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Schandtat

Titel: Schandtat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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lasse ich mich bei der Auswahl meiner Sängerinnen einzig von ihrem Talent leiten. Nicht von Politik.«
    Ich lächelte. »Noch vor fünf Minuten war ich für Sie die reinste Zeitverschwendung.«
    Sie ging nicht darauf ein. »Wir werden den heutigen Tag ein verspätetes Vorsingen nennen. Ein Quereinstieg, sozusagen.«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich habe Ihnen schon gesagt, warum nicht.«
    »Ich werde nicht betteln, Poe. Wenn Sie durch diese Tür gehen, vergeuden Sie ein unglaubliches Talent. Ich kann dafür sorgen, dass Sie Anerkennung finden. Sie können eine Zukunft haben.«
    »Ich will weder Ihre Art von Anerkennung noch Ihre Art von Zukunft, vielen Dank.«
    »Poe …«
    Ich schüttelte den Kopf. Sie war eigentlich gar nicht so schlimm, aber das hier war einfach nichts für mich. Ich kümmerte mich nicht um Schulpolitik und den ganzen Mist, und das war auch der Grund, warum ich bisher an jeder
Schule, die ich besucht hatte, frühestens mit dem ersten Klingeln aufschlug und spätestens beim letzten Klingeln wieder verschwand. »Ich hatte eine Abmachung mit meinem Dad, Mrs Baird, und daran hab ich mich gehalten. Ich werd nicht in Ihrem Chor singen.«
    Sie nickte bestürzt. »Also gut.«

    Als ich das Schulgelände verließ, fühlte ich mich durch und durch mies. Die Art, wie sie mich angesehen hatte, als ich den Chorraum betrat, war ja nichts Neues. Solche Blicke bekam ich ständig von irgendwelchen Lehrern, aber ich fühlte mich dann trotzdem wie der letzte Dreck. Manche Lehrer lebten förmlich davon, ihre Schüler zu verachten.
    Ich stellte mir mich selbst in einer ihrer albernen Roben vor, wie ich mir an vorderster Front bei einem Wettbewerb die Seele aus dem Leibe sang, und mir war nicht zum Lachen zumute. Ich wusste, dass es mir gefallen würde. Garantiert. Das Gefühl würde mir gefallen, denn das ist es schließlich, worum es beim Singen ging. Aber ich wollte nicht Teil von etwas sein, das mir so ganz und gar gegen den Strich ging, und der Name des Schulchors, der Elite chor, sagte doch schon alles. Wer nicht entsprechend aussah und seine Rolle nicht richtig spielte und keinen angemessenen Stammbaum hatte, der war auch nichts.
    Aber ich war nicht nichts. Ich konnte singen, und jetzt hatte sich das Blatt gewendet. Ich hatte sie zum Schweigen gebracht und dafür gesorgt, dass sie sich wie Scheiße fühlte, genauso wie sie es sonst mit anderen Leuten machte.
Meinetwegen konnte sie sich ihre professionell ausgebildeten Handpuppen in ihren dicken Hintern schieben.
    Als ich um die erste Häuserecke kam, sah ich Velveeta einen Block vor mir; sein schlaksiger Gang war selbst aus dieser Entfernung zu erkennen. Ich beschleunigte meinen Schritt in der Hoffnung, ihn einzuholen, bevor wir zu Hause ankamen, doch dann bog er links ab und verschwand auf einem großen unbebauten Grundstück.
    Ich näherte mich dem verwilderten Baugelände, entdeckte den Trampelpfad, den er eingeschlagen hatte, und glaubte, es sei eine Abkürzung. Als ich den schmalen Pfad betrat, erhaschte ich gerade noch einen Blick auf sein T-Shirt, ehe er dreißig Meter vor mir im Gebüsch verschwand.
    Dann hörte ich gedämpfte Stimmen. Ich wurde langsamer - nicht um ihn auszuspionieren, sondern weil ich einfach wissen wollte, was hier so los war - und bog um die Ecke. Vielleicht besorgte er sich etwas Dope oder so. Von da an verlief der Weg jedenfalls geradeaus, an den Hintergärten der Häuser entlang auf der einen Seite und dem Gebüsch auf der anderen. Velveeta stand vor zwei Typen, beide ziemlich groß, und das Lächeln auf ihren Gesichtern war nicht gerade freundlich.
    Ich blieb stehen und beobachtete, wie sie sich unterhielten. Zwar konnte ich nicht verstehen, was gesprochen wurde, aber Velveeta hielt einen Zettel in der Hand und fuchtelte immer wieder damit herum. Dann lachte einer von ihnen, riss ihm das Papier aus den Fingern, zerknüllte es und warf es auf den Boden. Dann deutete er darauf und verlangte offenbar, dass Velveeta es wieder aufhob. Velveeta trat von
einem Fuß auf den anderen, und diesmal hörte ich, wie der Bursche ihm befahl, es aufzuheben.
    Als Velveeta sich bückte, stürzte sich der Größere der beiden auf seinen Rücken und warf ihn zu Boden, hielt seinen Hals mit einer Hand fest. Velveetas Wange wurde in den Schmutz gedrückt, und das zerknüllte Blatt Papier lag direkt vor seiner Nase, da hockte sich der andere Bursche hin und lachte. »Friss, Käsekopf.«
    Mein Magen schlug Purzelbäume, und ich wusste, dass ich etwas

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