Schartz, S: Elfenzeit 19: Kampf um Earrach
ihm alt genug, und er wollte meine Kräfte ausnutzen. Wie es ein Vampir eben so tut – andere aussaugen.« Anne war seitlich auf den Beifahrersitz gerückt, um gleichzeitig zu Robert und zu Tom zu sprechen, und Tom konnte einen seltsamen Glanz in ihren Augen sehen.
»Tut mir leid, ich wollte nicht …«
»Nein, schon gut. Irgendwann kommt die Zeit der Offenbarung, also reden wir jetzt darüber. Ich muss aus ebendiesem Grund nach London, weil ich unmittelbar in diese Sache verstrickt bin. Ich schulde Bethlana etwas, und Catan ist von meinem Clan, also muss ich ihn herausfordern. Wenn überhaupt jemand etwas unternehmen kann, dann ich.«
»Denkst du, du wirst deinen Vater dazu bringen, diese Sache aufzugeben?«, fragte Robert.
»Niemals. Aber ich hoffe, ich werde Catan und die anderen aufhalten. Wenn der Aufwand zu groß wird, kann es sein, dass Sinenomen nach einem anderen Ziel sucht.«
»Und dann?«
»Das ist unsere einzige und beste Chance. Niemand kann ihn besiegen, Robert. Wen es als Nächsten trifft – nun, der muss sehen, wie er zurechtkommt. Nicht in Earrach jedenfalls, und wir werden gewiss nicht zu ›Jägern des Urvampirs‹.«
»Gewiss nicht.« Robert nickte. »Jemand sagte erst vor Kurzem zu mir, dass wir nicht überall gleichzeitig sein können.«
»Ich kann eine Warnung über den Elfenkanal herausgeben, aber das ist alles«, fügte Anne hinzu.
»Klingt für mich nach einem guten Plan.« Tom lehnte sich zurück. Für einen kurzen panischen Moment fragte er sich, wie weit sein Wahnsinn inzwischen gediehen war, dass er sich wieder freiwillig auf ein solches Abenteuer einließ. Dass bei ihm keine Magie wirkte, war dabei eine gewisse, aber nicht nachhaltige Beruhigung.
»Du weißt aber noch nich’ alles«, erklang Rockys Stimme dumpf aus seiner unbequemen, zusammengefalteten Stellung.
»Dann lass mal hören«, drängte Anne. Sie brachte enorm viel Geduld auf, fand Tom. Ausführliche Auskünfte forderte sie schon lange von den beiden Middlearkern, doch bisher hatten sie sich stets geweigert, etwas preiszugeben.
»Yeah, in Middleark haben wir nämlich ’ne Vizekönigin, die was die Schwester oder vielmehr Halbschwester der Königin ist«, tönte Chad zwischen den Koffern hervor.
»Und weiter?«
»Das war’s schon so ziemlich. Sie kommt aus Frankreich und heißt Fanfreluche und sie sieht aus wie ’ne Kreuzung aus Gouvernante und Spinne, aber nich’ hässlich, ganz im Gegenteil.« Ein Schaben und Rumoren erklang, und dann tauchte Chads felliger spitzohriger Gnomkopf auf. »Mir gefällt sie besser als Bethlana.«
»Du hast ja auch eine Schwäche für Trollinnen«, murmelte Anne.
Robert kratzte sich das Kinn. »Woher kenne ich Fanfreluche?«
»Das ist Französisch für Flitterkram«, half Tom.
»Hm, das ist es nicht. Es hat etwas mit Deutschland zu tun.« Er grübelte, dann schnippte er plötzlich mit dem Finger. »Aber natürlich!
Fanferlüsch!
Sie ist eine Böse Fee!«
»Darauf kannste wetten!« Chad strahlte.
»Sie wurde beschrieben von einem Autor namens … Welund … Weiler …
Auch bei Tom klingelte es endlich. »Stimmt! Christoph Wieland! Abe hat sein Buch mal erwähnt, als wir uns über deutsche Fabeln unterhielten, und ich habe einen Textauszug im Internet entdeckt! Dann ist sie gar keine Französin?«
Anne hob die Brauen. »Spielt das eine Rolle?«
»Nun, es ist aufregend, wenn man einer lebendig gewordenen Fabel begegnet«, erwiderte Robert. »Vielleicht ist sie ursprünglich Französin, aber ihr Unwesen trieb sie zumindest literarisch in Deutschland. Können wir denn auf ihre Unterstützung hoffen?«
»Klar. Catan hat den Bezirk Dove unter seine Kontrolle gebracht, und seither wird da unten gekämpft. Das war der Zeitpunkt, zu dem wir abgehauen sind, Rocky und ich. Ich hoff nur, Fanfreluche hält die Stellung noch.«
»Sie ist eine Fee«, sagte Anne. »Catan wird sich sehr schwertun. Sie selbst kann er nicht besiegen. Allerdings vermag er Middleark unter seine Kontrolle zu bringen. Nun, wir werden es bald wissen.«
Tom wandte sich zu Chad. »Warum rückt ihr jetzt erst damit raus?«
»Geheimnisse«, sagte der Gnom brummend. »Erst im Bereich von Llundain können wir drüber reden.«
Vermutlich war das gelogen. Aber im Grunde spielte es keine Rolle. Wochen waren seit der Flucht der beiden vergangen, da konnte eine Menge passiert sein.
Am Kreuz zum Orbital fuhr Robert weiter Richtung Swanley auf die A 20 und bog plötzlich hinter der kleinen Stadt zu den Foots Cray
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