich mir ein paar Zigaretten auf Vorrat. Man möchte einfach mal genießen, ohne zu arbeiten. Dazu ließ ich das Radio dudeln und legte mich aufs Sofa. Beruhigende Nachtmusik tröpfelte aus dem Lautsprecher und alles war gut, bis ich in einen auf stimmungsvoll gemachten Trailer rutschte, in dem Plätzchenbacken mit Berni Berghammer angekündigt wurde. Bäuerlich, urig, schmackig — Berni ging sofort in den weißblauen Infight.
    Man entkam ihm nicht. Wie sonst nur Heiligen war diesem Menschen anscheinend die Gabe verliehen, an mehreren Orten gleichzeitig zu sein. Und immer arbeitete er für seinen Beutel oder an seinem Denkmal. Beides ging in eins, denn sein Ruf beförderte das Geldverdienen. Die Marke Berghammer konnte nur noch der Papst persönlich ausstechen, wenn er im Tal einen Vatikanbräu mit Restaurationsbetrieb eröffnen würde.
    Wenn einer so fest im Sattel saß, was hatte der dann mit mir am Hut? Und warum hatten mich seine Spießgesellen derart in die Mangel genommen? Eine Antwort im eigentlichen Sinne war es nicht, aber das Weißbier aus der Weihnachtsedition pufferte diese Fragen immer besser ab. Nach der zweiten Flasche, deren Etikett ein Komet über dem Königssee zierte, kam endlich so etwas wie Adventsfriede in mir auf, der nicht nur die baldige Ankunft des Christkinds, sondern auch die der dritten Halben ankündigte, die ich mir gleich genehmigen würde und die mit einem anmutigen Lobpreis oberbayerischer Hirten in Lodenjankern und Haferlschuhen beklebt war. Mir wurde zunehmend leichter zumute, und meine Gedanken schwurbelten wie Kleinfischschwärme in einem Aquarium herum, sie schossen heran,

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