Schatten Der Erinnerung
würde. Und sie wusste, wann es Zeit für einen Rückzug war.
Er setzte seinen Weg fort ging aber diesmal schneller, da der Pfad zum Strand hinunterführte. Wie sie an seinen langen, entschlossenen Schritten sehen konnte, reagierte er im Gehen seinen Ärger ab. Da sie fürchtete, dass er nicht nur auf Rick zornig war, sondern auch auf sie, blieb sie ein Stück hinter ihm, damit er seine Anspannung beim Laufen loswerden konnte. Sie wusste, dass es in diesem labilen Stadium ihrer Beziehung keine gute Idee war, ihn zu verärgern.
Regina atmete tief, saugte die frische, salzige Luft ein und versuchte, ihre angespannten Nerven zu beruhigen, indem sie ihm einen Vorsprung ließ. In Zukunft würde sie vorsichtiger sein. Sie hatte es sich nicht mit ihm verscherzen wollen. Das ganze Leben lag vor ihnen, um sich kennenzulernen und tiefe - und schmerzliche -
Geheimnisse miteinander zu teilen. Dann aber machte sie sich eines klar: Falls sie ihr Gedächtnis nicht wiedererlangte, würde nur Slade seinen Teil zu diesen Geheimnissen beitragen, sie würde lediglich zuhören können. Der Gedanke ließ sie erstarren. Wenn sie auf der anderen Seite ihr Erinnerungsvermögen zurückbekäme, dann würden gewiss mehr Probleme auf sie zukommen als gelöst werden.
Um auf andere Gedanken zu kommen, sah sich Regina um. Der blaugraue Ozean erschien endlos, da er nahtlos in den blassblauen Horizont überging. Über den Klippen zu ihrer Rechten umkreisten einander zwei Habichte am Himmel wie in einem schwerelosen, eindrucksvollen Ballett. Zu beiden Seiten erstreckte sich der Strand fast weiß und glitzernd, mit einem leichten Perlenschimmer versetzt. Erneut holte sie tief Luft, und dabei überkam sie ein Gefühl der Zufriedenheit. Niemals würde sie von diesem Strand und von Miramar genug bekommen, sagte ihr Herz.
Slade war nahe an der Stelle, wo heute Morgen die Wale gespielt hatten, stehengeblieben. Wehmütig gestand sich Regina ein, wie gern sie einen Blick auf sie geworfen hätte. Sie bemerkte, dass er sich umdrehte und in ihre Richtung sah - eine dunkle Silhouette, die sich gegen den weichen hellen Sand abzeichnete. Langsam kam er zu ihr zurück. Sie lächelte, denn in seinen bedächtigen Schritten lag kein Zorn mehr. Immer noch lächelnd, ging sie hinab zum Ufer, achtete aber darauf, dass sie nicht in Reichweite der sich brechenden Wellen geriet. Es war schön, diesen Augenblick mit einem Mann wie Slade zu teilen, dem Mann, der eines Tages ihr Gatte sein würde.
Ungeachtet ihrer hübschen Schuhe tauchte sie ihre Zehen in die Wasserinnsale. Er war ein komplizierter Mann, aber das machte ihr nichts aus. Sie fand ihn faszinierend und jetzt, da sie mit ihm verlobt war, konnte sie das auch ohne weiteres zugeben. Vielleicht war er verschlossen, aber das glaubte sie eigentlich nicht wirklich. Sie hatte seine sanfte, heitere Seite mehr als einmal erlebt und war überzeugt davon, ihm eine gute Gefährtin sein zu können.
Zumindest hatte sie das vor. Sie würde dafür sorgen, dass in seinem Leben mehr Sonne als Schatten herrschen würde.
Ihr Lächeln begrüßte ihn, »Es ist wunderschön hier! Offenbar ist gerade keine Flut, da die Wellen so weit vom Ufer entfernt sind. Wollen wir ein Stück hineinwaten?«
Seinem Blick nach schien er keine Einwände dagegen zu haben. »Waten geht in Ordnung.«
Regina fragte sich, ob sie es wagen sollte. Dann setzte sie sich mit einem Lächeln in den Sand und zog ihre Schuhe und Strümpfe aus. Slade warf einen Blick auf ihre nackten Füße und Knöchel. Regina war sich darüber im Klaren, dass sie sich schamlos benahm, aber sie waren ja verlobt und sein interessierter Blick freute sie. Strahlend blickte sie zu ihm auf.
Um seinen Mund zuckte es belustigt. »Lernen Damen ein derartiges Benehmen in feinen Privatschulen?«
Mit glockenhellem Lachen erwiderte sie. »Du hast wirklich Sinn für Humor. Unglücklicherweise, Sir, kann ich mich nicht erinnern, aber ich glaube nicht.«
Jetzt verzog er den Mund zu einem Grinsen. »Anständiges Benehmen ist ohnehin langweilig.«
Regina wollte gerade aufstehen, als er ihr seine Hand hinhielt. Ihr Herz setzte fast aus, aber sie ergriff sie und erlaubte ihm, ihr auf die Füße zu helfen. Die Wärme und Stärke seiner Hand brachten ihren Puls zum Rasen. Als sie sich wieder beruhigt hatte, sah sie ihn an und ließ dann ihren Blick an ihm vorbei über die Wellen gleiten.
»Woher, weißt du das?« zog sie ihn auf.
Er grinste. »Du hast recht. Wie zum Teufel sollte ich das
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