Schatten Der Erinnerung
Arm um Slade und bot ihm Unterstützung und Mitgefühl, soweit er konnte.
Slade war nicht imstande, mit dem Weinen aufzuhören, bis die Beerdigung vorüber und alle fortgegangen waren.
Der Sarg ruhte nun tief in der fruchtbaren roten Erde von Miramar.
Der Whiskey erfüllte seinen Zweck nicht. An diesem Abend war der Kummer noch genauso schmerzhaft und brutal wie am Tag der Beerdigung. Vater Joseph hatte gemeint, er werde mit der Zeit nachlassen. Er müsse mit gesundem Menschenverstand darangehen, aber im Augenblick war für ihn gesunder Menschenverstand kein Trost. Niemals zuvor hatte Slade James so vermisst. Es machte ihm noch mehr zu schaffen, sich damit abfinden zu müssen, seinen Bruder nie wiederzusehen und die absolute Endgültigkeit des Todes zu begreifen.
Schließlich begann sich der Knoten in seiner Brust zu lösen. Er überstand auch diese Krise. Als er sich nun in dem dunklen Lokal mit den Gästen, die alles andere als ehrbar waren, umsah, war er für einen kurzen Moment überrascht sich hier zu befinden, weil er so in seinen Schmerz und die Erinnerungen vertieft gewesen war. Edward hatte in mehr als einer Hinsicht recht: In San Francisco hätte er unter keinen Umständen einen derartigen Ort betreten, aber nachdem er nach Hause gekommen war, hatte er sich, ohne zu überlegen, unter diese Leute gemischt.
Sogar mit fünfundzwanzig Jahren kam er noch als Rebell heim. Auch unter dem Einfluß des Whiskeys verursachte ihm dieser Gedanke Unbehagen.
Er fragte sich, was wohl jetzt im Hotel drüben vor sich ging. Doch hatte er da wirklich Zweifel? Es war klar, dass es sich um Elizabeth Sinclair handelte. Wenn die Erinnerung zurückkäme, würde sie dann auch trauern? Hatte sie James geliebt? Die Heirat war arrangiert worden, sie hatten sich nur ein paarmal getroffen, da sie bis zum letzten Sommer in London zur Schule gegangen war. Nach dem Tod ihres Vaters war sie zur Beerdigung gekommen und hatte dann den Sommer hier verbracht. James hatte ihr den Hof gemacht. Er war so oft wie möglich nach San Luis Obispo zu Besuch gekommen. Slade wusste davon, denn James hatte ihm alles über sie geschrieben. Mit Sicherheit hatte James sie geliebt. Slades Kehle wurde eng, als er sich vorstellte, wie er um sie geworben hatte.
Damit war es im Herbst zu Ende gewesen, als Elizabeth für ihr letztes Schuljahr nach London zurückkehrte.
Er dachte daran, was Rick von ihm erwartete, und empfand es beinahe als komisch. Er war jetzt der Älteste. Rick wollte ihm Miramar vererben und erwartete von ihm, es als Erbe anzunehmen. So wollte es die Tradition, eine richtig altmodische kalifornische Tradition. Doch da gab es einen Haken: Zu diesem Zweck musste er die Erbin Elizabeth Sinclair heiraten. Denn in Miramar gab es, wie seit jeher, kein Geld. Sie würde das Geld, das sie benötigten, mit in die Verbindung bringen.
Er wollte nicht an ihre großen, vertrauensvollen und dankbaren Augen denken. Besonders jetzt wollte er auf keinen Fall, dass sie ihn so ansähe. Er würde seine Zustimmung zur Heirat mit ihr verweigern. Slade wollte weder in Miramar bleiben noch es erben, und er würde Elizabeth Sinclair nicht heiraten. Rick, der ihn bei den wenigen Besuchen zu Hause niemals aufgefordert hatte zu bleiben, würde nun eine Menge mehr tun müssen, als ihn nur zu fragen. Er sollte betteln - als ob er das jemals tun würde. Als ob es eine Bedeutung hätte.
Es war nicht so, dass Slade Miramar nicht liebte, ganz im Gegenteil. Er hatte es immer geliebt und würde es immer lieben. Aber Miramar hatte James gehört, so wie Elizabeth Sinclair. Der Tod tat Slades Liebe zu James keinen Abbruch Nicht einmal jetzt wollte er ihn enttäuschen.
Morgen würde er nach San Francisco zurückkehren, wo er seit fast zehn Jahren für Charles Mann arbeitete. San Francisco war jetzt seine Heimat. Rick hatte zwar James nicht mehr, aber Miramar, und Edward konnte es übernehmen, wenn Rick zu gebrechlich war - was in den nächsten zwanzig Jahren, Slades Einschätzung zufolge, sicher nicht der Fall sein würde.
Doch die Ironie lag darin, dass Slade wusste, er könnte Miramar wieder auf die Beine bringen. Seit seiner Geburt hatten sie wenig Geld, denn die Zeiten hatten sich geändert. Slade war kein dummer junge mehr. Er war genug gereist hatte genug gearbeitet und genug gesehen, um zu wissen, dass die Zeit reif dafür war, sich von Altem zu trennen und neue Wege einzuschlagen. Die sah er oben im Norden. Die alten Rancher kamen nicht mehr zurecht.
Moderne
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