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Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel

Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel

Titel: Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel Kostenlos Bücher Online Lesen
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gut gekleidetes Paar Arm in Arm vor ihm stand. Von der Frau ging ein Duft nach Sandelholz, Moschus und Rosen aus, der Albert fast den Verstand raubte.
    »Das ist in Ordnung«, unterbrach der Mann. Er hatte eine merkwürdige Ausstrahlung, die Albert ein wenig beunruhigte. »Gönnen Sie sich etwas.« Sie gingen weiter, und Albert wäre am liebsten jubelnd und mit dem Schein wedelnd die Fußgängerzone rauf und runter gerannt.
    Die Polizei kam schon wieder vorbei. »Alles in Ordnung?«, fragte die Beamtin.
    Hatte er sich etwa töricht benommen und es nicht gemerkt? Kleiner Blackout? Still, still, er durfte nicht auffallen, sich nicht verraten ...
    »Ja, danke«, antwortete Albert im gewohnt devoten, höflichen Tonfall und sah sie nicht an, hob den Blick nur halb. »Ich fühle mich sicher.«
    »Machen Sie bald Schluss«, riet ihr Kollege. »Wir dürfen Sie hier nicht sitzen lassen, das wissen Sie.«
    »Ich wollte sowieso gerade gehen«, versicherte Albert. »Es reicht heute sogar fürs Asyl.«
    »Schön. Gu... hmm ... Abend.«
    Albert wartete, bis sie in der Menge verschwunden waren, dann stand er auf. Seit diese furchtbaren Morde geschehen waren, gab es mehr Kontrollen als früher, aber die Polizei war erstaunlich rücksichtsvoll. Sogar gesiezt hatten sie ihn. Als ob er ein Mensch wäre wie sie, was natürlich ein Trugschluss war. Wahrscheinlich hatten sie Angst, dass die Presse irgendwo lauerte und alles dokumentierte.
    Die meisten Obdachlosen hatten sich zum Bahnhof zurückgezogen, wo heftige Kämpfe wegen des begrenzten Platzes stattfanden, aber dort fühlten sie sich trotzdem sicherer. Albert war geblieben.
    Wenn es denn sein sollte, dass ihm jemand ans Leder wollte, war es eben so; er sah das völlig fatalistisch. Er hatte sowieso nichts mehr zu erwarten. Tagein, tagaus dieses Leben, jahrein, jahraus ... Er war nur zu feige, Schluss zu machen. An einem verbliebenen Funken Hoffnung lag es nicht, denn es würde niemals wieder besser werden. Eher schlimmer, sobald sich das Alter mit Zipperlein und desgleichen bemerkbar machte. Wenn er ermordet würde, wäre alles überstanden, und es gäbe wenigstens einen kurzen Nachruf in der Zeitung. Seine Familie in Berlin würde es erfahren, vielleicht sogar in den Abendnachrichten, falls es bei Alberts Ermordung besonders grausige Details gäbe. Zur Vorsicht hatte er immer seinen abgelaufenen Ausweis dabei, damit man wusste, dass er einst einen Namen, einen Wohnsitz und ein ordentliches Leben gehabt hatte.
    Das mit dem Asyl hatte er nur so gesagt, weil es die Polizisten gern hörten. Aber das stundenlange Anstehen hatte Albert satt, vor allem, wenn dann sowieso kein Platz mehr frei war. Er döste ja irgendwie den ganzen Tag vor sich hin, da machte es nichts, wenn es nachts unbequem war. Unter Schlafmangel litt er nicht; er tat ja nichts weiter und konnte ein Nickerchen halten, wann immer ihm danach war.
    Nein, was ihm panische Sorge bereitete, war und blieb das Essen. Während seinen Anfängen auf der Straße hatte Albert derart stark unter Hunger gelitten, dass er alles gelb gesehen und sich die Galle aus dem Leib gekotzt hatte. So etwas sollte ihm nie wieder passieren. Da half auch kein Alkohol, aber den hatte er sowieso noch nie vertragen. Und seit er die Galle los war, wurde ihm schon übel, wenn er nur an welchen dachte.
    »Ach, was soll’s«, murmelte er und steuerte einen Straßenimbiss an. Gönnte er sich eben schon früher etwas und etwas Besonderes. Döner? Bratwurst? Pizza? Eins nach dem anderen? Albert kicherte in sich hinein. Nein, das ging nicht, würde nur auffallen. Und auch gar nicht in seinen geschrumpften Magen passen.
    Besser, das Geld nach und nach auszugeben. Also holte er sich zwei
Leberkäsesemmeln
aus dem Sonderangebot, einen großen Kaffee und ein Wasser. Während die eine Hand sich um den knisternden Schein krümmte, zählte die andere die Münzen exakt ab. Und dann gab er noch zehn Cent obendrauf und lächelte heiter dazu.
    Die Leute schauten ihn ausnahmsweise einmal nicht merkwürdig an, weil man bei der Dunkelheit, den dahintreibenden Schneeflocken und den dick eingepackten Figuren sowieso nicht mehr erkennen konnte, ob sich da ein Penner unter die Menge mischte. Albert trug außerdem einen Hut, der seine Haare und die Hälfte seines Gesichtes verbarg.
    »Hör mal, Alter ...«, fing der Mann im Fenster an, der natürlich sehen konnte, wen er da vor sich hatte.
    Albert winkte ab. »Lass man gut sein, Junge. Das ist doch lächerlich, was ich dir da

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