Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Scharade der Liebe

Titel: Scharade der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
nachgedacht, wie er ein Teil deines Lebens werden könnte. Er wollte es so sehr. Er sagte mir, dass er dir so gern vermitteln wollte, dass er ein Mann war, dem du vertrauen und auf den du dich verlassen konntest, wenn du jemals in die Lage kämest, ihn zu brauchen. Er wusste alles über dich. Er hat mir von deinen Erfolgen in Eton erzählt. Aber dann starb er, und es gab keine Gelegenheit mehr für ihn.
    Ich wurde Winifredes Vormund. Nichts änderte sich, als ihre Mutter wieder heiratete. Thomas hatte Recht behalten - Sir Henry Wallace-Stanford ist ein jämmerliches Exemplar von einem Mann.
    Es tut mir Leid, Gray. Es bereitet mir großen Kummer. Der Mann, den du für deinen Vater gehalten hast, starb. Dein wirklicher Vater, ein Mann, den du niemals kennen gelernt hast, starb ein Jahr später.« Lord Burleigh schloss wieder die Augen. Er schluckte. Gray hielt seinen Kopf und träufelte ihm Wasser zwischen die Lippen. Schweigend warteten sie beide.
    »Es tut mir so schrecklich Leid, Gray. Die ganze Angelegenheit war eine Tragödie.«
    »Ihr weigert Euch, es auszusprechen, Mylord«, sagte Gray. »Ihr müsst Euch der Tatsache stellen, denn ich habe es auch getan. Ich habe mich ihr vor Jahren schon gestellt. Und ich würde es ohne zu zögern wieder tun. Der Mann, der sich als mein Vater bezeichnete, starb nicht nur einfach.«
    »Thomas Bascombe wusste nichts davon. Ich wollte ihm nichts erzählen. Und deine Mutter hat es sicherlich auch nicht getan.« Und dann war Lord Burleigh ganz plötzlich eingeschlafen.
    Gray hatte die Augen geschlossen. Er lauschte dem leisen Plätschern des Wassers. Das Gras wurde langsam feucht. Es war ihm egal.
    Er hatte seine Halbschwester geheiratet. In der vergangenen Nacht hatte er viermal mit ihr geschlafen.
    Und wenn sie nun schwanger geworden war?
    Diese Erkenntnis, die ihn noch einen Tag zuvor vor Stolz hätte platzen lassen, ihn mit größter männlicher Befriedigung erfüllt hätte, zerschmetterte ihn jetzt. Nein, Jack konnte nicht schwanger sein. Sie konnte kein Kind von ihm erwarten.
    Er schlug die Hände vors Gesicht. Er lauschte auf die nächtlichen Geräusche - das Rascheln der Blätter im Nachtwind, der entfernte Ruf eines Kutschers, ein einsamer Ruderer auf dem stillen Fluss.
    Stunden vergingen. Er erhob sich, als die Sonne aufging. Seltsam, wie seine Welt zu einem Ende gekommen war und doch für jeden anderen auf dieser Welt ein neuer Tag begann. Er ging nach Hause und hatte gerade den Fuß auf die erste Stufe gesetzt, als die Haustür aufflog und Quincy herausgestürmt kam.
    »Mylord! O Gott, Mylord! Was ist geschehen? Geht es Euch gut? O du meine Güte, wie Ihr ausseht, schmutzig und nass, Eure schönen Stiefel voller Schlamm, und was ...«
    Quincy brach ab. Ganz sanft ergriff er seinen Herrn am Arm und führte ihn in die Eingangshalle. »Kommt in Euer Arbeitszimmer. Dort ruht Ihr Euch aus, und ich bringe Euch einen Brandy.«
    Quincy führte Gray, als sei er noch ein kleiner Junge, in sein Arbeitszimmer. Dort setzte er ihn hin und trat zur Anrichte, um ihm einen Brandy einzuschenken.
    »Nein, keinen Brandy, Quincy«, sagte Gray und hob abwehrend die Hand. »Weißt du nicht, dass Brandy auf einmal so kalt schmeckt? Es stimmt. Ich habe gestern zwei Brandys getrunken, und er war kalt und hart in meinem Magen.«
    »Schon gut, Mylord. Dann mache ich Euch Frühstück und eine schöne Tasse Tee.«
    »Nein, Quincy, danke.« Er stand wieder auf. »Ich muss nach oben gehen. Ich muss.« Dann blieb er abrupt stehen. Jack war oben, wahrscheinlich schlief sie noch in seinem Bett. Ob sie sich wohl Sorgen wegen seiner Abwesenheit gemacht hatte?
    Natürlich hatte sie das.
    »Wie spät ist es, Quincy?«
    »Es ist sieben Uhr in der Früh, Mylord.«
    Er ging zu der breiten Treppe. Quincy blieb in der Eingangshalle stehen und sah ihm besorgt und verwundert nach. Aber was hätte Gray ihm schon sagen können?
    Ich gehe nach oben, um mit meiner Frau zu schlafen, die zufällig auch meine Halbschwester ist?
    Er lachte. Er grinste immer noch, als Horace ihm im Flur entgegenkam.
    26
    »Kommt, Mylord«, sagte Horace, ergriff ihn am Arm und führte ihn ins Ankleidezimmer.
    »Soll ich wieder ein Bad nehmen, Horace?«
    »Ihr braucht dringend eins.«
    Dieses Mal sagte Horace nichts, bis Gray in der dampfenden Badewanne saß.
    »Letzte Nacht war hier der Teufel los, Mylord. Ihre Ladyschaft ist durchs ganze Haus gelaufen, hat in jedes Zimmer geschaut und alle nach Euch gefragt. Ich habe mich im Keller mit einem

Weitere Kostenlose Bücher