Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel
sind sie nie aufgetaucht«, bemerkte Anne.
Robert versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen. »Es gibt nur wenige Schächte, aber das hier«, er kreiste eine dunkle Stelle ein, »könnte zu den versiegelten Stellen gehören, da mehrere Kanäle darum herumführen. Danach ist sowieso alles angeblich festes Gestein.«
»Unspektakulär.«
»Allerdings.«
Chad wippte ungeduldig auf und ab. »Was ist denn jetzt?«
Tom nickte dem Stadttroll zu. »Weiter, Rocky.«
Der Troll führte sie durch den Wartungsschacht, bis er mittendrin stehen blieb und auf die Wand wies. »Da sind se rein, aber das is’ zu klein für mich.«
Robert brauchte eine Weile, bis er den Zugang entdeckte, und Anne bestätigte seine Vermutung: »Das ist ein versiegelter Schacht, der vor einiger Zeit aufgebrochen wurde.«
Tom streckte die Hand aus. »Eine Illusion!«, sagte er überrascht.
»Ja, hier hat jemand Elfenmagie gewirkt.« Anne runzelte die Stirn. »Jedoch wirkt sie ... ungewöhnlich. So als ob diese Person ordentlich herumgepfuscht hätte. Die Illusion ist ziemlich schlecht gemacht, von einem Stümper, der keine Ahnung von derartigen Dingen hat.«
»Hä?«, wunderte sich Chad. »Wie geht das denn?«
»Er hat irgendwie Magie gesammelt und damit herumgemörtelt, vereinfacht ausgedrückt. Keinesfalls ein Elf oder ein anderes magisches Wesen.«
»Dann kann es nur einer der Zombies gewesen sein«, überlegte Robert laut.
Anne schüttelte den Kopf. »Das passt nicht zu ihnen. So viel Eigeninitiative entwickeln sie nicht. Sie würden sich auch kaum die Mühe machen, ihren Unterschlupf zu verbergen. Jemand anders hilft ihnen.«
»Das Ganze wird also immer mysteriöser«, fasste Tom zusammen. »Prima! Lasst uns weitergehen.«
Anne wandte sich Rocky zu. »Du bleibst hier und schiebst Wache. Jeden Zombie, der durchkommt, haust du zu Brei.«
»Aber die sin’ ganz schön gruselig. Die stehen wieder auf.«
»Dann sorg dafür, dass sie das nicht mehr können. Beschwere sie mit Steinen, was auch immer, aber lass sie nicht durch! Hast du verstanden?«
»Mpf«, machte Rocky.
Robert konnte es nicht glauben. Ein steinerner Riesenkerl mit Keule, der Angst vor ein paar menschlichen Untoten hatte! Nein, den dürfte seine Mutter wirklich nicht vermissen ...
»Also, Leute«, sagte Chad, »ich glaube, ich bleibe lieber bei ihm. Zu zweit können wir besser aufpassen.«
»In Ordnung«, sagte Anne und wirkte erleichtert. Von Chads Fähigkeiten schien sie nicht sonderlich überzeugt zu sein, wohingegen Tom es geschafft hatte, Eindruck bei ihr zu schinden.
»Also, ein Magier wie Cagliostro kann es nicht sein«, bemerkte Tom, während sie in den schmalen Gang schlüpften. »Der ist ein unglaublich guter Zauberer und kann bessere Illusionen erzeugen.«
»Klingt fast, als würdest du ihn bewundern«, sagte Robert.
»Den Mistkerl? Nach allem, was er den Zwillingen angetan hat? Und David gleich zweimal? Nie im Leben!«
»Trotzdem denkst du an ihn.«
»Ich weiß nicht, was du meinst.« Tom wirkte nun deutlich verärgert.
Robert suchte nach den richtigen Worten. Sein Gespür verriet ihm, dass irgendetwas nicht stimmte. »Er lässt dich nicht los, richtig? Deine Recherchen, dein Sachbuch ... Und nun bist du ihm wieder begegnet. Da ist noch etwas offen.«
»Das allerdings.« Tom nickte heftig. »Eine ziemlich große Rechnung. Ja, ich gebe zu, ich habe mich emotional zu sehr reingehängt. Aber wem wäre das nicht so gegangen, nach dem, was die Contessa mir erzählte? Und jetzt hat Bandorchu ihn – ob willentlich oder nicht – auf die ganze Menschheit losgelassen!«
Robert rückte ein wenig näher zu Tom, während Anne vorausging. »Du willst ihn aufhalten«, sagte er leise zu ihm. »Irgendetwas ist in Tokio zwischen euch passiert, und nun siehst du es als persönliche Angelegenheit. Noch mehr als vorher.«
»Hmmm«, brummte Tom. »Und? Worauf willst du hinaus?«
»Lass es«, sagte Robert eindringlich. »Es wird dich das Leben kosten. Und sag nicht, das sei eben so – wenn der Moment gekommen ist, wirst du es bereuen. Überlass Cagliostro denjenigen, die seiner Magie begegnen können. Die mit ihm fertig werden. Halt dich da raus.«
»So wie du?«, fragte Tom spöttisch.
Robert lächelte. »Ich war kaputt, Tom. Ohne Anne wäre ich irgendwann im Rinnstein gelandet, auch Nadja hätte mich nicht daran hindern können. Ich hatte mich längst aufgegeben, genauso wie der arme tote Penner dahinten. Deswegen berührt es mich ja so; ich sah mich in ihm.
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