Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel
schwach und in Ketten ausgeliefert schien. Doch es war nicht zu Ende. Nicht einmal ein Gott hätte diese Tortur bei Bewusstsein überstehen können, und er warnte sie immer noch.
Man durfte Mächtige nicht unterschätzen und sollte ihre Warnungen besser ernst nehmen, zu jeder Zeit, auch im eigenen Triumph.
»Was ich habe, kann nicht einmal der Getreue überwinden«, rief Telas. »Er ist am Ende angekommen und wenig mehr als eine leere Hülle, voller leerer Drohungen! Ich aber weiß, wie wir ihn endgültig vernichten können.«
Nicht alle ließen sich davon überzeugen und blieben, doch der Tempel war weiterhin gut gefüllt.
»Schützt eure Augen!«, warnte Telas, und in diesem Moment erklang ein Zischen. Entsetzt wichen alle vor dem grausigen Wesen zurück, das nun den Raum betrat.
Giftige Nebelschwaden wehten ihm voraus, bildeten seinen Atem. Jeder, der ihnen zu nahe kam. bedeckte hastig Mund, Nase und Atmungsorgan. Alle aber wandten augenblicklich die Augen ab von dem schlangenartigen Getier mit der Krone auf dem befiederten Kopf.
Der Basilisk war nicht groß, vielleicht eine halbe Mannslänge, und von dünner Gestalt. Seinen Kopf hatte noch nie jemand deutlich gesehen, denn er wurde vor allem von zwei großen, tödlich schillernden Augen beherrscht.
»Komm herbei, Freund«, lud Telas das tödlichste aller Fabelwesen ein. »Nun ist es an dir, das Werk zu vollenden.«
Der Getreue hing ruhig da. Sein Körper zuckte nicht mehr und hatte für den Moment sogar aufgehört zu bluten.
Telas beobachtete ihn mit einem gierigen Glitzern in den Augen.
Einige weitere Rachsüchtige hatten sich inzwischen davongemacht; mit einem Basilisken wollten sie nichts zu tun haben. Sie würden aus Erzählungen hören, wie die Geschichte ausgegangen war. Es blieben immer noch genügend Zeugen zurück.
Der Basilisk hatte sein Opfer erreicht. Er hatte keine persönliche Fehde mit dem Getreuen, ihm machte es einfach Spaß, alles mit seinem Blick zu versteinern. Deshalb hatte Telas ihn vermutlich nicht lange überreden müssen. Sonst blieben dem Basilisken nicht viele Freuden im Leben.
Er zischte, und sein Atem hüllte den Saum des Umhangs ein, der daraufhin grünlich zu leuchten anfing. Noch mehr Gift, das der geschundene Körper des Getreuen aufnehmen musste. Inzwischen floss wohl mehr Gift als Blut in seinen Adern.
»Gleich bist du erlöst.« Telas kicherte.
»Stimmt«, antwortete der Getreue.
Der Basilisk hob seinen Schlangenkörper, so weit er konnte, und richtete seinen Blick unter die Kapuze.
Der Getreue wiederum hob den Kopf leicht an und erwiderte den Blick.
Ein Blitz schoss aus der Finsternis hervor.
Der Basilisk öffnete das Maul. Dann versteinerte er.
»Ah!« Telas schrie auf und mit ihm viele weitere der Anwesenden, als sie nach dem ersten Schrecken begriffen, was da Ungeheuerliches geschehen war.
Der Getreue brach in Gelächter aus. Noch klang es krächzend und kratzend, doch es gewann zusehends an Tiefe. »Törichter Narr!«, rief er. »Ich bin der Spiegel des Basilisken! Er sah sich selbst und fand sich wohl wenig erbaulich. Dabei habe ich dich noch gewarnt, Telas, als ich auf Shags Vorwitzigkeit hinwies und Morgai dir die Lösung präsentierte!« Er begann, an seinen Ketten zu zerren. Dampf stieg von den Handgelenken auf. »Ich habe euch alle gewarnt, und das mehrmals! Nun zahlt den Preis, ohne zu jammern, denn ich bin eurer überdrüssig. Ihr hattet euren Spaß, jetzt bekomme ich den meinen.«
Es schmerzte fürchterlich, doch es würde ihm zur Freiheit verhelfen. Statt Blut floss nun Gift aus den frisch aufgerissenen Wunden an seinen Handgelenken und tropfte vom Saum des Mantels herab, als durch Bewegung auch die Schnitte weiter unten aufbrachen.
Das Eisen schmolz wie Butter in der Sonne und verdampfte in dicken Schwaden. Seine bannende Kraft war dahin.
Panik brach unter den Anwesenden aus, nachdem der Getreue die Ketten sprengte, sich von der Wand löste und auf dem Boden landete. Sie versuchten zu fliehen, doch es war zu spät. Eine unsichtbare Mauer hatte sich um den Tempel gelegt, die niemanden mehr hindurchließ.
»Wie ... wie ist das möglich?«, kreischte Telas auf und versuchte auszuweichen, als der Getreue mit einem Satz bei ihm war, sich bückte und ihn im Genick packte.
»Der Basilisk gab mir Kraft«, antwortete er zischend. »So ist das, wenn man mit zu viel Magie hantiert, die sich gegen einen richten kann. Hättest du je deinem Bruder zugehört, hättest du längst verstanden, wer ich
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