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Schampanninger

Titel: Schampanninger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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etwas unter meinen Habseligkeiten zu finden – natürlich war ich gemeint und nicht Vierthaler.

14
    Ideen hatte ich, aber keine zwingende. Was ich durchdachte, wurde fadenscheinig. Ein kluges Vorgehen ließ sich daraus nicht gewinnen. Und im Hintergrund stand die Angst, dass diese Ziellosigkeit durch meine Kopfverletzung verursacht war. Ein bleibender Schaden womöglich. Zaudern statt zupacken, darin erkannte ich mich nicht wieder. Auch sonst war ich außer Tritt. Statt Babsi die Meinung zu geigen, nahm ich den Hörer nicht ab, wenn sie anrief.
    Anderntags hatte ich dieses Gemühle so satt, dass ich beschloss, einfach hinzugehen. Diesen simplen, ans Dümmliche grenzenden Rat hatte mir damals Hannes gegeben, als ich bei ihm zum Erlernen der Möbel-Antikrestaurierung in die Lehre ging. Wenn er ein Problem mit jemandem hätte, gehe er einfach hin. Tatsache war, dass Hannes auf diese Weise jede offene Rechnung eingetrieben hatte. Ob er dann nur dasaß oder anderweitig nachhalf, verriet er nicht. Jedenfalls würde ich nun zu Bossert gehen, dem Dritten im Bunde neben Berni und Maillinger, dessen Agentur die Veranstaltungen des Vereins organisierte. Diesen Bossert, der mein Taxi spendiert hatte, kennenzulernen oder ihn sich vorzuknöpfen konnte jedenfalls der Sache nicht schaden.
    Am Abend machte ich mich in die Pestalozzistraße auf, wo seine Eventagentur ihre Zelte aufgeschlagen hatte. An der Besetzung der Büros und Läden im Glockenbachviertel lässt sich ablesen, aus welcher Ecke der Wind des Zeitgeists weht. Wo früher die Elektroniker an Rechnern und Internet geschraubt hatten, saß jetzt eine neue Marketingelite, die die verwaistenRäumlichkeiten übernommen hatte. Die Firmeninhaber und ihre Partner erkannte man an grau melierten gelockten Haaren, weichen fließenden Kaschmirjacketts und den stets weißen Hemden. Winters trugen sie wärmende Filzwesten dazu. Der Trick ist, dass alles so natürlich und leger aussieht, als bekäme man so ein Outfit für lau, tatsächlich ist es schweineteuer. Der Super 150 Nadelstreif des Sparkassenmanns sieht dagegen wie Anstaltsdrillich aus.
    So war Bossert leicht zu erkennen, als ich die Geschäftsräume betrat, die früher einmal einer Bäckerei gehört hatten. Er saß am Ende des großen Raums, zum Schaufenster hin abgeschirmt durch einen mit großen japanischen Zeichen beschrifteten Paravent. Energisch winkte er mich heran, als er mich sah. Er musterte mich genau.
    – Sehr gut, sagte er. Genauso muss er aussehen.
    – Wer?
    – In unserer Jobausschreibung, Freund, steht doch: Rustikaler Almhirte gesucht. Und einen Besseren kann ich mir nicht vorstellen. Vor allem nachdem dieser Rübezahl abgesagt hat. Dich schickt der Himmel, Mann!
    – Mit Rindvieh in diesem Sinne hatte ich noch nie zu tun.
    – Kein Problem. Der Bauer ist sowieso dabei. Seppelhose und Lodenkotze, oder wie man das nennt, sind da hinten. Na los, zieh dich um!
    Der Zug, der sich bot, war ein Schnellzug und bereits in voller Fahrt.
    – Und dann, fragte ich.
    – Bayerischer Hof. In einer Stunde geht es los. Zweihundert Euro Gage, da gibt es doch nichts zu meckern, oder?
    Genau genommen nicht. Außerdem diente es der Wahrheitsfindung. Ich ging in die Richtung, die er mir gewiesenhatte. Im Nebenzimmer lag auf einem Stuhl ein komplettes Trachtengewand bereit: Lederhosen halblang, Kniebundstrümpfe, Haferlschuhe und alles andere auch. Ich zog mich um.
    Bossert strahlte, als er mich sah.
    – Ganz der Oberförster. Mach mal den Jodelschrei.
    – Den was?
    – Jodelschrei. Wasmeier. Lillehammer – kapiert?
    Draußen hupte es. Bossert sah auf die Uhr.
    – Maßarbeit. Der Jockel mit seiner Gretel ist auch schon da. Ab die Post.
    Wir gingen hinaus. Vor der Tür stand ein dreckverschmierter Offroad-Hochbeiner mit Viehanhänger.
    – Andiamo, sagte Bossert und klopfte mir auf die Schulter. Die Kohle gibt es nach dem Auftritt. Direkt vor Ort.

15
    Am Steuer saß Jockel, ein weißhaariger, wettergegerbter Bursche, der wie mein älterer Bruder aussah, weil er in denselben Klamotten steckte. Er fuhr Richtung Innenstadt.
    – Schlachthof wäre die andere Richtung, sagte ich. Wegen deinem Hänger, meine ich.
    Jockel grinste gutmütig.
    – Die Gretel ist ein Goldstück. Die kommt mir da nicht hin. Außerdem muss das Madl heute Abend eine saubere Figur machen.
    Neben dem Blitz hat der Schöpfer noch eine ganze Paletteüberraschend eintretender Ereignisse erfunden und in die Welt gebracht. Zufall oder Kismet, wie man in

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