Schartz, S: Elfenzeit 20: Der Atem der Unsterblichkeit
Huer’quéqué seinen Standpunkt entgegenhielt.
Eine Diskussion entspann sich, der Naburo und Kush gern länger gelauscht hätten, doch ein Platzanweiser kam zu ihnen, ein Lemurenelf mit langem Pinselschwanz, und führte sie quer durch den Raum zu einem freien Tisch. Während sie sich setzten, drehte sich ein Mann zu ihnen um, der sich als Aabid aus dem Morgenreich Ascharq vorstellte. Er trug einen Gesichtsschleier, der nur den Blick auf die mit Kajal umrandeten schwarzblauen Augen frei ließ. Zwischen Naburo und ihm entzündete sich sogleich ein angeregtes Gespräch, während sich von einem Nebentisch eine mit einem dünnen Gesichtsschleier verhüllte, in farbenprächtige Gewänder gekleidete Frau zu dem Shishi herabbeugte und ihn kraulte. Dabei klingelten Dutzende Armreifen eine zarte Melodie.
»Ich bin Indira, die Maharani Jangalas und Gemahlin Rabin Dranath Takurs«, sagte sie mit weicher Stimme und knuddelte den Shishi unter dem Kinn. »Und wer bist du, mein faltenreicher kleiner Freund?«
»Ich bin Kush aus Bóya«, antwortete der Löwenhund schnurrend. »Ich begleite meinen Herrn, General Naburo.«
»So seid ihr die Letzten, die eingetroffen sind«, fuhr die Frau aus dem Tiefenland fort. »Sieh dich um, Kush. Alle sind sie gekommen. Aus den Großreichen und den vielen kleinen Königtümern, Nebenreichen und wie sie alle heißen. Eas und Puauta sind noch unentschlossen, doch die meisten haben bereits gewählt.«
Plötzlich flog die Tür auf, und ein großer Mann in schreiend bunter Kleidung und Korsarenhut stand mit unverschämtem Grinsen auf der Schwelle, die Arme in die Seiten gestemmt.
»Doch nicht die Letzten«, bemerkte Kush lakonisch. Ihm entging nicht, wie Indiras Augen aufblitzten, und das war kein Wunder. War Nandi die schönste Frau im Raum, so war dieser Korsar gewiss der schönste Mann. Und wenn Elfen einer Sache nicht widerstehen konnten, so war das Schönheit. Alle starrten den Neuankömmling unverhohlen an.
»Tausend Fässer Rum!«, rief dieser und schüttelte die schwarzen Locken. »Wo bleibt die Bedienung, spielt die Musik? Wo tanzen die Weiber? Was ist das für ein Leichenbegängnis?«
»Wer ist er?«, fragte Kush verdutzt und zugleich hingerissen. Dieser Elf war entweder ein großer Aufschneider oder ein großer Kämpfer, so, wie er auftrat und bewaffnet war. Jedenfalls wirkte er sehr viel lustiger als Naburo zu seinen besten Zeiten.
»Das ist Arun, der Korsar der Sieben Stürme, Pirat der Andamanensee.« Indira seufzte sehnsüchtig.
»Ein Pirat? Ich liebe Piraten! He! Huhu!« Kush sprang, so hoch er konnte, und winkte aufgeregt mit der stämmigen Vorderpfote. »Hallo, hierher!«
Arun hörte ihn über den Lärm hinweg, da sich die anderen Elfen wieder ihren Unterhaltungen zugewandt hatten. Seine türkisfarbenen Augen blitzten auf, und er steuerte direkt auf Kush zu.
Aufgeregt lief ein Schankdiener hinter ihm her. »Aber das geht nicht, Herr, Ihr müsst Euch zuerst anmelden, und Ihr bekommt einen Tisch zugewiesen, und …«
»Anmelden? Wie?« Arun war bereits beim Tisch angekommen und drehte sich zu dem Elfen um. »Tausend Schrumpfköpfe, ich bin Arun, genügt das nicht? Du hast mir soeben diesen Tisch hier zugewiesen, richtig? Und jetzt fahr endlich ein paar Krüge Bier und Rum auf, aber ein bisschen plötzlich! Ich und meine Freunde sind durstig!« Damit ergriff er Indiras Hand, beugte sich über sie und hauchte einen Kuss darauf. »Meine Verehrung, ehrwürdige Maharani, der Tag verliert seinen Glanz neben Euch.«
Indira bewahrte ihre Würde. »Du darfst dich setzen«, sagte sie huldvoll, entzog dem Piraten ihre Hand und wandte sich ihrem Begleiter am Tisch zu, nicht ohne Arun einen versteckten schmachtenden Blick zuzuwerfen.
Arun ließ sich auf den zweiten Stuhl an Naburos Tisch fallen und streckte schmunzelnd die Hand nach Kush aus, der seine Stirn daran rieb. »Du bist mir ja ein lustiger Faltensack.«
»Ich bin Kush, und das ist Naburo, mein Herr. Wir stammen aus Bóya.«
»Sehr erfreut. Ich bin Arun aus Jangala.« Er wandte sich Naburo zu. »Verkaufst du ihn mir? Ich wollte schon immer einen Hund.«
»Ja!«, rief Kush selig und drückte sich an Aruns Bein.
»Nein!«, antwortete Naburo streng. Er nickte seinem Tischnachbarn zu. »Entschuldigung, Aabid, wir reden nachher weiter.« Dann wandte er sich stirnrunzelnd an den Piraten, kam jedoch nicht zum Reden, weil ein volles Tablett mit Bier und Rum heranschwebte. Erst das Keuchen und Schnaufen zeigte an, dass ein Elf
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