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Schandtat

Titel: Schandtat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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einen Augenblick. Nein, es lag nicht an dem, was er sagte. Es war das, was er nicht sagte, er machte immer nur vage Andeutungen und klopfte irgendwelche Sprüche über sein wahres Ich. Ich schätze, es gibt mehr als nur eine Art zu kämpfen , hatte er gesagt. Ich begriff, dass Velveeta ganz bestimmt kein dummer Hinterwäldler war, sondern ziemlich schlau, und außerdem war er mir ein Rätsel. »Gehen wir morgen wieder zusammen?«
    »Klar.«
    »Gut, bis dann.«
    Er winkte wie ein Volltrottel und grinste dabei von einem Ohr zum anderen. »Bis dann.«

    Seit meiner Ankunft hatten wir jeden Abend in diesem etwas förmlichen Esszimmer gegessen, und als ich in die Küche ging, um beim Aufgeben zu helfen, warf ich einen Blick in das Fernsehzimmer. »Müssen wir eigentlich jeden Abend im Esszimmer essen?«
    Dad hielt inne. »Nein. Warum?«
    »Der Raum ist einfach irre groß. Als gehörten dort mehr Leute rein oder so. Außerdem bin ich es gewohnt, vor dem Fernseher zu essen.«
    Er nickte. »Dann essen wir in Zukunft also im Fernsehzimmer.«
    »Wo hast du gegessen, bevor ich hierher gekommen bin?«
    »Normalerweise in meinem Arbeitszimmer.«
    Ich häufte mir ordentlich Reis und gedämpftes Gemüse auf und befüllte damit dann auch Dads Teller. Er holte inzwischen zwei Hühnerbrüste aus dem Ofen und platzierte sie neben unseren Beilagen. Ich schnupperte. »Riecht lecker. Bei uns gab es nicht oft so richtig gekochtes Essen.«
    »Danke. Die weiße Soße ist meine Spezialität.« Er öffnete einen Schrank. »Du holst die Servietten und ich die Gläser. Wasser?«
    »Klar. Es sei denn, du hast Bier.«
    Er lächelte. »Ja, habe ich, aber nicht für dich.«
    »War’nen Versuch wert.«

    Ich schaltete den Fernseher an und wechselte zu den FOX-News, eine Minute später kam Dad herein. »Du siehst gern die Nachrichten?«
    Ich nickte, nahm mein Glas in Empfang und gab ihm
eine Serviette. »Ja. Ich hab mich einfach daran gewöhnt. Letztes Jahr hatte ich so einen Kurs belegt, und da mussten wir immer darüber berichten, was in der Welt so vor sich ging. Ich mag FOX. Bill O’Reilly ist witzig.«
    Er lächelte und griff nach seiner Gabel. »Ich muss gestehen, dass ich mir keine Nachrichten ansehe.«
    »Du weißt nicht, wer Bill ist?«
    »Leider nein.«
    »Du musst ein Eremit sein. Er ist so was wie das schwarze Schaf der Nachrichten. Alle hassen ihn.«
    »Und ich vermute, das ist genau der Grund, warum du ihn magst.«
    »Jep. Er hat vor nichts Angst und sagt, was er denkt, und nicht das, von dem er glaubt, dass andere Leute es von ihm hören wollen.«
    Blinzelnd nahm er einen Schluck aus seinem Glas. »Ich denke, das verstehe ich gut. Bist du liberal oder konservativ?«
    »Weder noch. Sie sind alle Lügner und Betrüger, aber ich weiß ganz gern, womit sie uns belügen.«
    Er lachte, während er sich ein Stück von seinem Hühnchen abschnitt. »Wie ich sehe, ist der Apfel tatsächlich nicht weit vom Stamm gefallen.«
    Ich schaute verblüfft zu ihm hinüber. »Mom?« Meine Mutter hatte keinen Funken Interesse an Politik.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich. Darum schaue ich mir keine Nachrichten an. Ich kann Politiker nicht ausstehen.«
    Das war der Unterschied zwischen ihm und mir, dachte ich. Sobald ihm etwas nicht gefiel, versteckte er sich davor. Ich konnte das nicht. Irgendein nicht greifbarer Zorn in mir
ließ es einfach nicht zu. »Ich hab heute den Sohn des Bürgermeisters kennengelernt. Theo.«
    Er nickte. »Dieser Junge ist ein politisches Statement, wie es im Buche steht.«
    Ich starrte ihn an. »Ich dachte, du müsstest nett sein und so. Du weißt schon, diese Therapeutensache. Keine eigene Meinung.«
    Er lächelte. »Nun, zum Ersten war es nichts Schlechtes, und zum Zweiten habe ich sehr wohl meine Meinung über die Leute. Er ist ein kluger Junge. Klüger als die meisten Erwachsenen.«
    »Wie steht’s mit deiner Meinung über Velveeta?«
    Er stockte und blickte einen Moment lang starr zum Fernseher hinüber. »Velveeta hat eine harte Zeit hinter sich.«
    »Er hat mir erzählt, seine Eltern seien bei einem Autounfall ums Leben gekommen.«
    Er nahm einen Bissen, kaute und schluckte.
    »Das stimmt gar nicht, oder?«
    Er zögerte. »Was hast du gehört?«
    »Überhaupt nichts.«
    Er hielt inne und betrachtete mich eingehend. »Sie sind tatsächlich gestorben, Poe, aber nicht bei einem Autounfall.«
    »Wie dann?«
    »Sie haben in ihrer Küche Methamphetamine hergestellt, und dabei hat es eine Explosion gegeben. Sie sind verbrannt.

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