Scharade
Empfehlung zur Adoption käme zum jetzigen Zeitpunkt zu früh und würde nur ein Scheitern zur Folge haben, argumentiert sie. Wir würden ihn zu schnell durchs System schleusen.«
Cats rote Brauen zogen sich über ihrem Nasenrücken zusammen. »Und inzwischen kriegt er eine klare und deutliche Botschaft: Keiner will dich. Deine Pflegeeltern dulden dich nur so lange, bis du dich als wert erwiesen hast, adoptiert zu werden.
Sehen die denn nicht, daà damit Danny die Last der Verantwortung aufgebürdet wird? Und weil er es nicht schaffen kann, wird sein Gefühl des Versagens und der Entfremdung nur noch verstärkt. Das ist ein Teufelskreis, aus dem es kein Entrinnen für ihn gibt.«
»Bei aller FairneÃ, Cat«, sagte Sherry. »Er ist höllisch
schwierig. Er beiÃt jeden. Er hat Tobsuchtsanfälle. Alles, was er in die Finger kriegt, demoliert er.«
Cat warf ihr Haar zurück und hob die Hände. »Ich weiÃ, ich weiÃ. Ich habe den Bericht gelesen. Aber sein schlechtes Benehmen ist doch nur symptomatisch. Es ist ein Versuch, Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich erinnere mich noch, was ich alles angestellt habe, nur um zu beweisen, wie wenig liebenswert und unadoptierbar ich bin. Das war nach mehreren guten Chancen, die am Ende auf Absagen hinausliefen.
Ich kann den Kleinen verstehen. Es wird so lange unmöglich sein, mit ihm zusammenzuleben, bis sich einer zu ihm setzt und sagt: âºMach ruhig Rabatz, Danny. Ich werde dich trotzdem lieben. Ganz egal, was du tust, nichts kann mich davon abhalten, dich zu lieben. Nichts! Und ich werde dich niemals schlagen oder verlassen oder weggeben. Du gehörst zu mir. Und ich zu dir.â¹
Dann sollte ihn dieser Jemand in den Arm nehmen, bis die Botschaft all den Müll um sein Herz und seinen Geist herum durchdrungen hat, der ihn sozial und emotional verhaltensgestört hat werden lassen.«
Jeff Doyle applaudierte. »Das war eine bewegende Rede, Cat. Die sollten wir in einem Werbetrailer verwenden.«
Sie lächelte dem jungen Mann aus ihrem Team zu. In der kurzen Zeit ihrer Zusammenarbeit war er zu einem fähigen Assistenten geworden. Er hatte so groÃen Anteil am Erfolg von Cats Kids, daà sie ihn seit kurzem einlud, an den Treffen mit Sherry teilzunehmen. Er hatte sich nicht nur um die Sendequalitäten der einzelnen Beiträge gekümmert, sondern auch um das Wohlergehen der jeweils vorgestellten Kinder.
»Danke, Jeff«, sagte Cat. »Aber dafür war es nicht gedacht. Ich meine jedes einzelne Wort davon ernst.« Sie wandte sich wieder Sherry zu und fragte: »Würde es dir etwas ausmachen, dem Richter Dannys Fall erneut vorzutragen?«
»Natürlich macht es mir nichts aus. Nur, ich mache mir
auch keine allzu groÃen Hoffnungen«, antwortete Sherry. »Aber ich tuâs trotzdem.« Sie nahm die Akte und verstaute sie in ihrem überquellenden Aktenkoffer. »Ich melde mich, wenn es einen Termin zur Anhörung gibt.«
Cat nickte. »Falls ich nicht zu erreichen sein sollte... einfach eine Nachricht bei Jeff oder Melia hinterlassen.«
»Besser bei mir«, beharrte Jeff. »Sonst kommt die Nachricht möglicherweise nicht bei Cat an.«
Sherry schaute verwundert von Cat zu Jeff, aber Cat ignorierte diesen Blick. Jeff hatte das spontan gesagt. Sie würde ihn sich später vorknöpfen. Ihre innerbetrieblichen Querelen gingen AuÃenstehende nichts an.
Die Sozialarbeiterin suchte ihre Sachen zusammen. »Ich schätze, das wärâs dann für heute. Wir bleiben in Verbindung.« An der Tür zu Cats Büro blieb sie stehen und fügte hinzu: »Ãbrigens, das war ein hervorragender Beitrag gestern abend.«
»Danke. Ich werde das Kompliment an die Crew weitergeben. Der Kameramann hat wirklich ein paar zauberhafte Shots von Sally gemacht.«
Die Fünfjährige litt an einer Sprachbehinderung, die durch wiederholte körperliche MiÃhandlung bedingt war. Diese Behinderung sowie ihre eingeschränkten sozialen Fähigkeiten konnten durch liebevolle Fürsorge und Aufmerksamkeit geheilt und behoben werden.
»Natürlich haben ihre Augen alles gesagt. Alles, was wir machen muÃten, waren Nahaufnahmen. Sie haben ihre Geschichte erzählt und machten ein Script fast überflüssig. Sie hat ein so groÃes Potential, solch eine Fähigkeit zur Liebe«, sagte Cat traurig. »Ich hoffe, die Telefonleitungen laufen heute morgen
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