Schatten Der Erinnerung
dem tintenschwarzen Arbeitszimmer außer Slade selbst.
Die Lösung überkam Slade mit atemberaubender Schnelligkeit. Sie war so naheliegend und gleichzeitig so unmöglich, dass ihm nur ein freudloses Lachen blieb. Er konnte sie heiraten, ihr Geld bekommen und damit Miramar retten. Aber es würde nur eine Ehe auf dem Papier sein. jeder wäre zufriedengestellt: die Bank, Rick, James, selbst Elizabeth, da sie eine Dame war. Alle außer ihm wären zufrieden.
Er wusste, dass er ein Mistkerl war, denn sein Vater hatte ihn mehr als einmal so bezeichnet. Auch die wenigen Frauen, die es in seinem Leben gegeben hatte, waren mit Schimpfwörtern gegen ihn schnell bei der Hand gewesen.
Selbst seine eigene Mutter hatte etwas an ihm auszusetzen gehabt und ihn deshalb verlassen, als er noch ein Kleinkind gewesen war. Seine Abscheu vor dieser Lösung des Dilemmas zeigte ihm, dass sie recht gehabt hatten.
Dieses eine Mal aber würde er sich als ehrenhaft erweisen. Dieses eine Mal würde er selbstlos handeln. Er würde sie heiraten, ihr sein Heim und seinen Namen zur Verfügung stellen sowie den Schutz gewähren, den sie brauchte.
Die Ehe bestünde nur auf dem Papier. Sie würde ihr Erbe in die Verbindung einbringen, und Miramar wäre gerettet.
Eine Ehe nur auf dem Papier.
Er fragte sich, ob er das wirklich fertigbringen würde.
Kapitel 10
Beim Verlassen des Arbeitszimmers machte sich Slade nicht die Mühe, die Lichter im Korridor anzumachen, denn er fände seinen Weg durch das Haus auch mit verbundenen Augen. Im Wohnzimmer goss er sich ein ordentliches Glas Tequila ein und trank in kleinen Schlucken. Dabei starrte er blicklos auf die Wand. Vor seinem geistigen Auge sah er immerfort Elizabeth. Da die Lösung in einer Heirat auf dem Papier lag, konnte er die Art, wie er sie vor sich sah, nicht gutheißen, und es gab auch keine Berechtigung dafür. So würde er sie in der Wirklichkeit niemals sehen.
Das Licht ging an.
Slade machte ein finsteres Gesicht. »Danke.«
»Ich wusste, dass du es bist«, sagte Rick. »Wollen wir feiern?«
»Feiern?« Slade lächelte kalt. »Du kannst feiern, alter Mann. Ich trinke nur.«
»Du tust es also.«
»Hattest Du einen Zweifel daran?«
»Nicht wirklich.«
Slade stürzte den Rest seines Glases hinunter und schenkte sich ein neues ein.
Rick stellte sich neben ihn. »Gieß mir auch einen ein.«
Slade gehorchte.
»Sieh nicht so unglücklich drein«, sagte Rick. »Jesus! Ich weiß doch, dass du hinter ihr her bist wie ein gottverdammter Kater, der einen Monat lang in einer Dachstube eingeschlossen war! Was, zum Teufel, ist so verdammt schrecklich daran, dieses hübsche kleine Mädchen zu heil raten?«
»Nichts«, versetzte Slade einsilbig. Rick hatte mitten ins Schwarze getroffen. Er fühlte sich genau wie der von seinem Vater beschriebene Kater, nur dass er seit drei Monaten keine Frau gehabt hatte und nicht erst seit einem.
»Ganz und gar nichts.«
»Du haßt es ganz einfach, etwas zu tun, was mich glücklich machen könnte. So ist es doch, oder?«
»Glaub, was du willst«, antwortete Slade langsam. »Du hast nichts mit meiner Entscheidung zu tun. Ich tue es für Miramar.«
Rick zuckte zusammen. »Du hast schon so eine Art, dich auszudrücken. Vorausgesetzt, du bist aufrichtig zu mir, warum probierst du es nicht mit etwas Aufrichtigkeit auch bei dir selbst aus?«
»Was soll das heißen?«
»Ich meine, wir beide wissen, dass du Miramar liebst. Wir beide wissen auch, dass es kein Unglück ist, mein Erbe zu sein, und dass du ein halsstarriger Dummkopf bist, der gegen mich ankämpft.«
»Jetzt schmeichelst du dir aber wirklich, Pa. Das Problem hier hat mit dir nichts zu tun, außer dass die Heirat mit Elizabeth deine verdammte Idee war. Ist dir jemals in den Sinn gekommen, dass mir die Vorstellung, James', Mädchen zu heiraten, missfallen könnte?«
Rick sah ihn an und runzelte leicht die Stirn. »James ist tot.«
Slade war wütend. »Verdammt richtig. Deshalb bin ich jetzt der Älteste«, erwiderte er abgehackt. »Nach der Hochzeit läuft alles nach meinen Vorstellungen oder überhaupt nicht.«
Rick hatte immer gewusst, wann es Zeit für einen Rückzug war. jetzt war es soweit. »In Ordnung, das reicht mir«, sagte er. »Komm, ärgere dich nicht. Wir beide wissen, dass Du James gegenüber immer loyal warst, als er noch lebte.«
»Und wir beide wissen, dass dieses Gespräch nicht stattfinden würde, wenn er noch am Leben wäre.« Slade starrte seinen Vater an. »Nichts davon
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