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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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Ein Zeichen will er mir dann schicken. Aber mir soll’s recht sein. Meine Familie wird es über den Winter bringen und für uns, Bruder, ist auch noch ein dritter Krug Bier heute Abend drin.«
    »Zurückbringen? Einen alten Knochen? Was den Leuten so einfällt, wenn sie sich keine Sorgen um ihr täglich Brot machen müssen. Aber ich gönn es dir, Fiete. Ich weiß ja, dein Boot braucht frischen Teer, und die kleine Marta ist so häufig krank, dass deine Frau schon ganz grau vor Sorge ist. Auch der Herrgott wird verstehen, wenn du den Schädel eines Verbrechers mal für ein paar Wochen von seinem Spieß entfernst. Wem soll das auch schon schaden? Prost, auf den Fang, Bruder!«
    Wrangel kramte ein paar Münzen aus seinem Rock und legte sie auf die Theke. Er musste nach Hause ins Bett, bevor er nicht mehr sicher sein konnte, dass sein Kopf verstand, was seine Ohren hörten.

Freitag, 19. November 1701
35
    W rangel schmerzte der Kopf. Wie unter heftigen Hammerschlägen pochten seine Schläfen bei jedem Stein, über den Abelsons elegante Kutsche hinwegrollte. Schlag zwölf Uhr hatte ihn Jurek, ein großer rothaariger Bursche, in der Rosenstraße abgeholt. Seine Wirtin hatte riesige Augen bekommen, als der Vierspänner mit den edlen Braunen vor ihrer Tür hielt. Wrangel informierte sie knapp, dass er über Nacht fort sein würde und sie sich nicht um ihn sorgen sollte, dann verschwand er in dem mit Samt und Leder ausgeschlagenen Fond der Kutsche.
    Ruth Abelson, in strengem Schwarz gekleidet, ließ bisher kaum ein Wort verlauten, von einer höflichen Begrüßung einmal abgesehen. Gerade hatten sie das Steintor passiert und fuhren nun am Richtplatz vorbei auf das den Wällen vorgelagerte neue Fortifikationswerk zu. Gestern war Wrangel hier noch zu Fuß entlanggegangen, als er Wilkens Landhaus am Luftgarten kurz vor Einbruch der Dunkelheit verließ. Da hatte er allerdings so gut wie nichts um sich herum wahrgenommen, noch nicht einmal den Regen, der sich in der Krempe seines Hutes wie in einer Regenrinne gesammelt hatte und schließlich als Rinnsal auf seinen Umhang floss.
    Auch heute war der Himmel von schwerem Grau verhangen,aber es regnete nicht. Vor dem Tor des Fortifikationswerkes gab es einen kleinen Stau. Wenigstens holperte es dadurch für eine Weile nicht. In Schaffelle gehüllte Bauern zogen an der Kutsche vorbei. Einer versuchte sogar, mit seinen Ziegen zu überholen, aber die Tiere scheuten vor den Pferden, vielleicht auch vor Jureks Peitsche, deren Ende bedrohlich durch die Luft kreiste. Schließlich musste der Bauer die nervösen Tiere wieder hinter die Kutsche treiben, sehr zum Ärger der nachfolgenden Leute, die ebenfalls zurückfielen. Flüche mischten sich unter das Gemecker der Ziegen, irgendwo bellte ein Hund.
    »Hoffentlich fahren wir bald weiter, dieser Tumult ist einfach nur lästig.« Ruth zupfte ungeduldig an ihrer schwarzen Pelerine.
    »Der Schweinemarkt wird bald zu Ende sein. Wer einen weiten Heimweg hat, der muss jetzt los, will er noch vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause kommen.«
    »Warum hat man nicht zwei Durchgänge, mit denen man die Kutschen von dem Fußvolk trennen könnte?«
    »Das wäre wohl dem Schutz, den diese Fortifikation zu leisten hat, abträglich. Je größer der Durchgang, desto schwerer sind die Verteidigung der Anlage und die Einnahme der Zölle. Schließlich dient sie dem Schutz und dem Einkommen der Stadt und nicht der Reisebequemlichkeit.« Wrangel war nicht nach Gespräch zumute, schon gar nicht nach nörgelndem Weibergeplänkel.
    »Ihr habt natürlich recht. Das habe ich in meiner Ungeduld nicht wohl bedacht. Aber es steht einer Frau ja auch nicht an, über den Rand ihres Rocksaumes hinauszudenken. Sie hat zu tun, was man ihr sagt, sie hat zu glauben, was man ihr als recht erklärt, und sie hat hinzunehmen, was andere für sie entscheiden.«
    Der schnippische Unterton in Ruths Stimme war selbst beidröhnendem Kopfschmerz kaum zu überhören. Wrangel tat es trotzdem.
    Bleiernes Schweigen füllte die Kutsche.
    »Aber ich bin Euch dankbar, dass Ihr der Bitte meines Vaters gefolgt seid und mir somit diese Reise ermöglicht. Ich hörte, dass Ihr den Weg eigentlich zu Fuß gehen wolltet. Welch eine Freiheit doch ein Mann hat, einfach so von einem Ort zum anderen zu ziehen, ohne zu fragen, ob es jemandem recht sei oder gar, ob es sich denn schicke. Will ich mich von hier nach dort bewegen, so bin ich auf die Hilfe vieler angewiesen.«
    »Es ist die Freiheit, sich Blasen zu

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