Scharfe Pranken
nachdem Blayne Thorpe seinen üblichen Trainingsplan für Nicht-Spieltage über den Haufen geworfen hatte.
Außerdem war er zu dem Schluss gekommen, dass Blayne eine Art Strudel war – ein schwarzes Loch, von dem Zeitpläne und grundlegendes Zeitmanagement für immer verschluckt wurden.
Sie zerstörte nicht nur ihre eigenen Zeitpläne, sie zerstörte auch die Zeitpläne anderer Leute. Tatsächlich war sich Bo heute zum ersten Mal seit jenem Tag, an dem er seine verblüffte Mutter – von seinem Hochstuhl in der Küche seiner Eltern aus – darauf hingewiesen hatte, dass sie mit seinem Frühstück zu spät dran war, nicht über die Zeit bewusst gewesen. Normalerweise hatte er sie verinnerlicht und musste nicht einmal darüber nachdenken. Es war fast, als könne er das Tick-Tack einer Uhr in sich hören, die ihm eine sekundengenaue Vorstellung davon vermittelte, wie spät es war. Zumindest, bevor er Zeit im Blayne-Strudel verbracht hatte.
Im Nachhinein war es vielleicht sogar gut gewesen, dass sie davongerannt war, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Wäre er schon mit neunzehn in ihrem Strudel gefangen gewesen, hätte er es möglicherweise nie aus der Bezirksliga geschafft. Vielleicht wäre er dann noch immer »No Name« Novikov und bei einem Team unter Vertag, das ihm kaum genug für seine Robbensteaks bezahlte, anstatt dort, wo er heute war.
Das durfte er auf keinen Fall vergessen, wenn er weiter Zeit mit Blayne verbringen wollte. Vielleicht musste er seine Zeit mit ihr einschränken, so wie andere Typen ihren Alkoholkonsum einschränken mussten. »Ich werde Blayne nur freitags und samstags treffen, damit ich sonntags ausschlafen und meinen Kater auskurieren kann.« Besser gesagt, seinen Blayne-Kater.
Bei dem Gedanken daran grunzte Bo vor sich hin, skatete zur Bank hinüber, wo er sein Handtuch und ein paar Kanister mit Wasser deponiert hatte, und bremste langsam ab, als er sich ihr näherte.
Er sah blinzelnd zu dem Wolf hinüber, der ihn beobachtete und ihm ein Handtuch hinhielt. »Trainierst du jeden Tag so?«
»Du nicht?«, fragte Bo den Wolf, der ihn unter Vertrag genommen hatte. Van Holtz war kein schlechter Torhüter, aber er konnte sich durchaus noch verbessern. Er hatte eine Menge Potenzial.
»Nein«, antwortete Van Holtz. »Ich nicht.«
»Das erklärt einiges«, murmelte Bo, während er seinen Helm auszog. Er griff nach einem Wasserkanister, beugte sich vornüber und schüttete sich die Hälfte über den Kopf. Dann richtete er sich wieder auf, schüttelte sich kräftig und sorgte dafür, dass auch Van Holtz gründlich durchnässt wurde.
Bo fuhr sich mit der Hand durch sein nasses Haar und lächelte Van Holtz an. »So, schon viel besser.«
Der Wolf schüttelte sich ebenfalls ein bisschen und seine Wolfsaugen funkelten.
»Bist du aus einem bestimmten Grund hier, Van Holtz?«, wollte Bo wissen. »Solltest du nicht irgendeine Soße binden oder ein Fondue kreieren oder so?«
»Ich bin wegen Blayne hier.«
Bo griff nach einem weiteren Wasserkanister und trank einen Schluck. Er spülte seinen Mund mit dem Wasser aus und spuckte es dem Wolf vor die Füße. Der Wolf zuckte nicht einmal mit der Wimper. »Was ist mit ihr?«
»Sie ist eine sehr gute Freundin von mir. Wie eine Schwester.«
»Und?«
»Müssen wir deinen Ruf wirklich im Detail besprechen?«
Obwohl Bos Ruf, was sein Spiel betraf, beinahe vollständig den Tatsachen entsprach, war sein privater Ruf ein Witz. Wenn er nur die Hälfte der Sachen tatsächlich gemacht hätte, die man ihm anlastete, wäre er überhaupt nicht mehr zum Trainieren gekommen. Und er hätte auf keinen Fall seinen Zeitplan einhalten können. Dieser war ein ständiges Ärgernis für viele seiner Exfreundinnen gewesen, über das sie nur sehr schwer hatten hinwegsehen können. Bo hatte sich immer gefragt, woher all diese Geschichten über ihn stammten, bis ihm der Gedanke gekommen war, dass vermutlich Bernie die Quelle war. Aber so oder so, es interessierte ihn nicht besonders. Wenn die Leute diesen Mist glauben wollten, dann war das ihre Entscheidung. Wenn nicht, dann auch. Für ihn hatte das nie eine Rolle gespielt.
Aber nun spielte es zum ersten Mal eine Rolle, denn nun ging es um Blayne. Und was Bo ganz und gar nicht gebrauchen konnte, war irgendein scheinheiliger Schürzenjäger, der sich aufführte, als müsse er Blayne vor dem großen bösen Marodeur beschützen. Glaubte dieser kleine Wicht wirklich, er könne Bo vertreiben? Ihn von Blayne fernhalten,
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