Scharade der Liebe
was ich getan hatte. Er kümmerte sich um alles.
Ich weiß noch, dass Lord Pritchert, der Magistrat, kam, um mit mir zu sprechen. Jeffrey und alle anderen Dienstboten standen mir bei. Aber ich hatte nichts zu befürchten. Offensichtlich wussten alle, was für ein Mann mein Vater gewesen war. Er wurde weder bewundert noch geachtet. Wahrscheinlich haben ihn alle gehasst, obwohl das nie jemand mir gegenüber erwähnte.
Lord Pritchert bat mich nur, ihm zu erzählen, was vorgefallen war. Er wollte noch nicht einmal mit meiner Mutter sprechen. Er klopfte mir einfach auf die Schulter und ging wieder.
Es war alles ziemlich rasch vorüber. Ich hatte meinen Vater getötet, und am nächsten Tag wurde er schon beerdigt. Von diesem Augenblick an hatte meine Mutter den Verstand verloren.
Lord Burleigh kam zur Beerdigung. Er saß neben meiner Mutter. Sie schwieg in jenen Tagen vor und nach der Beerdigung, und ich glaube, sie hat kein einziges Wort zu ihm gesagt. Lord Burleigh kümmerte sich darum, dass ich nach Eton und dann nach Oxford ging, er führte mich in die Londoner Gesellschaft ein und auch als Mitglied in seinen Clubs. Und kein einziges Mal, bis gestern, erwähnte er nur mit einem Wort, dass dieser Mann mich nicht gezeugt hatte. Wahrscheinlich dachte er, es sei besser, einen Dreckskerl zum Vater zu haben, als ein Bastard zu sein. Und natürlich hätte ich auch, wenn es jemals herausgekommen wäre, meinen Titel und meinen Besitz verloren.«
Jack löste sich von ihm. Sie blickte ihn an und fuhr mit den Fingerspitzen über seine Wange. »Du warst ein tapferer Junge. Du hast der Gewalt, der endlosen Grausamkeit dir und deiner Mutter gegenüber, ein Ende gesetzt. Du bist ein fabelhafter Mensch geworden. Du bist mein Ehemann, nicht mein Bruder.
Wir fahren nach Malton und besuchen deine Mutter. Wir werden alles tun, um es zu beweisen.«
»Und wenn du schwanger bist, Jack?«
»Bis wir das wissen, wissen wir auch, dass wir keineswegs miteinander verwandt sind, und dann freuen wir uns einfach.«
Er betrachtete sie staunend. Plötzlich dachte er, dass sie vielleicht Recht haben könnte. Er hatte Lord Burleighs Hand gehalten, seinen gequälten Worten gelauscht und alles, was er gesagt hatte, als Wahrheit hingenommen. Er hatte einfach aufgegeben. Er hatte nichts in Frage gestellt, wie Jack es getan hatte.
Er lächelte sie schief an. »Wie alt bist du eigentlich, Jack? So jung kannst du doch gar nicht mehr sein?«
Sie lachte.
»Frauen kommen schon klüger auf die Welt als Männer. Das musst du einfach akzeptieren, Gray.«
Horace und Dolly fuhren zusammen in der zweiten Kutsche und genossen es sehr, zusammen zu sein. Georgie verbrachte jeweils die Hälfte der Zeit in jeder Kutsche, wobei Jack erschöpft lachend zugab, dass sechs Stunden in einem geschlossenen Raum mit einem fünfjährigen Mädchen ihr vor der Zeit graue Haare bescheren würden. Gray dagegen entdeckte, dass graue Haare vielleicht gar nicht so schlecht wären. Jetzt lächelte Georgie ihn an. Er hatte sich dieses Lächeln verdient. Er hatte ohne Unterbrechung eine Stunde und zwölf Minuten lang mit ihr gespielt und sich nicht ein einziges Mal Kopfschmerzen geleistet wie Jack. Georgie hatte seine Hand ergriffen, sie an ihre Wange gelegt und gesagt: »Ich mag P-P-Porridge.«
Gray hatte auf seine Hand geblickt, den Kopf schräg gelegt und gefragt: »Meine Hand fühlt sich also an deiner Wange wie Porridge an?«
Georgie hatte gelacht. »I-Ich m-mag P-P-Porridge mit Honig.« Seine Frage hatte sie nicht beantwortet. Nachdem sie drei Krähen beobachtet hatte, die gerade über die Bäume flogen, war sie auf seinem Schoß eingeschlafen.
Wenn Georgie nicht gewesen wäre, hätte er nicht gewusst, wie Jack und er die Reise überstanden hätten. Wäre Gray katholisch gewesen, wäre er sich vorgekommen wie im Fegefeuer: Im einen Augenblick war er von größter Hoffnung erfüllt, und im nächsten erdrückten ihn wieder die Schatten, und er hatte das Gefühl, er könne ihnen nie wieder entkommen.
Die Nächte verbrachten sie in Gasthäusern. Jack schlief bei ihrer kleinen Schwester und Dolly in einem anderen Zimmer. Sie sagte nie etwas, ergriff nur Georgies Hand und ging mit ihr weg. Jeden Abend war er unglaublich erleichtert und zugleich so wütend wie noch nie zuvor. Er hätte am liebsten wild um sich geschlagen. Horace war immer da. Er sagte wenig, aber Gray war dankbar für seine Anwesenheit und seine Unterstützung. In den Nächten lauschte Gray auf Horaces ruhigen
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