Scharade der Liebe
»Maria, meine Stieftochter zeigt ihre schlechten Manieren. Vergib ihr. Ich bringe dich nach Hause..« Er warf seine Serviette auf den Tisch, nickte Gray zu und verließ mit Mrs. Finch das Esszimmer.
Gray blickte über das hübsche weiße Tischtuch zu Jack hinüber. Er seufzte. »Ich vermute, wir beide haben auch etwas zu besprechen.«
»Vergib mir, dass ich dir nicht gehorcht habe, Gray, aber ich möchte nicht, dass du allein mit meinem Stiefvater redest. Er ist eine Schlange. Ich traue ihm nicht. Es würde mich nicht überraschen, wenn er sein Stilett zöge und versuchte, dich zu erstechen. Nein, ich werde dich nicht allein in seiner Nähe lassen. Das kann ich nicht, nicht nachdem du Georgie gerettet hast.« Sie verschränkte die Arme über der Brust und blickte ihn entschlossen an.
Er aß einen weiteren Bissen von Mr. Potts Shropshire-Pudding. Er hatte nicht an Brandy gespart. Seine Zunge war schon ganz taub. »Ich will deine verdammte Dankbarkeit nicht, Jack.« Er faltete die Hände über dem Bauch. »Du wirst das wahrscheinlich nicht verstehen, aber ich sage es dir trotzdem. Dankbarkeit von einer Frau zerschmettert einen Mann, vor allem wenn dieser Mann ihr Gatte ist.«
»Das ist schlecht, weil sie dir jetzt dein Leben lang gehört. Ich wäre doch ein seltsamer Mensch, wenn ich keine Dankbarkeit empfinden würde. Ich habe nicht vor, dich zu zerschmettern, Gray. Was wolltest du mit Sir Henry denn besprechen?«
Er schob seinen Teller beiseite. »Willst du mir vertrauen, Jack?«
»Nur, wenn ich dir eine Pistole mitgeben kann.«
Lachend schüttelte er den Kopf. »Ja, gib mir eine Pistole und lass mich mit deinem Stiefvater allein. Ich habe einen Plan, aber ich bezweifle, dass er funktionieren würde, wenn du dabei wärst. Es ist mein einziger Plan, einen anderen, der uns beide einschließt, gibt es nicht. Also, vertraust du mir?«
»In Ordnung, aber ich werde mir Sorgen machen, bis du heil wieder bei mir bist.«
Er stand auf, trat zu ihr und ergriff ihre Hand. »Komm schon. Ich gehe jetzt mit dir noch einmal zu Georgie, und dann möchte ich, dass du ein wenig schläfst. Wenn ich mit deinem Stiefvater fertig bin, komme ich zu dir.«
»Ich habe Angst«, erwiderte sie. »Du kennst ihn einfach nicht so gut wie ich. Er ist zu allem fähig.«
Er küsste sie aufs Ohr. »Gib mir eine Chance, mit ihm fertig zu werden, Jack. Vertrau mir.«
Dolly wickelte Georgie gerade in ein frisches heißes Tuch. Die Luft im Kinderzimmer war schlecht. Gray hätte am liebsten die Fenster geöffnet, wusste aber, dass das wahrscheinlich unklug war. Aber wenn er in diesem Zimmer hätte schlafen müssen, wäre er allein von der Luft schon krank geworden.
Eine halbe Stunde später lag Georgie in ein heißes Tuch eingewickelt auf einer Matratze vor dem Kamin im Eichenzimmer.
»Ja«, sagte Jack, »das war eine großartige Idee. Wenn sie jetzt aufwacht, bin ich gleich da, um ihr zu helfen, und ich brauche mir keine Sorgen zu machen.«
Jack saß auf dem Fußboden neben ihrer schlafenden Schwester, die Arme um die Knie geschlungen. Er küsste sie auf das linke Ohr, strich leicht mit den Fingern über ihren Nacken, und dann wandte er sich zum Gehen. »Vergiss deine Pistole nicht«, rief sie hinter ihm her. Nachdenklich ging er aus dem Zimmer. Noch nie in seinem Leben hatte sich jemand um ihn wirklich Sorgen gemacht. Niemand. Er merkte, dass ihm das Gefühl gefiel. Er kam sich so vor, als sei er äußerst wichtig im Leben eines anderen Menschen - und das war er ja auch.
Sir Henry saß in seiner Bibliothek, trank Brandy und wartete auf ihn.
»Lebt sie noch?«
»Ja«, erwiderte Gray. »Sie war die ganze Zeit über nicht in akuter Gefahr. Offensichtlich seid Ihr nervös geworden, Sir Henry, aber das ist nicht mehr von Bedeutung. Ich bin froh, dass Jack und ich so rasch hierher kommen konnten. Dr. Brace ist erfreut und denkt, dass sie wieder ganz gesund wird.«
Sir Henry grunzte und tippte die Fingerspitzen aneinander. »Und Ihr, Mylord? Seid Ihr auch erfreut?«
Gray zuckte mit den Schultern und betrachtete prüfend seine Fingernägel. »Das Kind hat für mich genauso viel Wert wie für Euch.«
»Laut Dr. Brace habt Ihr Georgies Heilung sehr beschleunigt, ihr vielleicht sogar das Leben gerettet, da sie den Schleim in ihren Lungen nicht allein abhusten konnte.«
»Jack hat von mir erwartet, dass ich eingreife. Dem kleinen Mädchen geht es jetzt gut. Wenn ich Jack in ein paar Tagen wieder mitnehme, wird sie keine gramgebeugte Ehefrau
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