Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schampanninger

Titel: Schampanninger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
Vom Netzwerk:
Spitze löste, weitere mitriss und als Lawine auf die Veranda niederging. Die Lichtanlageschaltete sich ein und man hatte einen wunderschönen Blick auf den Eingangsbereich und die Triplegarage. Nur das große Fenster daneben war beleuchtet, jemand schob den Vorhang beiseite und schaute nach draußen. Berni war da. Er telefonierte. Sonst war niemand zu sehen. Auf das Gartentor, durch das man den vermutlich gekiesten Weg betrat, war eine Videokamera gerichtet, ohne Gesichtskontrolle kam man hier nicht rein. Zu klingeln und zu sagen, hallo Berni, ich bin es, war vollkommen sinnlos. Ich musste einen anderen Zugang finden und dazu brauchte ich ein Mittel, die Hunde ruhigzustellen.
    Ich stieg wieder die Straße hoch und kam so in das Zentrum des Orts. Auf dem Parkplatz vor dem Rathaus schippte ein Mann Schnee, ein wenig freudlos, wie es schien, und als ich näher kam, sah ich ihm sogar den Ingrimm an. Aber an wen, wenn nicht einen kommunalen Angestellten, sollte ich mich wenden, um die ortsansässige Metzgerei zu finden?
    – Frohes Fest, sagte ich zur Begrüßung.
    Mehr konnte man bei diesen Temperaturen nicht flöten, trotzdem lief ich in eine verbale Faust.
    – Genau, raunzte er. Das hätte ich auch gerne mal.
    Er hielt kurz inne, schnäuzte durch die Finger, schob den Schild seiner Helmmütze nach oben und musterte mich. Dabei stützte er sich auf seine Schneeschaufel wie der Wildschütz Jennerwein auf seine Flinte. Dass Einheimische kurz davorstehen, Besuchern die Räumgeräte draufzuhauen, das hatte ich auch noch nicht erlebt.
    – Probleme, fragte ich.
    Jetzt endlich hatte er seinen mnemotechnischen Auswertungsprozess zu Ende gebracht.
    – Sie sind ein Auswärtiger, oder?
    – Der weiße Mann kommt aus der großen Stadt mit Kirchtürmen so hoch, dass sie Manitus Zehen kitzeln. Dort lebt man in steinernen Tipis und die Männer reiten Feuer spuckende Stahlpferde. Aber der weiße Mann kommt in Frieden und hat Feuerwasser mitgebracht.
    Ich holte meinen Flachmann heraus und bot ihm einen Schluck an. Er grinste und trank.
    – Nichts für ungut, sagte er und reichte mir die Flasche zurück, Sie können ja nichts dafür.
    Genau, dann hatten wir uns nun doch eine Verhandlungsbasis erarbeitet! Zu meinem Anliegen kam ich dennoch nicht, denn meinem Gegenüber wurde die Gabe der Rede wie ein Gottesgeschenk eingegossen.
    – Siehst du das?
    Er beschrieb mit seiner Hand den Umkreis des Parkplatzes.
    – Alles kommunales Gelände. Muss in solchen Zeiten von der Gemeinde schneefrei gehalten werden.
    – Dafür wirst du doch bezahlt, oder?
    Er lachte auf. Genauer gesagt, ließ er seiner Brust ein höhnisches Grollen entweichen, wie es sonst nur aus Mördergruben kommt.
    – Weißt du, wer ich bin?
    – Hatte noch nicht das Vergnügen.
    – Der Bürgermeister vom Ort!
    – Hoppla!
    Damit überraschte er mich.
    – Ich würde heute auch gerne meine Einkäufe machen, so dies und das noch erledigen für daheim. Aber …
    Er zeigte auf meine Brusttasche, und ich wusste, dass eine Zugabe fällig war. Ich reichte ihm noch einmal den Flachmann.
    – … der Hausmeister liegt mit Rippenfellentzündung zu Hause, eine Aushilfe kriege ich nicht, kann sich die Gemeinde auch nicht leisten. Jetzt könnte ich sagen: Arschlecken!
    Er kniff das linke Auge zu, fixierte mich in verzweifelter Entschlossenheit nickend und stellte so das nächste Wort in übergroßen Lettern zwischen uns.
    – Irrtum! Noch morgen, Heiligabend hin oder her, habe ich Abmahnungen aus der Stadt auf dem Tisch liegen. Von Sozietäten aus der Maximilianstraße, wenn du verstehst, was ich meine. Dass sie so einen Dorfdeppen wie mich mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde wegputzen. Mit irgendeinem Blödsinn: Mandant Sowieso konnte seine Antragsformulare wegen unzumutbarer Straßenverhältnisse nicht fristgerecht abholen. Probleme, auf die du gar nicht kommst!
    Den larmoyanten Ton eines blasierten Menschen äffte er dialektfrei perfekt nach.
    – Dass der nur seine Einkäufe vom Parkplatz aus machen wollte, geschenkt.
    Er redete sich immer mehr in Rage.
    – Mandant stellte zum wiederholten Male fest, dass in der kommunalen Toilette das Papier fehlte, und musste eine Stunde in hilfloser Lage …
    Er stieß die Schaufel in einen Schneehaufen.
    – Jetzt sagst du: Schmarren! Aber solche Sachen haben wir schon gehabt. So und deswegen schaufle ich selber, weil es mir bis hier steht.
    Er deutete einen Pegelstand über Kopf an.
    – Falsche Partei, könnte das sein?
    – Das glaubst du

Weitere Kostenlose Bücher