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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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lauter. Nach seinem dritten Versuch öffnete sich im ersten Stock ein Fenster. Frau Jähner, in einen schwarzen Schal gehüllt, schaute mit verstörtem Blick herunter.
    »Frau Jähner?«, rief Wrangel nach oben. »Guten Tag, ich binProkurator Wrangel. Ich möchte noch einmal mit Euch über Maria Rieken sprechen. Darf ich hereinkommen?«
    Wortlos schloss die Frau das Fenster. Es dauerte lange, bis sich der schwere Schlüssel im Schloss drehte und die Tür aufging. Die Krämersfrau sah noch kleiner und eingefallener aus als bei seinem ersten Besuch. Ihre Augen waren gerötet, die Lippen rissig. Die Haft ihres Mannes nagte an ihr.
    »Frau Jähner, wie ich Euch schon bei meinem letzten Besuch sagte, brauche ich nun tatsächlich Eure Zeugenaussage vor Gericht. Ihr müsstet bestätigen, dass Maria Rieken bis zu Lichtmess bei Euch als Hausmädchen war, und Ihr müsstet ihr Aussehen beschreiben.«
    Die Frau schloss die Augen und zitterte. »Ich sage gar nichts aus, Prokurator. Stattdessen bete ich inständig zu Gott, dass mein Mann seine Marterungen überlebt und mir meine kleine Existenz erhalten bleibt.«
    »Aber Eure Aussage wird Eurem Mann helfen, Frau Jähner. Ilsabe Bunk hat ihre Anschuldigungen gegen ihn widerrufen. Eure Aussage wird dies bezeugen. Sie wird bestätigen, dass Maria Rieken nicht tot ist und Euer Mann sie somit auch nicht umgebracht haben kann. Man wird ihn freisprechen.«
    »Wann soll denn diese Bunk widerrufen haben?«
    »Vor dreizehn Tagen schon.«
    Frau Jähner schluchzte kurz auf, dann fasste sie sich wieder. »Davon ist mir nichts bekannt. Ich weiß nur, dass mein Mann letzte Woche bis aufs Blut gemartert wurde und anschließend der Brookvogt mit seinen Leuten hier war und sie alles Mögliche aus der Arzneienküche fortgeschleppt haben. Der Brookvogt sagte mir, der Fall sei so gut wie abgeschlossen. In dieser Woche noch soll die Urgicht vor dem Richter beschworen werden. Was redet Ihr da also von Freispruch?«
    Wrangel erstarrte. Was war in den letzten zwei Wochen passiert? Der Prätor hatte ihm doch gesagt, dass der Fall ruhen würde, bis er genesen war. Plötzlich fielen ihm wieder Wilkens letzte Worte vom Leid und von der Notwendigkeit der Folter zur Wahrheitsfindung ein. Heiße Wut stieg in ihm auf. Er musste zur Frohnerei und sehen, was los war.
    »Frau Jähner, ich bitte Euch! Ich werde der Sache auf den Grund gehen, aber Ihr, Ihr müsst als Zeugin aussagen!«
    Sie schüttelte langsam den Kopf und schloss leise, aber bestimmt die Tür.
    Wrangels Rücken war schweißnass, als er keine zwanzig Minuten später bei Asthusen an die Tür klopfte. Der Scharfrichter musterte ihn mit ernstem Blick, als er die Tür öffnete.
    »Was ist passiert, Meister Ismael?«
    »Guten Tag, Prokurator Wrangel, welches Anliegen führt Euch zu mir?«, hielt sich Asthusen streng an die formelle Begrüßung.
    »Ich denke, das wisst Ihr nur zu gut. Darf ich eintreten und mit Euch reden?«
    »So kommt herein.« Asthusen schloss sorgfältig die Tür hinter Wrangel und führte ihn in die Schankstube. »Nehmt Platz, ich bringe Euch ein Bier. Ihr seht erhitzt und durstig aus.«
    »Danke, ich möchte nichts trinken, sondern wissen, was hier in den letzten zwei Wochen vorgefallen ist.«
    Ungerührt von Wrangels Ablehnung griff Asthusen zwei Krüge und zapfte geduldig Bier vom Fass. »Der Prätor ist mit der Untersuchung fortgefahren. Bunk hat ihren Widerruf zurückgezogen. Die Befragungen wurden so lange fortgesetzt, bis drei Geständnisse vorlagen, die miteinander glaubhaft übereinstimmten.«
    »Ihr habt die drei gefoltert?«
    »Prokurator Wrangel, der Prätor hat nach dem Widerruf Eurer Mandantin eine erneute Befragung angesetzt, weil der Widerruf den Geständnissen der beiden anderen Inquisiten widersprach. Eure Mandantin war erst unter der peinlichen Befragung bereit, ihre Aussagen noch einmal zu überdenken.«
    »Ihr habt sie so lange gefoltert, bis sie alles gesagt hat, was Ihr hören wolltet, ja?« Wütend schlug Wrangel mit der Faust auf den Tisch, dass das Bier über den Rand des Kruges schwappte.
    Asthusen fixierte ihn mit strengem Blick. »Prokurator Wrangel, der Prätor hat während Eurer Abwesenheit seine Arbeit fortgesetzt. Ihr seid Jurist und wisst um den Ablauf von Verhören. Haltet weder dem Prätor noch mir unsere Arbeit vor, die wir gemäß unserer Pflicht erfüllt haben.«
    Wrangel schäumte vor Wut. Aber er sah, dass er beim Henker auf Granit biss. Dieser ließ nichts auf seine Arbeit kommen, und Folter

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