Scharade
Entlassung rückgängig gemacht?«
»Aus zwei Gründen. Zum einen: Sie ist eine Hispano. Und bei der Einstellung und Entlassung von Angehörigen von Minderheiten bedarf es einigen Fingerspitzengefühls. Sie sind lange genug im Geschäft, um zu wissen, wie streng die Auflagen sind und wie groà das Risiko einer Klage ist. So ein Verfahren kann derart teuer werden, daà wir im schlimmsten Fall den Laden dichtmachen müssen. Solch ein Risiko können wir uns einfach nicht leisten.«
»Melias Entlassung hatte nichts mit ihrer Hautfarbe oder Herkunft zu tun, und das wissen Sie ganz genau.«
»Ich weià es. Aber im Falle einer Klage oder Untersuchung seitens der Aufsichtsbehörde hätte meine Meinung nicht gezählt. Schauen Sie, Cat, mir ist bewuÃt, daà es Probleme mit dieser Angestellten gab, aber Sie haben keinen besonderen Vorfall für die Personalakte angegeben.«
»Weil ich nicht als Nörgelsuse dastehen wollte.«
»Was ich zu schätzen weiÃ. Nur leider hilft uns Ihr Feingefühl in diesem Fall herzlich wenig weiter. Gäbe es einen aktenkundigen Bericht über Ms. Kings fehlerhaftes Verhalten oder Inkompetenz, hätten Sie auch Gründe für eine Entlassung. So aber, ohne derartige Dokumente, entsteht der Eindruck, als hätten Sie sie aus persönlicher Antipathie gefeuert; als sei es ein rein persönlicher Konflikt gewesen und nicht mehr.
Ms. King war sich jedenfalls bewuÃt, wie liebend gern die Aufsichtsbehörde in solchen Fällen rumbohrt, und sie hat sich an die Personalabteilung gewandt. Und die sich an mich. Das alles ging sehr geschäftsmäÃig über die Bühne, aber Ms. Kings Botschaft war eindeutig.«
»Sie hat geblufft, und Sie sind drauf reingefallen.«
»Meine Entscheidung, sie wieder einzustellen, geschah im alleinigen Interesse von WWSA.«
Melias Wiedereinstellung war eine vollendete Tatsache. Websters Position war nicht zu erschüttern. Cat wuÃte, daà es nichts bringen würde, ihm jetzt im nachhinein vom Vorfall mit ihren Medikamenten und Melias Geständnis zu erzählen.
»Nicht, daà es was ändert â aber würden Sie mir auch den anderen Grund für ihre Wiedereinstellung verraten? Sie sagten, es gäbe zwei.«
»Sie ist... behindert.«
»Behindert?« Cat lachte trocken. »Melia King ist alles andere als â«
»Sie ist Legasthenikerin.«
»Oh, mein Gott!« seufzte Cat und erinnerte sich an all die Situationen, in denen sie Melia wegen einer falsch notierten Telefonnummer gerügt hatte. »Das habe ich nicht gewuÃt.«
»Das hat niemand gewuÃt. Es stand nicht in ihren Papieren. Sie hat gelernt, ihr Handicap zu vertuschen. Nur leider nicht immer erfolgreich. Vielleicht deshalb ihre vielen Patzer.«
»Möglich.« Doch auch Legasthenie war keine Entschuldigung dafür, daà Melia ihre Medikamente in den Müll geschmissen hatte. »Aber ist es dann wirklich sinnvoll, sie am Empfang einzusetzen, wo sie ständig Namen und Telefonnummern notieren mu�«
»Sie besteht darauf, daà sie es hinkriegt. AuÃerdem war keine andere passende Stelle frei. Und selbst da muÃten wir gehörig jonglieren.«
»Junge, Junge, Sie sind ja vielleicht zuvorkommend.«
»Sarkasmus steht Ihnen nicht, Cat.«
Noch immer wütend, erhob sie sich und wollte gehen. »Ich kann verstehen, in welcher Zwickmühle Sie waren, Bill. Ich will auch gern unterstellen, daà Ihnen zum Wohle des Senders keine andere Wahl geblieben ist. Aber was mich wirklich ärgert, ist, daà ich nicht gefragt wurde. Sie haben
mich aussehen lassen wie einen Trottel und mich jeder Autorität beraubt.«
»Das ist nicht wahr, Cat.«
»Ich fürchte doch. Wenn meine Entscheidung oder die jedes anderen Mitarbeiters auf höherer Ebene widerrufen werden kann, was macht es da für einen Sinn, uns Kompetenzen zu geben? Mal abgesehen von Melias Legasthenie â ihre fristlose Kündigung war absolut berechtigt.«
»Das mag ja durchaus sein, aber so ist es in unserer Branche nun mal.«
»Tja, dann stinkt dieser Teil der Branche aber zum Himmel.«
Er stand ebenfalls auf und kam um den Schreibtisch herum. »Sie machen aus der Sache mehr, als dran ist, Cat. Ist Ihnen noch etwas anderes über die Leber gelaufen?«
Ja, dachte sie im stillen. Dieser sonderbare Brief.
Sie bewahrte den Umschlag mit
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