Scharade

fließenden, galvanisierenden Gedanken.
    Die Idee nahm Gestalt an, teilte sich, weitete sich aus, rasch wie eine befruchtete Eizelle. Gerade eben geboren, sproß sie in einem Hirn, das seit Monaten vor Verzweiflung zu keinem klaren Gedanken fähig gewesen war.
    Es gab einen Weg, diese unerträgliche Folter zu beenden. Nur einen einzigen Weg. Eine Lösung, die aus dieser einzelnen Zelle einer Idee blitzschnell entsprang und plötzlich
vollends ausgeformt war. Sie wurde in Worte übertragen, die präzise geflüstert wurden, mit der Ehrfurcht eines Schülers, dem sich eine göttliche Mission offenbart.
    Â»Ja. Natürlich, natürlich. Ich werde mein geliebtes Herz suchen. Und wenn ich es finde, dann werde ich es aus Erbarmen und Liebe, um unsere Seelen zu vereinen und uns Frieden zu schenken, zum Stillstand bringen.«

Kapitel 7
    10. Oktober 1991
    Â 
    Cat Delaney schwebte wie ein schillernder Schmetterling durch den Festsaal, nur kurz aufleuchtend, um mit einer Schar Gäste zu plaudern, um dann zur nächsten Gruppe weiterzuflattern. Mit wem sie auch sprach, jeder war erstaunt über ihren Elan und ihre Ausgelassenheit.
    Â»Sie ist unglaublich.«
    Dr. Dean Spicer, der Cat von der Seite des Saals aus stolz beobachtet hatte, wandte sich zu dem Mann um, von dem dieses Kompliment stammte. Dean hatte Cat bereits zu zahllosen gesellschaftlichen Anlässen begleitet und kannte die meisten Leute, mit denen sie zusammenarbeitete. Dieser distinguierte Gentleman jedoch war ihm fremd.
    Â»Ja, sie ist ziemlich unglaublich«, erwiderte er aus reiner Höflichkeit.
    Â»Darf ich mich vorstellen? Bill Webster.« Dean stellte sich ebenfalls vor, und die beiden Männer gaben sich die Hand. »Waren Sie nicht Ms. Delaneys Kardiologe?«
    Â»Anfangs ja.« Dean war geschmeichelt, daß sein Name seinem Gegenüber etwas sagte. »Bis unser persönliches Verhältnis dies verbot.«

    Webster lächelte verständig, dann schaute er wieder zu Cat. »Sie ist eine ganz bezaubernde junge Dame.«
    Dean fragte sich, wer dieser Webster sein mochte und weshalb er zu diesem feierlichen Empfang eingeladen worden war, den der Fernsehsender zur Feier von Cats einjährigem Jubiläum ihrer Herztransplantation ausgerichtet hatte.
    Zahlreiche Angestellte angeschlossener Sender waren anwesend, Werbekunden, Vertreter der Nachrichtenmedien, Talentagenten, Schauspieler und viele andere, die ein persönliches Interesse am Erfolg von Der Lauf der Dinge hatten.
    Neugierig fragte Dean: »Woher kennen Sie mich?«
    Â»Unterschätzen Sie Ihren Bekanntheitsgrad nicht, Dr. Spicer. Sie sind fast so berühmt wie Ihre Begleiterin.«
    Â»Ach, na ja, die Boulevardpresse«, erwiderte Dean mit einer Zurückhaltung, die er gar nicht empfand. Er genoß den öffentlichen Rummel als Cat Delaneys »bedeutende Hälfte«, wie eine Hollywood-Klatschkolumnistin ihn getauft hatte.
    Â»Die Publizität durch die Boulevardpresse hat Ihrem Ruf als Kardiologe keinen Abbruch getan«, sagte Webster.
    Â»Vielen Dank.« Dean hielt inne. »Ich wünschte nur, ich könnte all meinen Patienten eine derart gute Prognose stellen wie Cat. Ihre Genesung war bemerkenswert.«
    Â»Ãœberrascht Sie das?«
    Â»Im Gegenteil. Ich habe nichts anderes von ihr erwartet. Sie war nicht nur eine außergewöhnliche Patientin, sondern sie ist auch ein außergewöhnliches Individuum. Als sie die ersten kritischen Wochen der Genesung hinter sich hatte, beschloß sie, hundert Jahre alt zu werden. Was sie auch schaffen wird. Ihr größter Vorteil ist ihr Optimismus. Das gesamte Transplantationsteam unserer Klinik ist stolz auf sie.«
    Â»Ich nehme mal an, daß sie eine sehr effektive Befürworterin von Organtransplantationen ist.«

    Â»Sie wirbt für Spendenbewußtsein und besucht regelmäßig Patienten, die auf Organspenden warten. Wenn sie niedergeschlagen sind, spricht sie ihnen Mut zu, die Hoffnung nicht aufzugeben. Sie halten sie für einen Engel.« Er lächelte voller Zuneigung. »Die kennen sie natürlich nicht so gut wie ich. Sie hat das feurige Temperament, für das Rothaarige bekannt sind.«
    Â»Aber trotz ihres Temperaments zählen Sie augenscheinlich zu ihren Bewunderern.«
    Â»Und ob. Wir planen sogar, bald zu heiraten.«
    Was nicht ganz der Wahrheit entsprach. Er plante, Cat zu heiraten. Sie sträubte sich immer noch. Er hatte ihr schon