Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel
Ohne Anne wäre ich – nichts. Deswegen habe ich nichts verloren, sondern eine Menge gewonnen. Doch der Preis ist hoch und sollte nicht als erstrebenswertes Ziel angesehen werden, schon gar nicht von dir. Du bist jung, gesund und hast die ersten Sprossen der Karriereleiter erklommen. Setz das nicht wegen einer persönlichen Fehde aufs Spiel oder was auch immer dein Motiv sein mag.«
»Ja, Papa«, murmelte Tom und grinste schon wieder. »Ich weiß noch nicht, was ich tun werde – aber das ist momentan auch nicht wichtig. Jetzt wollen wir erst mal unsere Stadt retten, oder?«
Von vorn erklang Annes Stimme. »Tom, ein Blick auf deine Karten wäre hilfreich.«
»Bin schon da!« Mit langen Schritten war er bei ihr und zückte das iPhone. Robert hielt derweil die Taschenlampe. Sie bewegten sich im Stockfinsteren, außerhalb jedes menschlichen Bereiches. Zudem waren sie an einer Kreuzung angekommen, an der drei weitere Wege abgingen.
Tom blätterte in Nicholas Abes alten Karten und versuchte herauszufinden, wo sie sich aufhielten und wie sie weitergehen sollten.
»Nur gut, dass Rocky hier nicht reingehen konnte, er hätte sich hilflos verirrt«, bemerkte Robert lakonisch.
»Und das werden wir gleich ebenfalls«, sagte Tom und kratzte sich am Kopf. »Wir befinden uns bereits außerhalb von Abes Aufzeichnungen. Er kann damals nicht sehr weit vorgedrungen sein, als er dem Wesen begegnete, das hier unten lebt.«
»Gibt es keine Strömung, der wir folgen können, Anne?«
»Ich suche schon danach, Robert. Ich fürchte, wir haben hier ein großes Problem.«
Er hörte es gar nicht gern, wenn sie so etwas sagte. Das bedeutete, sie steckten bereits bis zum Hals im englischen Nebelmoor der Baskervilles.
Tom schluckte hörbar. »Und was bedeutet das?«
»Unkontrollierte Magie«, antwortete Anne, und ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Sie verstummten.
Robert fiel auf, wie still es war. Seine hochsensiblen Sinne konnten keinen Laut mehr empfangen, mit Ausnahme von Toms und Annes Atemzügen. An diesem finsteren Ort herrschte die Abwesenheit von Geräuschen. Nirgends ein Knabbern oder Knacksen, kein Wassertropfen war zu hören. Die Luft war nicht sonderlich gut, aber von irgendwoher musste es Nachschub geben; allerdings war kein deutlicher Luftzug zu spüren.
Der zum Vampir gewordene Mann versuchte, die Zombies aufzuspüren. Irgendeinen Geruch musste es doch geben oder auch ein Geräusch, wenn sie sich bewegten. Aber sie schienen weit fort zu sein und hatten keine Spur zurückgelassen. Beinahe unglaublich.
»Unkontrollierte Magie«, wiederholte Robert schließlich, um wieder eine Stimme zu hören. Tom und Anne standen immer noch über das iPhone gebeugt. »Wie kann das geschehen?«
»Seit Sizilien und erst recht Island ist alles möglich. Wir steuern unaufhaltsam auf die Katastrophe zu. Die Welten werden ineinander stürzen, wenn das ins Schwanken geratene Gefüge nicht rechtzeitig stabilisiert wird.« Anne schob sich die Haare zurück. »Und das kann nur Bandorchu.«
»Ich dachte, sie hat alles erst aus dem Gleichgewicht gebracht?«, entfuhr es Tom, und er wich hastig Annes Blick aus. »Na ja, gibt wohl unterschiedliche Meinungen, wer was ins Chaos gestürzt hat ...«
Robert überlegte laut. »Dann ist also hier unten etwas außer Kontrolle geraten, was die Zombies auf den Plan rief. Das ist immer noch zu wenig, um einen Ansatz zu finden, was wir dagegen tun können.«
»Die Frage, die ich mir die ganze Zeit stelle, lautet: Wie halten wir die Zombies auf? Können wir sie hier unten wieder einsperren, indem wir alle erbrochenen Siegel suchen? Lassen sie sich davon aufhalten?« Tom sah Anne an.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein und auch durch nichts anderes. Wir müssen herausfinden, welche Magie sie geweckt hat, und sie ihnen entziehen. Nach allem, was ich hier bereits spüren kann, wird das eine nahezu unlösbare Aufgabe.«
»Absichtlich oder unabsichtlich?«, fragte Robert leise. »Also, welchen Weg gehen wir?« Ohne eine Antwort abzuwarten, wanderte er der Reihe nach die drei Wege ab, blieb stehen, strengte seine Sinne an.
Auf einmal war ihm, als fange seine Nase im Vorübergehen endlich einen hauchfeinen Geruch nach Verwesung auf. Hastig wandte er sich dorthin, witterte wie ein Hund und versuchte es zudem an den anderen Wegen, dort aber ohne Erfolg.
»Ich kann sie riechen«, flüsterte er aufgeregt. »Da entlang.« Er zeigte auf den mittleren der drei Wege.
»Na, das war ja einfach«, sagte Tom. »Es
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