Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel
fragst dich jetzt, was ich dir gegeben habe und wie das geschehen konnte«, sagte er sanft.
Sie stieß heftig den Atem aus, ließ Robert los und wandte sich ab. »Das wusste ich nicht«, stieß sie hervor. Anne rieb sich die Arme, als ob sie frieren würde. »Du warst der Erste, ich hatte darin keine Erfahrung. Wenn ich das nur geahnt hätte!«
»Ich glaube«, sagte er behutsam, »da kommen mehrere Faktoren zusammen.«
Sie atmete tief durch und drehte sich zu ihm. »Und welche?«
»Du bist sterblich geworden, Anne. Das mag dir noch nicht so recht bewusst sein, aber das verändert. So, wie mich die Erkenntnis verändert hat, dass ich jetzt unsterblich bin.«
»Und weiter?«
»Anscheinend ist es bei dieser Sache ... diesem Geschenk an mich wie bei einem Handel. Du gibst mir etwas, also muss ich dir auch etwas geben. Elfenregeln.«
»Wunderbar«, sagte sie bitter. »Ich gebe dir meine Macht und Kraft und bekomme dafür von dir deine Schwäche.«
»Nein«, widersprach er. »Menschlichkeit.«
»Was ist der Unterschied?«
»Immerhin habe ich dir keine Seele geschenkt.«
»Dafür bin ich auch sehr dankbar.«
Eine Weile standen sie schweigend voreinander. Robert hoffte, dass Anne nicht sah, wie tief verletzt er war. Er konnte es aber auch verstehen, wenn es ihr nicht anders ging.
»Seit Jahrtausenden bin ich die Muse der Menschen«, murmelte sie. »Wie konnte das nur geschehen?«
»Es ist die Zeit, die Veränderungen bringt«, sagte er leise. »Du bist immer noch eine Elfe, Anne, es hat sich nichts geändert. Aber es schadet nicht, wenn du nicht mehr alles aus der Distanz beobachtest. Wenn du Anteil hast am Schicksal anderer und sie nicht einfach nur lenkst.«
Sie stieß einen trockenen Laut aus. »Das ist nicht Elfenart.«
»Eben doch«, widersprach er. »Denke nur an Rian. Pirx. Grog. Und erinnere dich an das, was wir beim Priesterkönig erlebt haben: Hingabe, Zuneigung, Aufopferung.« Langsam legte er seine Hände an ihre Schultern. »Befrei dich von deinem Vater, Anne. Er ist nicht das Maß aller Dinge, auch wenn er dich darauf konditioniert hat. Durch deine einzigartige Gabe unterscheidest du dich von seiner gefühllosen Kälte. Was Menschen durch dich geschaffen haben, kann nicht von dir emotionslos in Gang gesetzt worden sein. Magie ist keine Maschine. Das kann ich beweisen, ich habe schon eine Ley-Linie gesehen, sie ist lebendig und pulsiert. Sie ist das Adergeflecht zum Herzen der Welt. Außerdem habe ich oft genug deine Leidenschaft erlebt, in vielen verschiedenen Situationen.«
Ihre tief liegenden Augen ruhten auf ihm. »Und darum liebst du mich?«
Er hob leicht die Schultern. »Das ist schwer zu erklären. Es gibt viele Gründe – und keinen. Zumindest keinen rationalen, den man analysieren könnte. Mein Herz hat so entschieden, und dann ist es eben so. Nicht zu ändern.«
»Das ergibt doch keinen Sinn.«
»Die Liebe ist ihr eigener Sinn, Anne.«
»Aber was empfinde ich für dich nach dieser langen Zeit?«, fragte sie nachdenklich.
»Immerhin schon ein Fortschritt, dass du es überhaupt zugibst«, sagte er schmunzelnd.
»Nachdem ich den Schritt getan habe, stand das außer Frage.« Sie blieb ernst. »Und nun bemerke ich weitreichende Veränderungen an mir, die mich beunruhigen. Sie sollten mir missfallen, aber dem ist nicht so. Das muss ich erst ... ergründen.«
»Warum kannst du es nicht einfach geschehen lassen?«
»Einfach so?« Sie klang schockiert.
Er nickte. »Du lebst schon so lange, Anne. Du hast alles, was möglich ist, mehrmals durchgemacht – aber das hier noch nicht. Es ist einmalig, so, wie es die Liebe eben auch ist. Wie wär’s, wenn du es einfach zulässt und dadurch herausfindest, wohin es führt? Wer weiß, es könnte dir sogar Spaß machen.«
Anne hob die Brauen. Dann zuckte ein Lächeln in ihren Mundwinkeln. »Du hast zu viel von mir gelernt. Ich sollte dich verlassen und Toms Muse werden.«
»Von dem lass die Finger! Außerdem ist er nicht an Frauen interessiert.«
»Na und? Ich bin eine Elfe. Denkst du, das wäre mein erstes Mal?«
Robert nahm ihren Arm, hakte ihn bei sich unter und schlenderte mit Anne weiter. In diesem Moment hörte der Schneefall auf, die Wolkendecke riss auf und schickte einen gleißenden Sonnenstrahl durch die klare, kalte Luft.
»Wenn das kein Zeichen ist!«, sagte er und lachte.
»Unheilbarer Romantiker«, versetzte sie und stieß ihn leicht in die Seite. »Lass uns zum Stachus gehen und die Lage sondieren, bevor wir uns heute Nacht
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