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Scharade der Liebe

Titel: Scharade der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Lächerliches gehört. Nein, er wollte ihr doch sicher nur sagen, dass er sie nicht mehr wollte oder dass er eine Geliebte hatte oder -ja, das musste es sein - dass er nicht wollte, dass Georgie bei ihnen wohnte. Mit all diesen Dingen würde sie umgehen können.
    »Du bist meine Halbschwester.«
    Seine was? Halbschwester? Das konnte sicher nicht stimmen.
    »Das ergibt doch keinen Sinn.«
    »Genau das hätte ich auch beschworen. Aber jetzt glaube ich ihm. Was er sagte, klang überzeugend. Es ist genau das, was Thomas Levering Bascombe - dein Vater - ihm erzählte.«
    Sie erhob sich langsam von ihrem Stuhl. Mit den Händen stützte sie sich am Tisch ab.
    »Das ist lächerlich. Ich glaube es nicht. Ich weigere mich, es zu glauben.«
    »Dein Vater wollte dich Graciella nennen. Das hast du mir selbst erzählt. Und der Grund dafür war, dass ich Grayson hieß. Er wollte, dass unsere Namen sich gleichen. Deine Mutter zog Winifrede vor. Wusste sie von mir? Lord Burleigh hatte keine Ahnung.«
    »Ich soll glauben, dass mein Vater mit einer hochrangigen Lady geschlafen hat, sie geschwängert und sie dann nicht geheiratet hat? Mein Vater war ein ehrenhafter Mann. So etwas hätte er nie getan!«
    »Offenbar haben sich dein Vater und meine Mutter ineinander verliebt. Er wurde in die Kolonien geschickt, um den Frieden zwischen den Kolonien und England auszu-handeln. Er erfuhr erst bei seiner Rückkehr, dass meine Mutter schwanger gewesen war, weil sie da bereits ein Kind hatte - mich. Sie hatte den Mann geheiratet, dessen Titel ich nun trage. So sehr ich meinen Vater auch verachtet habe, so ist es doch nicht rechtens, dass ich, der ich keinen Tropfen seines Blutes in mir trage, jetzt alles besitze, was einmal ihm gehörte.« Er runzelte die Stirn. »Nein, das nehme ich zurück. Wenn man bedenkt, wer und was er war, dann verdient er es, in der Hölle zu schmoren. Jeder Mann hätte seinen Titel haben können, und das wäre besser gewesen.«
    Jack sagte: »Zeig mir irgendeinen Beweis dafür, dass es wahr ist.«
    »Es gibt nichts Schriftliches. Es gibt nur Lord Burleighs Wort.«
    »Und du glaubst, was er dir erzählt hat?«
    »Ja. Ich wollte es eigentlich nicht, aber gestern Nacht ist mir klargeworden, dass es die Wahrheit ist, einfach die Wahrheit, und ich kann nicht so tun, als wäre es nicht geschehen oder als könnte es verborgen bleiben.«
    Jack richtete sich auf und trat zwei Schritte zurück. »Ich verstehe«, sagte sie langsam. »Ja, ich verstehe jetzt alles. Du hast dich die ganze Nacht über damit herumgeschlagen. Und heute Morgen bist du als Philosoph daraus hervorgegangen. Nun, ich hatte noch nicht die Zeit, die du dir genommen hast, Gray, die Zeit, gründlich darüber nachzudenken. Ich gehe jetzt. Ich gehe, um nach Georgie zu sehen, und dann fahre ich mit ihr zum Parthenon, um einzukaufen. Ich will ihr ein rosa Band für ihre Haare schenken.«
    »Wir müssen Entscheidungen treffen, Jack.«
    »Du bist vorausgeeilt, Gray. Jetzt bin ich an der Reihe. Wir werden morgen noch einmal darüber reden. Vielleicht komme ich ja auch als Philosophin zurück.«
    27
    Es war acht Uhr, als Jack an diesem Abend in sein Arbeitszimmer trat. Die Vorhänge waren zugezogen, und im Kamin brannte ein kleines Feuer, das gelegentlich die Dunkelheit mit seinem orangefarbenen Schein erhellte.
    Gray saß hinter seinem Schreibtisch, den Kopf auf den Armen.
    Sie trat zu dem großen Leuchter, der auf seinem Schreibtisch stand, und zündete die Kerzen an. Er schlief weiter.
    »Gray.«
    Er hörte seinen Namen, ausgesprochen von einer Stimme, die er nicht kannte.
    »Gray.«
    Jetzt war die Stimme lauter. Auch hart und kalt. Langsam öffnete er die Augen. Als er aufblickte, sah er Jacks Gesicht im Kerzenschein.
    »Hallo«, sagte er. »Ich bin vermutlich eingeschlafen.«
    »Offensichtlich.«
    »Ich habe geträumt, ich hätte eine barsche Stimme gehört. Ich habe mich also nicht geirrt. Mir war nur nicht klar, dass du es warst.«
    Er fand also, ihre Stimme hätte hart geklungen. Eigentlich fühlte sie sich überhaupt nicht hart. Sie fühlte sich eher so zerbrechlich wie ein Spiegel - noch ein Sprung, und sie würde in so viele Einzelteile zerbersten, dass sie nie wieder heil werden würde. Aber sie wusste ganz genau, so genau, wie sie selten etwas in ihrem Leben gewusst hatte, dass er sie jetzt für hart und entschlossen halten musste. Wenn er sie durchschaute, würde sie zusammenbrechen. Sie holte tief Luft und sagte: »Ich bin zu dir gekommen, um dir meinen

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