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Scharade der Liebe

Titel: Scharade der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Sir Henry und Mrs. Finch sind zurückgekommen. Bitte, wartet hier.«
    Während Gray wartete, überdachte er den möglichen Handlungsverlauf - eine Faust auf Sir Henrys Kinn, ein Knie in die Nieren, einen Arm um seinen Hals. Nein, wenn er eine dieser befriedigenden Möglichkeiten anwendete, dann musste Jack zumindest vorher aussuchen, was ihr am liebsten wäre.
    Sir Henry hatte sie drei Tage lang in ihrem Schlafzimmer eingesperrt? Erstaunlich, dass so etwas immer noch möglich war. Gray fand es seltsam, dass er sie noch nicht einmal seit drei Wochen kannte. Vielleicht war es sogar noch seltsamer, dass er sie in dieser kurzen Zeit bereits so lieb gewonnen hatte. Sie zeigte einen Kampfgeist, der ihm gefiel.
    Er betrachtete das Porträt einer sehr hübschen jungen Frau über dem Kamin. Sie konnte nicht älter als fünfundzwanzig gewesen sein, als das Porträt gemalt worden war. Ihre Kopfform erinnerte ihn ein wenig an Jack. Wahrscheinlich war es ihre Mutter. Die Frau sah exotisch aus mit ihren dunklen Haaren, dem golden schimmernden Teint und den braunen Augen. Jack dagegen war blond, blauäugig und hatte weiße Haut. Es gab kein Porträt von Thomas Bascombe, Jacks Vater. War er genauso hellhäutig wie Jack gewesen? Wahrscheinlich.
    Als er schwere Schritte hörte, drehte Gray sich um. Die Tür ging auf, und Sir Henry trat ein. Hinter ihm kam eine ältere Dame ins Zimmer, die auffallend und sehr selbstsicher wirkte. Sie war fast so groß wie Sir Henry, hatte einen mächtigen Busen, trug ein wunderschönes dunkelblaues Seidenkleid und sah so aus, als wüsste sie, wie man mit einem Mann umgeht.
    »Mylord«, sagte Sir Henry, nachdem er Gray einen Augenblick lang starr angeblickt hatte, »das ist Mrs. Finch. Maria, das ist Lord Cliffe, der Gatte meiner Stieftochter.«
    Gray beugte sich über ihre Hand. Sie schenkte ihm ein Lächeln, das ihn, wäre er in einem Bordell auf der Suche nach einer erfahrenen Frau gewesen, auf der Stelle hätte hart werden lassen.
    »Eure Nachricht, Sir Henry, hat uns in Brighton erreicht. Jack ist oben bei ihrer Schwester.«
    »Ach ja«, sagte Mrs. Finch und streifte ihre Handschuhe ab, während sie an die Anrichte trat, »das arme kleine Geschöpf. Nun gut, wahrscheinlich ist es am besten so, Sir Henry. Möchte jemand einen Brandy?«
    Sir Henry nickte. Gray schüttelte den Kopf.
    »Wer ist Jack?«, fragte Mrs. Finch, während sie Sir Henry das Brandyglas in die Hand drückte.
    »Jack ist meine Frau und Sir Henrys Stieftochter.«
    »Ach? Ich dachte, ihr Name sei Winifrede?«
    »Die Dinge ändern sich«, erwiderte Gray. »Jetzt heißt sie Jack.«
    »Wie scheußlich«, meinte Mrs. Finch und lachte, um ihrer Bemerkung die Schärfe zu nehmen. Es gelang ihr jedoch nicht.
    »Wen kümmert das schon?« Sir Henry kippte seinen Brandy hinunter. Er wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. »Wer oder was sie jetzt ist, ist mir gleichgültig.«
    Mrs. Finch rückte ein bisschen näher an Gray heran. »Ich habe gehört, Ihr habt gerade erst geheiratet?«
    »Ja«, erwiderte Gray. Er betrachtete eingehend seine Fingernägel, dann wandte er sich wieder an Mrs. Finch. »Wie Ihr bereits sagtet, Mrs. Finch, das arme kleine Geschöpf.«
    »Ich wünschte, sie wäre krank geworden, als sie bei meiner Schwester in York war«, gestand Sir Henry. »Ich schätze es nicht, wenn die Dienstboten so überlastet sind. Alles ist durcheinander geraten. Mein Essen kommt zu spät. Mein Kammerdiener hat mich heute früh geschnitten, als er mich rasierte. Ich mag das nicht. Es ist nicht gerade gemütlich.«
    Gray lächelte. »Ich kann mir vorstellen, wie es Euch gestört hätte, wenn er Euch die Kehle durchgeschnitten hätte.«
    »Vermutlich wollt Ihr und Winifrede hier bleiben, bis das kleine Mädchen entweder stirbt oder wieder gesund wird?«
    »Ja, wenn es Euch nicht weitere Unannehmlichkeiten bereitet.«
    »Doch, aber das scheint ja wohl niemanden zu kümmern. Dieser alte Trottel Darnley strahlt vor Freude, weil Winifrede wieder hier ist. Und Mr. Potts bereitet wahrscheinlich ihretwegen ein köstliches Essen vor.«
    »Ich habe gehört, dass Dr. Brace sich optimistischer über die Verfassung des Kindes äußert als Ihr?«
    Sir Henry zuckte mit den Schultern. »Brace ist ein Idiot. Ich habe gehört, wie das Kind sich die Seele aus dem Leib gehustet hat. Wenn sie daran nicht stirbt, dann grenzt es an ein Wunder.«
    Gray hätte dem Mann liebend gern die Faust in den Mund gerammt.
    »Mylord«, warf Mrs. Finch ein, »Ihr und

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