Schatten Der Erinnerung
Elizabeth Sinclair. Elizabeth Sinclair befand sich in San Luis Obispo. Nicht nur das -
sie war im letzten Herbst gar nicht an ihre Schule nach London zurückgekehrt. Das ganze Jahr über war sie in San Luis Obispo gewesen. Victoria wusste das, weil sie sie besucht hatte. Sie hatten lange geplaudert.
Elizabeth hatte niemals die Absicht gehabt, nach Miramar zu kommen und James zu heiraten. Sie hatte von Rick ein Telegramm erhalten, sich aber nicht die Mühe gemacht, darauf zu antworten. Nachdem sie sie kennengelernt hatte, verstand Victoria, weshalb. Elizabeth lebte in einem prächtigen Haus, das sie sich gekauft hatte, und, ein Schwarm dienstbarer Geister las ihr jeden Wunsch von den Augen ab, als wäre sie eine Königin. Sie hatte Diamantohrringe getragen, eine Diamanthalskette sowie einen Diamantring, und das am helllichten Vormittag und noch im Morgenrock -und die Diamanten waren echt. Sie hatte Victoria gesagt, dass sie nicht die geringste Absicht habe, die Stadt zu verlassen. Sie wolle keinen Rancher heiraten, nicht auf einer abgelegenen Ranch leben und auf ihr Geld verzichten.
Victoria vollführte einen kurzen, triumphierenden Freudentanz durch den Raum.
Gleichgültig, wer das Mädchen war, auf jeden Fall war sie eine Heiratsschwindlerin. Victoria wusste jetzt auch, weshalb sie ihre Perlenkette nie abnahm. Nicht aus Angst man könnte sie stehlen, sondern weil sie unecht war und sie nicht wollte, dass jemand die Perlen näher betrachtete. Victoria hatte den Schmuck in ihrem Koffer sehr genau untersucht und angenommen, er wäre echt. Jetzt aber war sie sicher, dass alles Fälschungen sein mussten. Gute Fälschungen, aber eben doch Fälschungen, genau wie das Mädchen.
Eines wusste sie genau: Bei diesem Mädchen war Betrug im Spiel. Sie war eine Lügnerin und Schwindlerin, nicht mehr und nicht weniger. Slade würde keine Erbin heiraten, daher würde er nichts erben und auch Miramar nicht retten können. Er würde keine Finanzen zu verwalten haben.
Rick wäre außer sich, wenn er herausfände, wie er hinters Licht geführt worden war und dass es gar keine Erbschaft gab. Ohne das Geld, das sie für die Rettung von Miramar brauchten, wäre Slade für Rick nutzlos.
Für immer in Ricks Ungnade gefallen, würde Slade ohne Geld und Macht bald rausfliegen. Dann könnte Edward seinen Platz als Ricks Erbe einnehmen. Und Victoria würde für ihn toute de suite eine Erbin finden. Dann wäre Edward der Retter Miramars, und nicht Slade.
Kapitel 14
Slade hatte Regina während des ganzen Abendessens beobachtet. Sie fühlte sich unwohl. So war ihr schon den ganzen Tag zumute gewesen, obwohl Edward sich alle Mühe gegeben hatte, sie abzulenken und zum Lachen zu bringen. Sie hatten ein Kleid gefunden, die Näherin gut bezahlt, so dass es am Abend vor der Hochzeit fertig sein würde. Dass der heutige Ausflug vor Slade und den anderen geheim gehalten werden sollte, hatten sie nicht mehr erwähnt. Sie hatten auch nicht darüber diskutiert, wie sonderbar es war, dass sie kein Hochzeitskleid hatte. Mit keinem Wort waren sie darauf eingegangen, was das wohl bedeuten könnte. Edward war so witzig und charmant dass sie nur hoffen konnte, sich vorhin getäuscht zu haben, als sie gedacht hatte, auch ihm wären Zweifel an ihrer Identität gekommen.
Irgendetwas bewegte Slade, das konnte man deutlich erkennen. Er warf ihr lange Blicke zu, die sie nicht deuten konnte. Im weiteren Verlauf des Essens wurde Regina immer unruhiger, denn sie befürchtete, dass auch ihm Zweifel an ihrer Person gekommen waren. Sie hatte Angst, dass er sie nach dem Essen abfangen und damit konfrontieren würde. Unter allen Umständen wollte sie es heute abend, auch morgen und überhaupt bis zur Hochzeit vermeiden, mit ihm allein zu sein.
Gleich nach dem Dessert, das sie abgelehnt hatte, entschuldigte sie sich. Zu ihrer Bestürzung sprang Slade auf und trat neben sie.
»Warum so eilig?« fragte er, während sie über den Hof schlenderten. Die Nachtluft war kühl, die Brise sanft wie ein Wispern. Erste Nebelschwaden erreichten sie bereits.
»Ich bin ... ich bin sehr müde. Es war ein langer Tag.«
»Das nehme ich an. Wo warst du?«
Sie versteifte sich innerlich und traute sich nicht ihm zu erzählen, dass sie nach Paso Robles gefahren waren. Sie hatte nicht vor, Fragen zu ihrem Tagesablauf zu beantworten, denn sie wollte weder lügen noch ihm die Wahrheit sagen. Denn sollten Slade Zweifel gekommen sein, würde er auch vermuten, dass ihr Hochzeitskleid fehlte.
Weitere Kostenlose Bücher