Schatten Der Erinnerung
Victoria darüber«, meinte Slade sarkastisch. Diese Frau würde alles für ihren Sohn tun, auch wenn sie ihn zu einer freudlosen Ehe mit der Verlobten seines Bruders zwingen müsste, damit er die Ranch erben könnte. Ganz im Gegensatz zu dem, was Rick glaubte, würde Edward natürlich nicht zustimmen. Oder doch? Auch Edward war loyal, ein typischer Zug bei den Delanzas.
»Nun?«
Slade hatte das Gefühl, in der Falle zu sitzen, mit dem Rücken zur Wand zu stehen. Er wollte nicht bleiben, und er wollte Miramar nicht, denn es gehörte James, der gerade erst unter der Erde war. Aber allein der Gedanke, Miramar zu verlieren, war entsetzlich, machte ihn krank und flößte ihm Furcht ein. Außerdem gefiel ihm der Gedanke an eine Heirat zwischen Edward und Elizabeth nicht besser.
»Was zum Teufel ist so schwierig daran, eine hübsche kleine Lady wie sie zu heiraten, um das alles zu bekommen, was du sowieso schon immer haben wolltest?« fragte Rick.
»Das stimmt nicht«, erwiderte Slade knapp. Doch wäre er ehrlich, dann würde er zugeben, dass es stimmte. Tief in seinem Inneren hatte er immer gewollt, was er nicht haben konnte. Nun war ein unmöglich erscheinender Traum in Reichweite geraten - allerdings nur, weil sein Bruder tot war. Er machte auf dem Absatz kehrt. An der Tür hielt er mit einem harten Gesichtsausdruck inne. »Ich denke darüber nach. Laß mir etwas Zeit.«
Ebenso unerbittlich erwiderte Rick: »Wir haben keine Zeit.«
Kapitel 4
Der Doktor war ein dünner, drahtiger Mann unbestimmbaren Alters. Gehorsam saß Regina auf einem Stuhl, während er ihren Kopf untersuchte und abklopfte. Sie hatte kein großes Vertrauen zu ihm und zupfte deshalb nervös an ihren Händen auf dem Schoss. Seine Augen waren trüb und blutunterlaufen, sein Atem roch intensiv nach Mundwasser, aber auch nach Whiskey, der sich nicht überdecken ließ. Regina hatte eine undurchdringliche Miene aufgesetzt, ihr Herz jedoch flatterte ängstlich. Auch wenn dieser Mann überhaupt keinen ehrbaren Eindruck machte, so war er doch Arzt. Rick Delanza, der vor ihrer Tür wartete, hatte ihn zu ihr gebracht. Sie hatte Angst vor seiner Diagnose, denn obwohl bereits ein Tag vergangen war, obwohl sie alle ihre Koffer durchsucht hatte, funktionierte ihr Gedächtnis heute ebenso wenig wie gestern, als Slade sie gefunden hatte. Nicht der Anflug einer Erinnerung war ihr seit dem Schuss noch gekommen.
»Eine ganz schön große Beule haben Sie da am Hinterkopf.« Der Arzt lächelte sie an. »Tut sie Ihnen weh?«
»Seit gestern Nachmittag habe ich Kopfschmerzen.«
»Sie haben mit Sicherheit einen Schlag auf den Schädel bekommen, aber anscheinend ist es keine Gehimerschütterung. Dennoch sollten Sie sich schonen, bis Ihre Erinnerung zurückkehrt.«
»Also werde ich sie wiederbekommen?« Sie konnte sich nicht vorstellen, noch viel länger in einer derartigen innerlichen Hölle zu leben.
»Wahrscheinlich.« Er sah ihre Bestürzung und tätschelte ihren Rücken. »Nun verzweifeln Sie nicht davon haben Sie nichts. Um die Wahrheit zu sagen, ich hafte noch nie einen Fall von Amnesie, denn das kommt ziemlich selten vor. Doch die meisten Leute werden nach einer Weile wieder gesund.«
Die meisten Leute werden nach einer Weile wieder gesund. Nicht zum ersten Mal seit gestern, als sie ihr Bewusstsein wiedererlangt hatte und feststellen musste, dass sie ihr Gedächtnis verloren hatte, sah sich Regina mit der Möglichkeit konfrontiert, ihre ursprünglichen Fähigkeiten niemals zurückzugewinnen. Vielleicht würde sie nie erfahren, wer sie war. Diese Vorstellung erschütterte sie.
Rick klopfte ungeduldig an die Tür. »Sind Sie fertig, Doc?«
»Kommen Sie rein, Rick.« Ohne Eile packte der Arzt seine schwarze Tasche.
Rick strahlte beim Hereinkommen die gleiche Energie aus, die sie bei Slade festgestellt hatte. Nur wirkte diese Energie bei Slade fast explosiv, beim Vater dagegen einfach lebhaft. Wieder fragte sie sich, wo Slade war. Sie hatte ihn nicht mehr gesehen, seit er sie gestern nachmittag im Hotelzimmer zurückgelassen hatte. In ihren Gedanken hatte sie sich viel zu oft mit ihm beschäftigt und war jetzt traurig darüber, dass er nicht mit seinem Vater gekommen war.
Rick lächelte ihr zu, konzentrierte sich dann aber auf den Arzt. »Na?«
Regina hörte nicht zu, als der Arzt Rick das gleiche wie ihr erzählte. Sie stand auf und ging zum Spiegel hinüber.
Dort starrte sie der Fremden entgegen, die sie darin sah, der Fremden, die sie selbst war.
Sie
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