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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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zusammen.
    »Lasst uns die Konsonanten streichen. Dann sind wir im Rhythmus der Buchstaben.«
    Erneut schrieben sie das Alphabet nach dem konsonantenfreien Schlüssel auf. Wrangel spürte, wie sein Blut in Wallung geriet. Sie waren ganz nahe dran. Seine Idee war richtig gewesen. Er hielt einen Augenblick inne und dankte dem alten Wachmann im Stillen für seine Gruselgeschichte.
    »Wrangel, Ihr seid ein Genie! Schaut her, es geht auf!«
    Fieberhaft dechiffrierten die beiden Männer Buchstaben für Buchstaben nach dem konsonantenfreien Schlüssel.
    » hiermit weiseic halfred wrangel kaufman nzulübe ckanfü rdiesen wechsel zumeine rlastdi esummev onvierz igtausen dmarklüb ischam7 april17 01andie amsterd amschew isselba nkzugun stendes kontosf ivzuzah lenhamb urg2apr il1701w ilken «, entzifferte Abelson.
    »Aber was ist das für ein Kauderwelsch?«
    »Habt Geduld, junger Freund. Wir brauchen ein bisschen Feingefühl, dann haben wir es.«
    Abelson versenkte sich leise murmelnd in den Buchstabensalat. Da ging die Tür auf, und Ruth betrat das Arbeitszimmer. Wrangel hatte sie seit ihrer gemeinsamen Fahrt nach Wandsbek nicht mehr gesehen. Wie schön sie war. Ihre grauen Augen strahlten, und ihr schwarzes Haar schimmerte sanft im Licht des Kamins.
    »Darf ich die Herren zu Tisch bitten?«
    »Einen Augenblick noch, wir kommen gleich, mein Kind.« Abelson hob noch nicht einmal den Kopf, so sehr war er in die vor ihm liegenden Zeilen vertieft.
    Wrangel lächelte Ruth freundlich nickend zu. »Ich freue mich sehr, Euch wiederzusehen.«
    »Ich ebenfalls. Vor allem freue ich mich, Euch wieder bei guter Gesundheit zu sehen. Wir haben uns große Sorgen um Euch gemacht, als wir erfuhren, in was für einen schrecklichen Überfall Ihr geraten seid.«
    Wrangel fühlte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss, und hoffte inständig, dass es im Raum dunkel genug war, damit es Ruth verborgen blieb. Sie trug ein hochgeschlossenes graues Kleid mit weißen Spitzen an den Enden und über dem Dekolleté.
    »Das ist es! Setzt Euch hin, Wrangel, und hört zu:
    Hiermit weise ich Alfred Wrangel, Kaufmann zu Lübeck, an, für diesen Wechsel zu meiner Last die Summe von vierzigtausend Mark lübisch am 7 . April 1701 an die Amsterdam’sche Wisselbank zugunsten des Kontos FIV zu zahlen. Hamburg, 2 . April 1701 , Wilken.«
    Wrangel pfiff leise durch die Zähne. Eher um seine Erregung herunterzuspielen, als dass er solche Geräusche schätzte. SeinBruder machte Geschäfte mit Michel Wilken, und das heimlich 
    »Das ist wirklich eine Entdeckung, Abelson.«
    »Ja, Prokurator. Doch ist es erst der Anfang. Hier scheinen wahrlich merkwürdige Dinge zu passieren.«
    Ruth schaute die beiden Männer abwechselnd an. »Worum geht es hier, Vater?«
    »Um Wechsel in gewaltiger Höhe, mein Kind.«
    »Wechsel?«
    »Lasst uns zu Tisch gehen. Ich werde es Euch beim Essen erläutern.«
    Die beiden Männer folgten Ruth ins Esszimmer, einen hellerleuchteten Raum, in dessen Mitte ein großer runder Eichentisch mit schweren Stühlen stand. Auf ihm stand eine große Menora, der siebenarmige Leuchter, den die Juden traditionell zu ihrem Chanukkafest entzündeten. Wrangel hatte über dieses Lichterfest gelesen, das immer relativ kurz vor der christlichen Weihnacht stattfand. Ruth griff nach einer kleinen Kerze, die an einem besonderen Arm des Leuchters befestigt war, und entzündete mit ihr vier der großen Kerzen, während der alte Abelson leise, aber inbrünstig hebräische Segenssprüche murmelte.
    Beschämt stellte Wrangel fest, dass er hier heute in ein Fest hineingeplatzt war, von dessen Existenz er zwar wusste, worüber er sich aber noch nie konkrete Gedanken gemacht hatte.
    Ruth bemerkte seine Beklommenheit und versuchte sie mit Fröhlichkeit zu überspielen. »Wir freuen uns sehr, dass Ihr heute mit uns diesen Braten verzehrt. Allein könnten wir ihn niemals bewältigen. Zudem ist doch die Lösung Eures Chiffrierrätsels ein Fest der gemeinsamen Freude wert.«
    Dann gab sie dem Mädchen, das in einer Zimmerecke geduldig gewartet hatte, ein Zeichen, mit dem Servieren zu beginnen.
    »So ist es, lieber Prokurator Wrangel. Wir freuen uns sehr, dass Ihr heute Abend unser Gast seid und somit drei frohe Ereignisse zusammenkommen: Euer Besuch in unserem Haus, des Rätsels Lösung und der vierte Tag des Chanukkafestes.«
    »Aber nun erkläre bitte, Vater, was es mit dieser geheimnisvollen Nachricht genau auf sich hat. Was ist ein Wechsel?«
    Abelson lächelte seiner

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