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Schandtat

Titel: Schandtat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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schließlich nach. Er mochte zwar ein Trottel sein, aber er war nett. »Mein Name ist Poe.«
    »Ich weiß.«
    Ich sah ihn an. »Warum hast du mich dann Gouda genannt?«
    »Ich nenne dich so, wie du genannt werden willst. Spielt für mich keine Rolle.«
    »Poe ist in Ordnung.«
    »Klingt französisch. Rasierst du dir die Achseln?«
    Ich lachte. Bei diesem Typen konnte man allerdings nicht
sagen, was als Scherz gemeint war und was nicht. »Ja. Und nein, ich bin keine Französin.«
    »Wie bist du dann an einen Namen wie Poe gekommen?«
    »Der Lieblingsschriftsteller meiner Mutter ist Edgar Allan Poe.«
    »Abgefahren.«
    »Ja. Eine Ärztin, die Gedichte über den Tod mag.«
    Er lachte. »Ich hab mir meine mal rasiert. Meine Achseln. Hat eine Woche lang total gejuckt und so. Fühlte sich an, als hätte ich’nen ganzen Haufen roter Ameisen unterm Arm. Hat mich fast in den Wahnsinn getrieben.«
    »Ich werde dich jetzt allerdings nicht fragen, warum du das gemacht hast.«
    Wir bogen um die Ecke, und er spuckte abermals aus. »Ich stand mal total auf Reißen und Stoßen. Du weißt schon, Gewichte. Alle Bodybuilder rasieren sich. Dann kann man die Muskeln besser sehen.«
    »Oh. Sehr sinnvoll.«
    »Nicht wirklich. Aber ich stemme immer noch Gewichte.« Er hob einen Arm und spannte ihn an. Spaghetti mit Hackbällchen.
    »Beeindruckend.«
    »Ich weiß, dass ich noch nicht so gut bepackt bin, aber ich werde es sein. Eines Tages.«
    »Cool. Du bist also letztes Jahr hierher gekommen?«
    Er nickte und starrte aufs Pflaster, während wir weitergingen. »Jap. Zu Beginn des Schuljahres. Meine Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Peng. Einfach so. Tot.«
    »Tut mir leid.«

    Er lächelte dieses dämliche Grinsen, aber seine Mundwinkel bogen sich nach unten. »Das bekommt man vom Leben, wenn man nicht aufpasst. Es hat wohl keinen Sinn, sich darüber zu beschweren, schätze ich. Dein Dad meinte, ich solle mehr trauern, aber ich seh das anders.«
    »Mein Dad?«
    »Wusstest du nicht, dass er der Schultherapeut ist?«
    »Doch, weiß ich. Es dauert wohl nur seine Zeit, bis ich mich daran gewöhnt habe.«
    »So ist das mit allem. Ich meine, alles braucht seine Zeit, um sich daran zu gewöhnen.«
    »Magst du die Schule?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Schule ist Schule. Diese hier ist anders. So wie du aussiehst, werden sie dir wahrscheinlich die Hölle heiß machen. Hier sehen alle gleich aus.«
    »Ist mir auch schon aufgefallen.«
    »Hier laufen’ne Menge arrogante Leute rum, aber so schlimm ist es auch wieder nicht. Das Essen schmeckt besser als zu Hause. Und hier kann man sich was aussuchen. Wie bei einem Buffet. Magst du Buffets?«
    Ich zog meinen Rucksack höher auf die Schultern. »Woher kommst du?«
    »Lucerne Valley.«
    »Südlich von Bakersfield, in der Mohave-Wüste?«
    »Geboren und aufgewachsen.«
    »Cool. Ich mag die Wüste.«
    »Heißer als Scheiße im Sommer, aber total gut. Und da wartet auch mein Mädchen.«
    Von diesem Thema ließ ich lieber die Finger. »Hast du schon deinen Stundenplan?«

    Er schüttelte den Kopf. »Den bekommst du erst kurz vor der ersten Stunde in deinem Aufenthaltsraum. Auf diese Weise sehen alle Neuen wie Vollidioten aus, weil sie fünf Minuten, nachdem sie herausgefunden haben, wo sie als Erstes hin sollen, wild durch die Gänge rennen und versuchen, ihre Unterrichtsräume zu finden.«
    Ich quittierte diese Bemerkung mit einem Blinzeln. Velveeta hatte offenbar mehr Durchblick, als er sich anmerken ließ. Während des restlichen Weges redeten wir über seine Kurse und darüber, welche Lehrer er mochte und welche nicht, und ich fand heraus, dass Velveeta ein ziemlich netter Kerl zu sein schien, wenn nicht der gutmütigste Trottel, dem ich je begegnet war. Er verlor noch nicht mal ein schlechtes Wort über diesen einen Lehrer, der ihn nicht leiden konnte, Mr Reed, seinen Sozialkundelehrer aus dem vergangenen Jahr.
    An der Benders High gab es sechshundert Schüler, und die wurden aus drei umliegenden Gemeinden - anderen Touristenkäffern entlang des Highways - mit Bussen herkutschiert. Über einem offenen Campus und fünf um einen Hof herum verteilten Bungalows erhob sich das zweistöckige Hauptgebäude wie ein besserer Betonklotz. Dahinter lagen die Turnhalle und die Sportplätze: ein Baseballfeld, ein Fußballplatz, einige Tennisplätze und eine Laufbahn. Der ganze Stolz von Benders High. Velveeta erzählte mir, dass die Schule erst vor drei Jahren gebaut worden war. In meinen Augen

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