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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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Flammen gesteckt.«
    »Nun übertreibt Ihr aber, mein Freund.«
    »Vielleicht nicht in Flammen, aber in Stücke gerissen hätten sie das Weib schon gern. Doch wisst Ihr, was mich wirklich beschäftigt? Das ist Prätor Wilkens Drängen, dieses zweifelsohne verkommene Geschöpf auch noch mit dem Mord auf dem Schweinemarkt in Verbindung zu bringen.«
    »Wieso wundert Euch das? Es liegt doch auf der Hand. So viel Verruchtheit lässt auch eine solche Tat vermuten. Wer weiß? Vielleicht war die Tote ihr beim Liebesspiel nicht willig?«
    »Das von Euch, Vikar Claussen!«
    »Wir Männer der Kirche sehen der Realität oftmals direkter ins Auge als so mancher Jurist, mein Freund. Aber Spaß beiseite. Was wundert Ihr Euch, wenn Wilken versucht, zum Ende seiner Amtszeit reinen Tisch zu machen? Schließlich geht es auch um seinen Ruf. Ein ungeklärter Mord von solcher Grausamkeit lässt einen Prätor nicht unbefleckt. Und laufen die Geschäfte nicht, so muss wenigstens auf dem Richtplatz Ordnung herrschen. In Hamburg stöhnt man immer lauter. Die Kassen sind wie leer gefegt. Die Dänen graben uns immer kräftiger das Wasser ab. Jedes Schiff, das aus dem Hamburger Hafen läuft, wird in Altona abgefangen und bis in die letzten Winkel durchsucht. Wehe einem Kaufmann, die Dänen finden auch nur ein Staubkörnchen Schwarzpulver oder ein Kügelchen Blei, schon beschlagnahmen sie die gesamte Ladung wegen Waffenschmuggels. Schließlich wahrt Hamburg seine unbedingte Neutralität im Konflikt zwischen Dänemark und Schweden bloß aufgrund der festgeschriebenen Beteuerung, keinerlei kriegerische Handlungen der kämpfenden Parteien in irgendeiner Form zu unterstützen. Die Dänen brennen doch nur darauf, der Stadt die Parteilichkeit für Schweden zu beweisen, um uns mit Krieg zu überziehen. Dabei sind sie selbst die größten Waffenkäufer weit und breit. Man munkelt, dass rund um Hamburg enorme Schwarzpulverlieferungen an die Dänen gegangen seien, und fragt sich, was sie mit solchen Vorräten wohl anfangen wollen. Einige besonders pessimistische Gemüter sprechen sogar davon, dass sie die Wallanlagen in die Luft sprengen wollen.«
    »Jetzt übertreibt Ihr aber, mein Freund. Bei aller zänkischer Zwietracht unter den Ratsleuten und der Bürgerschaft hält sich die Stadt doch eisern an die Regeln der Neutralität. Schließlich lebt sie seit Jahrhunderten glänzend von den Geschäften, die gerade dadurch über sie abgewickelt werden.«
    »Solange die Gegner sich die Waage halten, ja. Aber zurzeit scheint Dänemark unverhofft im Aufwind zu sein. Erinnert Ihr Euch an das Verschwinden von Jastrams Kopf vor zwei Wochen?«
    »Selbstredend, wir saßen zusammen bei Eurem verehrten Onkel. Es war doch Jastram, der in den 1680er Jahren den Dänen beinahe die Stadttore geöffnet hätte und letztlich dafür von den Hamburgern gerichtet wurde.«
    »Genau. Und seit sein Kopf, der über dem Millerntor prangte, verschwunden ist, könnte man meinen, ein Fluch hätte Hamburg ergriffen, denn seit dem Tage haben die Dänen den Siegeswind im Rücken. Zehntausend neue Soldaten sollen sie unter Sold genommen haben. Glückstadt platzt aus allen Nähten, und in Altona ist selbst in den Kirchenasylen kein Bett mehr zu bekommen. Dazu die Gerüchte über das Schwarzpulver. Aber woher der ständig klamme Friedrich IV. die finanziellen Mittel für diese Aufrüstung haben soll, bleibt allen ein Rätsel.«
    »Woher wisst Ihr all diese Dinge?«
    »Erst gestern Abend speiste ich bei meinem Oheim zusammen mit Syndikus Lorenz und Pastor Reichert aus Altona, einem alten Freund der Familie meiner Tante. Er berichtete uns von den Zuständen in Altona.«
    »Waren auch Abelson und seine Tochter dabei?«
    Claussen schaute Wrangel tief in die Augen, sodass dieser den Blick abwandte und sich innerlich ärgerte, dem Freund auch nur den Deut eines Hinweises auf seine Gedanken an die hübsche junge Jüdin zu geben.
    »Nein, leider nicht. Aber Lorenz gab uns einen umfangreichen Lagebericht über die Zustände in der Hamburger Kaufmannschaft. Kaum eine Familie, die nicht ein Schiff voller Ladung im Hafen hat, aber an den Dänen nicht vorbeikommt. Andere kommen nicht herein. Bald wird selbst der Kaffee knapp werden.«
    »Dann lasst uns schnell noch einen trinken«, grinste Wrangel und rief den Wirt herbei.
    Danach nahm er den Gesprächsfaden wieder auf. »Aber was hat die Belagerung mit Wilkens Interesse an so einem Mannweib zu tun?«
    »Wie ich schon sagte, spielt der Aberglaube eine

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