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Schartz, S: Elfenzeit 19: Kampf um Earrach

Schartz, S: Elfenzeit 19: Kampf um Earrach

Titel: Schartz, S: Elfenzeit 19: Kampf um Earrach Kostenlos Bücher Online Lesen
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endlich hinter sich bringen. Frierend in der Kälte zu hocken war nicht gerade angenehm für die letzten Minuten im Leben.
Geh nach Hause zum Frauchen. Niemand, der noch bei Trost ist, treibt sich bei dem Wetter und zu dieser nachtschlafenden Uhrzeit draußen herum
.
    Der Mann hatte ihn erreicht. Tom schenkte ihm nur einen Blick von der Seite. Der Fremde war ziemlich groß und breit gebaut, ging wahrscheinlich jeden Tag zum Fitnesstraining. Und nun … stellte er sich neben ihn und starrte ebenfalls über das Geländer.
    Geh weg!
, dachte Tom wütend und verzweifelt.
Gehweggehweggehweg!
    »Es gibt nichts Schöneres als so eine helle, klare Vollmondnacht«, sagte der Mann mit tiefer Stimme.
    Das auch noch. Ein Spinner
. »Falls es Ihnen entgangen sein sollte: Es regnet«, rutschte es Tom gegen seinen Willen heraus. Nun redete er sogar mit dem Typen! War er selbst verrückt? So wurde er ihn bestimmt nicht los!
    Der Fremde hob leicht den Kopf und streckte eine Hand aus, auf die der Regen prasselte. »Stimmt«, sagte er erstaunt. »Was mache ich dann hier?« Er wandte sich Tom zu. »Oder sollte die Frage lauten: Was machst du hier, noch dazu in diesen völlig unzureichenden Klamotten?«
    »Wüsste nicht, was Sie das angehen sollte. Sind Sie ein verkappter Bulle? Oder ein Perverser?«
    Weiße Zähne blitzten kurz unter dem Hut auf. »Für das, was du vorhast, klingst du ganz schön kämpferisch. Ich hätte ein bisschen mehr Resignation erwartet.«
    Tom wandte sich ab. »Lassen Sie mich in Ruhe. Gehen Sie weiter. Ich will hier einfach nur sitzen und nachdenken.«
    Der Mann schaute wieder über den Fluss. »Nette Aussicht.«
    Tom platzte der Kragen. »Sind Sie total unterbelichtet? Was soll das blöde Gequatsche?«
    »Also gut.« Der Mann drehte sich ihm voll zu. »Reden wir über dich.« Er deutete über das Geländer. »Deinen Abschiedsbrief hast du hoffentlich daheim auf deinem Kopfkissen gelassen, denn hier wäre er völlig unangebracht. Tinte verlaufen, aufgeweicht, kann kein Mensch mehr lesen. Aber sicher hast du daran gedacht. Und hast du genau dargelegt, warum du das tust?«
    »Ich will es einfach nur tun. Sie hindern mich nicht dran.«
    »Sicher nicht. Ich bin nass genug, außerdem kann ich nicht schwimmen. Also spring nur. Ich mache gar nichts und schaue dir dabei zu.«
    »Panem et circenses, was?«
    »Besser als Fernsehen, da live. Ich hätte meine Kamera mitnehmen sollen.«
    »Sie werden mich trotzdem nicht hindern.«
    »Sagte ich doch. Nur zu! Weißt du, ich bin ein geradezu fanatischer Verfechter des freien Willens. Wenn es das ist, was du wirklich willst, wenn es deine volle Überzeugung ist, dann tu es. Das ist die einzig richtige und logische Konsequenz, wie du dir auch selbst treu bleiben kannst. Ist ja dein Leben, nicht wahr? Da hat dir keiner reinzureden. Aber du solltest schon genau
wissen
, was du willst. Ein Zurück gibt’s in dem Fall nämlich nicht.«
    Das wurde nichts mehr. Tom schwang die Beine über das Geländer und sprang zurück auf die Brücke. »So geht das nicht. Aber ich sage Ihnen was: Sie können nicht dauernd hinter mir her sein. Morgen suche ich mir eben ein Dach.«
    »Tom«, sagte der Mann mit tief grollender Stimme. »
Rede
mit mir.«
    Der Fünfzehnjährige zuckte zusammen. »Woher kennen Sie meinen Namen?«
    »Weich nicht aus. Warum bist du hier? Wieso willst du springen?«
    Tom stützte die Arme aufs Geländer und spürte erneut heiße Tränen zwischen den Regentropfen. »Hat doch alles keinen Sinn mehr«, flüsterte er.
    »Das ist hohle Phrasendrescherei. Du siehst eindeutig zu viele Filme über das Leben anderer Leute, anstatt dein eigenes Leben aus verschiedenen Kameraperspektiven zu verfolgen. Sag mir, warum
du
hier bist. Wieso du glaubst, dass das Leben für dich keinen Sinn mehr hat.«
    Tom wischte sich die Augen. »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Weil es mich interessiert.«
    Das hatte bisher noch keiner gesagt. Aber bestimmt war es nur oberflächlich gemeint. Andererseits … Tom zuckte die Achseln. Warum eigentlich nicht? Bevor er sprang, konnte er sich getrost einem Fremden anvertrauen. Tat sicher gut, sich mal alles von der Seele zu reden. Auf die Weise wusste wenigstens einer Bescheid, warum Tom das tat.
    Also erzählte er. Berichtete einem völlig Fremden, wie er irgendwann entdeckt hatte, dass er in Marco Battani verliebt war. In den Halbitaliener mit den lang bewimperten dunklen Augen, den schwarzen Locken, der Olivenhaut und den sinnlichen Lippen. Alle Mädchen

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