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Scharade

Scharade

Titel: Scharade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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übrigen Biker der Gang hätten sich gewundert, wenn sie gewußt hätten, daß er einen Abschluß in Literaturwissenschaften an einer renommierten Universität abgelegt hatte. Unter ihresgleichen war Intelligenz und Wissen aus Büchern verpönt. Je weniger sie über ihn wußten, desto besser.
    Und auch Kismet redete nicht gern über ihre Vergangenheit vor ihrer Zeit mit Zyklop. Sie hatte das Thema von sich aus nie angesprochen, und er hatte nicht danach gefragt.
    Wie verwandte Seelen hatten sie einander an der Ruhelosigkeit erkannt, die ihnen beiden gemeinsam und eher eine Flucht als ein Ziel war. Beide liefen sie vor einer Situation weg, die sie nicht länger hinnehmen konnten.
    Vielleicht hatten sie, ohne es zu wissen, einander gesucht. Vielleicht war ihre Suche nun beendet. Eine Vorstellung, die ihm sehr gut gefiel, und er hielt sie in seinen Tagträumen aufrecht.
    Als er sie das erste Mal sah, hatte sie ein geschwollenes blaues Auge und eine aufgeplatzte Lippe gehabt.
    Â»Was glotzt du denn so?« fragte sie gereizt, als sie seine Blicke bemerkte.
    Â»Hab mich gefragt, wer das getan hat.«
    Â»Was schert’s dich?«

    Â»Na ja, vielleicht willst du ja, daß ich dem Scheißkerl ’nen ordentlichen Denkzettel verpasse.«
    Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß und schnaubte verächtlich. »Du?«
    Â»Ich bin zäher, als ich aussehe.«
    Â»Klar, und ich bin die verdammte Königin von Saba. Außerdem kann ich schon allein auf mich aufpassen.«
    Doch es hatte den Anschein, als könne sie das nicht. Einige Tage später wiesen ihr Gesicht und Oberkörper erneut Schrammen und Schwellungen auf. Inzwischen hatte er erfahren, daß sie zu Zyklop gehörte, dem Anführer der Biker-Gang, der seinen Spitznamen wegen seines Glasauges hatte.
    Doch dieses Handicap minderte seine Bösartigkeit nicht. Sein gesundes Auge war ebenso kalt und leblos wie das aus Glas. Wenn er seinen stechenden Blick auf jemanden richtete, der es sich mit ihm verscherzt hatte, dann fiel sein künstliches Auge, das leicht schielte, kaum auf.
    Zyklop wurde hinter seinem Rücken nur der »Mischling« genannt, weil niemand genau wußte, was außer mexikanischem und indianischem Blut noch in seinen Adern floß. Wahrscheinlich wußte Zyklop es selber nicht. Und es war zweifelhaft, ob er sich überhaupt dafür interessierte.
    Er war dunkelhäutig, geschmeidig und zäh wie Leder. Seine Waffe war das Messer. Wäre da nicht Kismet gewesen – Sparky wäre ihm tunlichst aus dem Weg gegangen.
    Doch unglücklicherweise hatte sich das Schicksal eingemischt. Vom ersten Moment an fühlte er sich magisch angezogen von Kismets üppiger Figur, ihren dunklen Augen, ihrer wilden Lockenmähne. Er hatte instinktiv auf die Furcht und Verletzlichkeit reagiert, die er hinter ihrem trotzigen Blick und ihrer feindseligen Art erkannte. Und auf wundersame Weise fühlte sie sich ebenso zu ihm hingezogen.
    Er hatte nie direkt etwas unternommen, noch je die Einladung
ausgesprochen, mit ihm zu fahren. Doch sie mußte seine indirekten Signale erkannt haben. Eines Morgens stieg sie einfach hinter ihm auf sein Motorrad und schlang ihre bloßen, schlanken Arme fest um seine Taille.
    Ein gespanntes Schweigen breitete sich unter den Mitgliedern der Gang aus, als Zyklop zu seiner Maschine ging. Er sah Kismet hinter Sparky sitzen, kniff drohend sein gesundes Auge zusammen und verzog die schmalen Lippen. Dann trat er die Pedale seiner Maschine durch und röhrte davon.
    In dieser Nacht blieb Kismet bei Sparky. Er hatte eigentlich vorgehabt, sie zärtlich zu behandeln wegen der kürzlichen Prügel von Zyklop. Doch dann war überraschenderweise sie die Aktive gewesen, hatte sich mit Zähnen und Klauen über ihn hergemacht und mit einem ungeheuren sexuellen Hunger, den er aber mehr als nur zu befriedigen vermochte.
    Seither betrachteten sie sich als festes Paar. Doch jene, die der Gang schon länger angehörten, jene, die Zyklop gut kannten und um seine Rachsucht und Grausamkeit wußten, fürchteten, die im stillen kochende Wut ihres Anführers könne jeden Moment ausbrechen wie ein Vulkan.
    Niemand nahm sich ungestraft, was Zyklop gehörte.
    Doch Peteys Warnung, auf der Hut zu sein, war gar nicht nötig gewesen. Sparky beobachtete Zyklop längst, weil ihm klar war, daß dessen Gleichgültigkeit darüber, daß Kismet ihm den Laufpaß

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