Scharade
zarten Kern verbergen, den sie bei sehr wenigen Menschen zu erkennen gab. Alex gehörte dazu.
Sie sah ihn mit einem bedeutsamen Blick an. »Sag, wie geht es dir wirklich?«
»Bestens, echt.«
»Sehnsucht nach deinem Job?«
»Nein.«
»Ich weiÃ, daà dir die Politik und der ganze Scheià nicht fehlen. Aber was ist mit der Action?«
»Neuerdings kriegen meine Hauptfiguren die Kugeln ab.«
»Hauptfiguren?«
»Ja...« Er wirkte verlegen. »Ich hab ein biÃchen geschrieben.«
»Kein ScheiÃ?« Sie schien beeindruckt. »Schreibst ein Buch, in dem du über die Arbeit bei einem groÃen Polizeirevier auspackst?«
»Eigentlich eher Romane. Aber die Geschichten basieren schon auf eigenen Erlebnissen.«
»Und wie läuftâs?«
»Veröffentlichungen?« Er schüttelte den Kopf. »Das wird wohl noch dauern. Wennâs überhaupt je was wird.«
»Du schaffst es.«
»Ich weià nicht. Mein bisheriger Karrierekurs sieht nicht gut aus.«
»Du schaffst es. Ich drücke dir auf jeden Fall die Daumen.« Dann fragte sie: »Gehst du mit jemandem?«
»Du meinst mit einer Frau?«
»Natürlich mit einer Frau. Es sei denn, du hast das Lager gewechselt.«
»Nein und nein. Da läuft im Moment nichts.«
Sie musterte ihn mit einem kritischen Blick von oben bis unten. »Sollte es aber vielleicht besser. Deine Klamotten sind nicht die neuesten...«
»Was stimmt denn nicht damit?«
»Das Hemd könnte mal wieder gebügelt werden.«
»Es ist frisch gewaschen. Genau wie meine Jeans.«
»Für mich sieht es so aus wie damals, als du ausgestiegen bist. Schlampig.«
»Das hat damit zu tun, daà ich mein eigener Boà bin. Ich ziehe an, was bequem ist, und wenn ich keine Lust habe, mich zu rasieren, dann lasse ich es bleiben.«
»Du bist dürr wie eine Vogelscheuche«, bemerkte sie.
»Ich bin durchtrainiert.«
Sie zog skeptisch eine Augenbraue nach oben.
»Also gut, mich hat es in Mexiko erwischt. Hab mir die Seele aus dem Leib gereihert. Hab noch nicht wieder mein altes Gewicht zurück.«
Ihr Blick verriet ihm, daà sie ihm das nicht glaubte.
»Hör zu, mir geht es bestens«, beharrte er. »Manchmal vergesse ich zu essen, das ist schon alles. Ich fange abends an zu schreiben, und dann bricht schon mal der nächste Tag an, ehe ich merke, daà ich gar nichts zu Abend gegessen habe. Lieber zu schlafen, als zu essen, ist eine Gefahr meines neuen Berufs.«
»Und das Trinken auch, wie ich gehört habe.«
Alex wandte rasch den Kopf ab und sagte zögernd: »Ich habâs im Griff.«
»Das habe ich nicht gehört. Vielleicht solltest du dich ein wenig zurückhalten.«
»Ja, Mutter.«
»Hör zu, Arschloch, ich betrachte mich als deine Freundin. Und davon hast du nicht so viele, um dumme Sprüche zu machen.« Sie klang sowohl beleidigt wie besorgt. »Schätzchen, ich habe gehört, daà du sogar Aussetzer hast.«
Dieser verdammte Tratsch am Gericht. Er hatte hier nichts mehr zu tun, dennoch zerrissen sich die Leute weiterhin das Maul über ihn. »Schon eine ganze Weile nicht mehr«, log er.
»Ich habe deine Liebesaffäre mit Johnny Walker nur erwähnt, weil ich mir Sorgen um dich mache.«
»Da bist du aber die einzige hier.« Als er sein Selbstmitleid
hörte, rià er sich zusammen. »Ich weià es zu schätzen, Linda. Ich weià ja selber, daà ich ein biÃchen ausgerastet bin nach all dem ScheiÃ, aber jetzt bin ich wieder auf dem Damm. Ehrlich. Vergià einfach, was sich die Leute so an dummem Zeug über mich erzählen.«
Die Gerichtsangestellte bedachte ihn mit einem skeptischen Blick, lieà das Thema dann aber fallen. »Und was treibt dich heute hierher?«
»Dachte, ich könnte vielleicht eine Idee für ein Buch aufschnappen. Der bevorstehende Reyes-Prozeà könnte was hergeben.«
Die Gerichtsdienerin kniff miÃtrauisch die Augen zusammen. »Gibt es einen besonderen Grund, warum du dir den Reyes-Prozeà ausgesucht hast?«
Alex hatte diesen interessanten Fall schon seit Monaten verfolgt. »Hat alles, was ein spannender Roman braucht«, antwortete er. »Verbotener Sex. Religion. Ein Liebespaar, das vom Ehemann der Frau in flagranti erwischt wird. Ein Baseballschläger als Tatwaffe â viel dramatischer als eine Kugel
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