Scharfe Pranken
Pinscher, Pitbulls, Deutsche Schäferhunde – nur starke Rassen. Nur abgerichtete Hunde, die an sich schon gefährlich waren. Aber wenn man ihnen den Wolfsanteil wieder zurückgab, der ihnen durch das Züchten verloren gegangen war, fügte man der Gleichung eine neue Variable der Gefährlichkeit hinzu. Blayne weigerte sich zu glauben, dass irgendjemand aus der Gegend etwas mit diesen Hunden zu tun hatte. Aber wer dann?
»Na, wenn das nicht Blayne Thorpe ist«, sagte eine Stimme hinter ihr. »Wie geht’s dir denn?«
Blayne lächelte die Bärin an. Sie kannte sie nicht, aber sie wirkte sehr freundlich. »Guten Morgen.«
»Tolle Ohrenschützer«, sagte sie.
»Danke! Das sind kleine Waschbärenköpfe, natürlich nicht echt. Bo findet sie schrecklich, weil er das Gefühl hat, dass sie ihn anstarren. Er ist so süß, wenn er so albern ist.«
Die Bärin betrachtete sie eingehend, bevor sie sich vorstellte. »Ich bin die Ortsvorsteherin von Ursus County, Kerry-Ann Adams.«
»Ich bin Blayne Thorpe. Klempnerin«, hängte sie an, da sie das Gefühl hatte, auch einen Titel zu brauchen.
Kerry-Ann blinzelte. »Du bist Klempnerin?«
»Blayne hat ihre eigene Firma«, erklärte Marci. Und als Blayne sie überrascht ansah, fügte sie hinzu: »Bo hat’s mir erzählt. Also, was willst du eigentlich genau, Kerry-Ann Adams?«
»Brauche ich vielleicht eine Erlaubnis, um mit ihr zu sprechen, Marci Luntz?«
»Da ich Blaynes Leibärztin bin … Ja, meine Gute. Die brauchst du!«
Als Blayne spürte, dass sich ein Streit anbahnte, aber nicht sicher war, warum, ging sie schnell dazwischen: »Ich hab Hunger!«
Beide Bärinnen erschraken und starrten sie an. Blayne deutete auf das Café, das Marci gerade verlassen hatte. »Wie wär’s mit einem rein biologischen Honigbrötchen? Lecker. Ich liebe Honigbrötchen. Sie nicht auch?«
»Ich weiß nicht, Blayne«, gestand Kerry-Ann. »Ich bin eigentlich gerade auf Diät.«
»Wozu die Mühe?«, spottete Marci. »Dein fetter Riesenschädel wird sowieso nicht kleiner.«
»Na dann!« Blayne legte ihren Arm um Marcis Schultern, wofür sie sich auf die Zehenspitzen erheben musste, und schleifte ihre »Leibärztin« mehr oder weniger widerwillig zurück ins Café. »Lecker. Riechen Sie nur mal, diese Honigbrötchen. Sind die frisch?«, fragte sie Lorna Harper.
»Direkt aus dem Ofen. Und zuckerfrei«, fügte Lorna lächelnd hinzu. »Extra für dich.«
»O mein Gott«, freute sich Blayne aufrichtig. »Ihr seid alle so süß.« Sie zeigte auf einen Tisch. »Sie beide setzen sich, und ich helfe Lorna, alles rüberzubringen.«
Die beiden Bärinnen knurrten einander an, steuerten jedoch auf den Tisch zu, bis Blayne Marci am Arm packte. »Schön brav sein«, flüsterte sie.
»Aber …«
»Ich reagiere total verspannt, wenn jemand so angepisst ist. Wenn Sie also nicht wollen, dass ich meinen eigenen Schwanz jage oder mich unter dem Tisch da drüben verstecke … seien Sie brav!«
Marci nickte und ging davon, während Blayne sich über die Theke beugte, wo Lorna einen Teller mit Honigbrötchen und entkoffeiniertem Tee – ebenfalls speziell für Blayne – vor ihr abstellte. »Was ist denn da los?«, flüsterte sie.
»Wie ich die gute Kerry-Ann kenne, wird sie dich gleich um einen Gefallen bitten. Ungefähr so wie in Der Pate , schätze ich.«
»Hat der etwa damit zu tun, dass ich jemanden umbringen soll?«
»Das bezweifle ich.« Lorna lachte. »Aber er hat vermutlich mit Bold Novikov zu tun.« Lorna lehnte sich noch weiter nach vorn, und Blayne tat es ihr nach, während Lorna flüsterte: »Sie hat in der ganzen Stadt damit angegeben, dass sie deinen Bold dazu bringen kann, für unser Team gegen die kanadischen Bären zu spielen. Es ist zwar nur ein Freundschaftsspiel, aber der Junge hat noch nie etwas getan, das außer ihm irgendjemand geholfen hätte.«
Blayne wollte Lorna widersprechen, aber sie konnte nicht. Obwohl sie nach der kurzen Zeit, die sie inzwischen in Ursus County verbracht hatte, durchaus verstehen konnte, warum Bold so war.
»Sie wissen aber schon«, hatte Blayne das Bedürfnis klarzustellen, »dass er nicht mein Bo ist?«
»Da hat uns Marci Luntz vorhin aber was anderes erzählt.«
Kleinstädte. Blayne besuchte sie zwar gerne, aber sie war sich nicht sicher, ob sie ständig in einer hätte leben können. Jeder mischte sich in die Angelegenheit des anderen ein. Etwas, das sie niemals tun würde … es sei denn, ihre Hilfe wurde benötigt. Dann mischte sie sich
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