Schatten Der Erinnerung
wenigen Ansprüchen. Ein Leben in Miramar war insgeheim der einzige und wirklich tiefempfundene Wunsch, den er je gehabt. hatte, bis Regina gekommen war. Sie aber blühte in dieser Umgebung voller Glanz und Pracht auf. Wie konnte er auch nur einen Augenblick geglaubt haben, sie würde mit ihm in Miramar glücklich werden? Hier war der Beweis, dass er richtig gehandelt hatte.
Slade drehte sich um und verschwand in der Menge.
Regina lehnte den fünften oder sechsten Tanzpartner ab. Sie brauchte dafür keinen Vorwand, denn sie war wirklich erschöpft. Der Abend schien sich endlos hinzuziehen. Früher einmal hätte ein solcher Abend sie entzückt. Jetzt aber brauchte sie all ihre gute Erziehung und ihren ganzen Willen, um sich den Gästen gegenüber liebenswürdig zu zeigen, die ja zu ihren und Slades Ehren gekommen waren.
Sie konnte Slade nicht sehen, was ihr aber nichts ausmachte, da sein zunehmend distanziertes Verhalten ihr Furcht einflößte. Mit jeder Stunde zog er sich mehr von ihr zurück. Regina wusste nicht, was sie falsch gemacht hatte.
Heiter und strahlend schloss sie ihn geschickt in jedes Gespräch mit ein, auch als klar wurde, dass er das nicht wollte. Sie geriet immer mehr in Verzweiflung. Dabei hätte der Abend eigentlich die ideale Gelegenheit geboten, wieder etwas Normalität in ihre Ehe zu bringen. Denn allen, die sie trafen, mussten sie sich als geschlossene Einheit präsentieren. Aber das genaue Gegenteil war der Fall. Längst war ihr bang ums Herz.
Erschöpft ging Regina in Richtung Damentoilette. Während sie sich durch die Menge bewegte, sah sie sich nach Slade um, konnte ihn aber nicht entdecken. Ihre Eltern waren da und wollten sie durch Zuwinken dazu bewegen, zu ihnen zu kommen. Regina signalisierte ihnen, dass sie gleich da sein würde. Sie wollte heute nicht mit ihnen streiten. Ein Blick in ihr Gesicht würde ihnen genügen, um Auskunft zu verlangen, weshalb sie so unglücklich sei.
Sie war unglücklich, und sie empfand Furcht. Wie sollte es mit ihr und Slade weitergehen, wenn ihre Beziehung sich ständig verschlechterte? Wie konnte sie das gefährliche Abrutschen aufhalten, wenn sie nicht einmal den Grund dafür verstand?
Als sie an den offenen Terrassentüren vorbeiging, zog eine Bewegung im Schatten draußen ihre Aufmerksamkeit auf sich. Die Terrasse wurde von Dutzenden an Schnüren aufgereihten Papierlaternen erhellt, die wie kleine, leuchtende Monde glühten. Sie blieb stehen, und ihr Blick blieb auf einer sehr vertrauten Gestalt haften.
Rick hafte sie ebenfalls gesehen. Er zuckte verlegen mit den Schultern und trat aus dem Schatten zu ihr herein.
»Du bist tatsächlich gekommen!«
»Ja, zum Teufel!« Rick sah unbehaglich drein. »Du hast eben so eine Art an dir, dass man nicht nein sagen kann.«
Regina lächelte. Zwar fiel es etwas zaghaft aus, aber es war ihr erstes richtiges Lächeln heute Abend.
»Du siehst nicht gut aus«, sagte Rick offen. »Für heute abend hast du genug. Slade sollte dich nach Hause bringen.«
Tränen, die nichts mit ihrem eigenen Kummer zu tun hatten, trübten Reginas Blick. Sie zeigte auf die Tanzenden.
»Er ist irgendwo dort. Geh zu ihm, Rick!«
Statt zu gehen, sagte Rick. »Ich sollte nicht hier sein.«
»Doch«, erwiderte Regina, »du sollst hier sein.« Sie nahm seinen Arm. Eigentlich hatte sie sich in der Damentoilette eine kurze Ruhepause gönnen wollen, aber das hier war wichtiger. »Komm mit mir!«
Zögernd ließ sich Rick durch den Raum führen.
Schließlich fanden sie Slade allein neben einer der Topfpalmen. Regina vermutete, dass er mit Absicht einsam unter dem Baum in einer Ecke des Saales stand. Genauso verhielt es sich mit seinem selbstauferlegten Exil in San Francisco. Beides hatte viel zu bedeuten.
Als er sie beide bemerkte, bekam er große Augen.
Rick nickte seinem Sohn zu. »Toll siehst du aus!«
»Das ist doch nicht zu fassen«, sagte Slade. »Nun lebe ich schon seit zehn Jahren in dieser Stadt und bis letzte Woche habe ich dich hier noch nie gesehen, nicht ein einziges Mal. jetzt treffe ich dich innerhalb einer Woche schon zum zweiten Mal. Das begreife ich nicht.«
Rick schob seine Hände in die Taschen. »Ich bin in die Stadt gekommen, um mit deiner Frau zu sprechen. Aber da sie es abgelehnt hat, dich zu bitten, nach Hause zu kommen, ist mir klar geworden, dass ich es selbst tun muss.«
»Was?«
»Du hast es doch gehört. Du bist weg, und Edward ist weg.« Rick trat von einem Fuß auf den anderen. »Ich kann den
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