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Scharade der Liebe

Titel: Scharade der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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stehlen wollte, und weil Durban keinen Funken Verstand hat, hätte er auch noch ohne einen Laut zugelassen, dass der Dieb ihn mitnimmt.« Durban stand friedlich da und kaute Stroh. Der Dieb lag mitten im Stroh, und Gray lachte laut auf.
    »Du hast dir ein bisschen den Kopf angeschlagen, nicht wahr, du kleiner Narr? Komm her und lass mich dir noch ein paar Rippen zerquetschen!« Aber der Dieb bewegte sich nicht, er lag einfach nur so da. Gray trat zu ihm und zerrte ihn hoch. »Tritt mich noch einmal, und ich prügele dich durch ganz London!«
    Er schüttelte den Jungen.
    »Wage es nicht, einen Laut von dir zu geben!« Er schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Der Dieb sank zu Boden.
    »Das war doch nur ein leichtes Streicheln. Verdammt, steh auf!« Der Dieb rührte sich nicht.
    Dieser feige Kerl war doch wahrhaftig in Ohnmacht gefallen. Von dem kleinen Schubs in die Rippen? Von dem leichten Schlag auf den Kiefer? Er hatte ja noch nicht einmal angefangen, und da brach der Junge schon zusammen? Er hob ihn hoch, schüttelte ihn und schlug ihm ein paarmal ins Gesicht, aber der Dieb rührte sich nicht. Leblos hing er in seinen Armen. Gray ließ ihn wieder los.
    »Verdammt«, fluchte Gray und kniete sich neben den Jungen. Er zündete die Stalllaterne an und leuchtete ihm ins Gesicht.
    Noch bevor er ihn betrachten konnte, kam der Junge hoch, rammte seine Faust in Grays Gesicht und krabbelte dann hektisch weg.
    »Verdammter Junge«, rief Gray und rieb sich das Kinn. »Das habe ich mir gedacht. Du bist klein und dünn. Du hast keine einzige Bartstoppeln am Kinn und bist noch nicht einmal alt genug, um dich zu rasieren. Ich glaube, ich prügele dich auf die Straße. Das wird dich lehren, in den Stall eines Mannes einzubrechen und seine Pferde zu stehlen.« Er rieb noch einmal über sein Kinn. »Du hattest die Frechheit, mich zu schlagen«, sagte er und holte mit der Faust aus. Der Junge wich dem Schlag aus, aber Gray traf ihn an der Seite des Gesichts und am linken Ohr. Dann legte er ihm die Hände um den Hals und drückte zu. Der Junge packte seine Hände und versuchte, sie wegzuziehen. Als die Arme des Jungen schlaff heruntersanken, kam Gray zur Besinnung. Er schüttelte sich. Um Gottes willen, fast hatte er einen Jungen umgebracht, weil dieser in seinen Stall eingedrungen war und ein Pferd stehlen wollte. Er ließ von ihm ab und kniete sich hin. Der Junge lag einfach nur da, mit geschlossenen Augen, und sagte nichts.
    »Sag etwas, verdammt. Ich habe dich nicht umgebracht, ich kann dich atmen sehen. Du rappelst dich besser wieder auf, bevor ich dich persönlich in Newgate abliefere.«
    Der Junge lag immer noch da und sagte nichts. Er hob die Hände und begann, sich den Hals zu reiben. Dann schlug er die Augen auf und sagte: »Ich glaube, Ihr habt mir etwas gebrochen.«
    »Du hättest es verdient, aber ich habe keine von deinen verdammten Rippen gebrochen. Ich habe dir doch nur einen kleinen Schubs gegeben. Jammer nicht und steh auf. Du wolltest immerhin ein Pferd stehlen, da ist eine gebrochene Rippe das Mindeste, was du verdienst, und dabei habe ich dir noch nicht einmal eine gebrochen. Betrachte es einfach als den Beginn der Strafe für den heutigen Abend.«
    Gray schwieg auf einmal. O nein, dachte er. O nein. Er hob die Laterne und leuchtete dem Jungen ins Gesicht. Der Junge versuchte, sich abzuwenden, aber Gray hielt ihn fest und sagte langsam: »Na, zum Teufel. Du bist Jack, nicht wahr? Du bist doch der Kammerdiener meiner Großtanten! Warum wolltest du mein Pferd stehlen? Los, du kleiner Dreckskerl, antworte!« Er hob die Hand und ballte sie zur Faust. Die Haut an den Knöcheln war abgeschürft. Er hatte sich an dem kleinen Bastard die Knöchel verletzt. Das war nicht gerecht.
    »Ja, ich bin Jack.« Mit diesen Worten drehte der Junge sich um und übergab sich ins Stroh. »Im Übrigen bin ich überhaupt nicht verrückt. Ich wünschte, die Tanten hätten Euch nichts dergleichen erzählt.«
    »Nun, sie haben es aber erzählt, und langsam beginne ich zu verstehen, warum. Sie haben gemeint, du seist lebhaft. Dass du auch ein Dieb bist, haben sie allerdings nicht erwähnt.« Gray hockte sich hin. Er zog ein Taschentuch aus der Jackentasche und reichte es dem Jungen. »Hier, mach dich sauber. Ich will nicht, dass du stinkst, wenn ich dich nach Newgate bringe. Wenn dein Verhalten ein Beispiel dafür ist, was die Tanten gemeint haben, dann bist du ziemlich verrückt. Und auch noch dumm, wenn du glaubst, du kämest damit durch,

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