Schatten Der Erinnerung
persönlich würde das sicher gelingen. Eine Woche vor ihrer Ankunft - zwei Wochen vor der Hochzeit - hatte er ihr ein Telegramm nach San Luis Obispo geschickt, in dem er sie willkommen hieß. Er hatte keine Antwort erwartet und es kam auch keine. Dennoch war er sicher gewesen, dass sie an dem vereinbarten Datum im Zug sein würde.
Aber Elizabeth befand sich nicht in dem Zug, der nach dem Überfall mit Mühe noch die Strecke bis Templeton geschafft hatte. Der Sheriff hatte den Zug aufgehalten und die aufgebrachten Passagiere befragt. Mehrere Männer berichteten sofort dass eine sehr schöne, elegante junge Dame während des Überfalls aus dem Clubwagen geflohen sei. Einer der Banditen sei ihr hart auf den Fersen gewesen. Auf diese Nachricht hin hatten Edward und Slade sich getrennt. Slade war davongeritten, um sie zu finden, während Edward nach Miramar zurückgaloppiert war, um Rick über die schrecklichen Ereignisse zu informieren.
Ohne Zögern war Rick sofort mit Edward nach Templeton zurückgekehrt. In der normalerweise schläfrigen Stadt herrschte ungewöhnlicher Aufruhr. Der Zug hatte die Stadt noch nicht verlassen dürfen. Einer der schwerverwundeten Passagiere war die Begleiterin der jungen Dame, die aus dem Zug gesprungen war.
Augenzeugen hatten berichtet dass sie beim Versuch, sich dem Banditen in den Weg zu stellen, der ihren Schützling verfolgte, von diesem - absichtlich oder vielleicht auch zufällig -niedergeschossen worden sei. Das ließ sich schwer sagen. Die Begleiterin war seit dem Eintreffen des Zuges in Templeton ohnmächtig, und daher konnte niemand mit ihr sprechen.
Rick führte als einziger ein Gespräch mit ihr, nachdem sie das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Slade war mit der Frau, von der jedermann annahm, sie sei Elizabeth, noch nicht zurückgekehrt. Rick befürchtete, dass Elizabeth verletzt war.
Die Begleiterin lag im Sterben. Rick bedauerte dies, aber es ließ sich nicht verhindern, dass sie zum Herrn einging.
Doc Brown war aus dem Raum gegangen, um zu sehen, ob Vater Joseph angekommen war, nachdem er alles, was in seiner Macht stand, getan hatte. Rick kniete an ihrer Seite nieder und nahm ihre Hand.
»Was kann ich für Sie tun, Madame? Kann ich Ihnen etwas bringen?« fragte Rick freundlich. Der Tod war etwas Endgültiges. Obwohl Rick ihm schon so oft begegnet war, reagierte er nicht gefühllos. Er war kein Narr, sondern wusste vielmehr, dass auf niemanden Herrlichkeit und ein Leben danach wartete, sondern nur das Nichts, Schmutz und Staub.
Die Frau schüttelte den Kopf, zunächst nicht in der Lage zu sprechen, da sie durch ihren großen Blutverlust geschwächt war. »Harold«, kam es dann.
»Harold?«
»Endlich werde ich wieder bei Harold sein.« Sie lächelte schwach, und ihre Stimme war kaum zu vernehmen
»Mein Mann.«
Wenn sie an ein Leben danach glaubte, war das besser für sie. Rick tätschelte ihre Hand. »Können Sie mir etwas über Elizabeth sagen? Geht es ihr gut?«
Die Frau schien ihn nicht zu hören. »R-Re-Regina?«
Rick beugte sich näher zu ihr. »Geht es Elizabeth gut?«
Tränen füllten die Augen der Frau. »R-Regina? W-wo ... ist sie?«
»Wer ist Regina?«
Unter Aufbietung aller ihrer Kräfte hatte die Frau fünf Minuten später alles erzählt. Mrs. Schroener war nicht die Begleiterin von Elizabeth Sinclair. Ihr Schützling war Regina Shelton, die Tochter eines britischen Adligen. Sie war vom Großvater des Mädchens in Texas angestellt worden, der kein geringerer war als der schwerreiche, allmächtige Derek Bragg. Bei ihrem Schützling handelte es sich um eine sehr vermögende Erbin, und die Frau war bestürzt weil sie ihre Pflicht sie sicher an ihren Bestimmungsort zu bringen, nicht erfüllt hatte.
Rick erlitt fast einen Schock, aber er fing sich wieder. Offenbar war Elizabeth nicht im Zug gewesen, und er vermutete, dass sie mit einem späteren ankommen würde.
Wenigstens konnte er sicher sein, dass ihr nichts fehlte, obwohl er gerne gewusst hätte, warum zum Teufel sie nicht der Abmachung gemäß im Southern Pacific war.
Die Frau verlor erneut das Bewusstsein. Glücklicherweise war Vater Joseph eingetroffen, während sie noch atmete.
Zehn Minuten später war sie tot.
Dann kehrte Slade in die Stadt zurück und teilte Rick mit, Elizabeth habe ihr Gedächtnis verloren.
Rick erkannte die Chance, die ihm ein allmächtiger Gott in die Hände spielte, sofort, und es erschien ihm wirklich wie ein Wunder. Hätte er nicht schon vorher an Gott geglaubt
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